Knochenmetastasen – Meine Krankheit verstehen

CGG Klinik Mannheim
Prof. Dr. med. Ingo J. Diel
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Knochenmetastasen
Systemische Therapie
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Chemotherapie
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Antikörpertherapie
Prognosefaktoren
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PROTOKOLL

Knochenmetastasen – Meine Krankheit verstehen

Herford: Was ist einfacher zu behandeln knochsensubstanzbildende, oder knochensubstanzauflösende Metastasen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Frage kann man nicht ohne weiteres beantworten. Beide Formen der Knochenmetastasen sprechen sehr gut auf knochenschützende Therapien an. Die erhöhte Gefahr bei knochenzerstörenden Metastasen ist allerdings die Bruchgefahr. Aber Knochenschmerzen und Bruchgefahr werden bei beiden Formen gut behandelt, also gibt es keinen großen Unterschied.

rosemarie goerrissen: Fördert die mehrjährige Bisphosphonattherape X Geva (wegen Knochenmetastasen) die Entstehung von Speiseröhrenkrebs

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Zunächst möchte ich klarstellen, dass Xgeva und Bisphosphonate unterschiedliche Therapieformen sind. Die Gefahr der Entstehung von Speiseröhrenkrebs ist sehr gering und betrifft ausschließlich Behandlungen, bei denen Bisphosphonate als Tabletten geschluckt werden. Das ist bei dem Antikörper Denosumab nicht der Fall, da das Medikament unter die Haut gespritzt wird. Bei Bisphosphonaten, die über die Vene verabreicht werden, ist diese Gefahr ebenfalls ausgeschlossen.

Gregor: Gibt es offensichtliche Kriterien zu Beginn einer Darmkrebs-Erkrankung, die Rückschlüsse zulassen darauf, ob der Patienten mit großer, oder weniger großer Sicherheit Metastasen in Organen oder Knochen bekommt?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Knochenmetastasen beim Darmkrebs sind nicht sehr häufig. Beim Darmkrebs ist die häufigste Metastasierungslokalisation die Leber. Es lässt sich allerdings nicht herausfinden, welcher Patient eher Knochenmetastasen oder eher Organmetastasen entwickelt.

Mehlmann: Ist ein MRT ein hundertprozent sicheres Diagnose-Verfahren? Wann ist es notwendig zusätzlich Gewebe zu entnehmen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: In Bezug auf Knochenmetastasen ist die MRT-Untersuchung ein sicheres Verfahren, da Knochenmetastasen tatsächlich als bösartig erkannt werden. Das Problem ist allerdings, dass das MRT manchmal verdächtige Regionen als bösartig bezeichnet, die es aber nicht sind. In einem solchen seltenen Fall kann eine Gewebsentnahme zur endgültigen Diagnose führen.

Kieslich: Kann man anhand der Stabilität von Knochen ableiten, ob ein Knochen Metastasenbefall hat?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Nein, das kann man nicht. Ein Knochen kann auch durch eine Osteoporose geschwächt sein, ohne  dass eine Metastase vorliegt. Zur Abklärung einer Osteoporose muss eine Knochendichtemessung durchgeführt werden. Zur Abklärung von Knochenmetastasen ein Szintigramm und ggf. eine Kernspinuntersuchung.

Iris: Ich habe Brustkrebs St I mit zwei beteiligten Lymphknoten. Gibt es Studien durch die ich sehen kann, wie groß mein Risiko im Mittel ist, Knochenmetastasen zu bekommen? Sagt zwar nichts über mein individuelles Risiko, aber davon kann man ja schon was ableiten.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Leider weiß ich nicht, was mit St I bezeichnet ist. Möglicherweise meinen Sie damit die Tumorgröße. Zwei befallene Lymphknoten weisen darauf hin, dass der Tumor die Fähigkeit zur Metastasierung besitzt. Ob er das tut und ob er eher in den Knochen oder eher in andere Organe metastasiert, das ist schwer abzuschätzen. Wir wissen allerdings, dass Tumore, die hormonabhängig sind, eine Tendenz zur Metastasierung in das Skelett besitzen.

Galiana: Hat das überhaupt eine Auswirkung, dass ich nach den Wechseljahren immer alternierend 3 Monate Calcium mit VitaminD genommen habe und dann auch wieder Pause gemacht habe, damit das nicht so eine Durchmedikamentierung ist. Oder erreicht man Knochenschutz gegen Metastasen ausschließlich durch eine verschreibungspflichtige, eingreifende Therapie?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Nach den Wechseljahren kontinuierlich Vitamin D einzunehmen, ist sinnvoll. Calcium sollte man nur dann zusätzlich einnehmen, wenn man nicht genügend Calcium mit der Nahrung oder mit Getränken zu sich nimmt. Beides ist kein Schutz vor Knochenmetastasen. Es gibt zwar einige Hinweise, dass bei bestehender Mammakarzinomerkrankung die vorbeugende Einnahme von Bisphosphonaten einen gewissen Schutz vor späteren Knochenmetastasen darstellt, aber die vorbeugende Einnahme ist keine Standardtherapie.

Tukan: Gibt es irgendwelche Naturheilverfahren, die in der Schulmedizin akzeptiert werden, die man an irgendeiner Stelle einsetzen könnte um andere Medikamente zu substituieren und damit die Gesamtmenge an Medikamenten zu reduzieren? Ich denke da an Akupunktur, um Schmerzen, die Knochenmetastasen auslösen zu reduzieren.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Frage ist sehr komplex und bedarf einer ausführlichen Antwort. Ich möchte mich nur auf den zuletzt genannten Punkt beschränken. Wenn Akupunktur hilft, Knochenschmerzen zu verringern, so ist das sicher sinnvoll und widerspricht auch nicht der Schulmedizin. Allerdings kann eine Akupunktur nicht die schulmedizinische Behandlung von Knochenmetastasen ersetzen, die darin besteht, insbesondere Knochenschutzpräparate - wie Bisphosphonate und Denosumab - einzusetzen.

Papagei: Wie hoch ist die Strahlenbelastung von MRT und CT? Mit welcher Methode kann man Knochenmetastasen am besten darstellen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Strahlenbelastung vom MRT ist 0. Daher ist die Darstellung von Knochenmetastasen mit MRT nicht nur genau, sondern auch ungefährlich. Da beim CT Röntgenstrahlen eingesetzt werden, ist eine Strahlenbelastung vorhanden. Man kann mit dem CT ebenfalls gut Knochenmetastasen darstellen, sollte diese Technik aber nur für die Fälle nutzen, bei denen die Bruchgefahr abgeklärt werden muss.

T_Hauser: Meine Schwester hat bereits Metastasen am Becken aber sie soll trotzdem Spritzen bekommen, um ihre Knochen zu stärken. Bringt das denn überhaupt noch was? Hab mich mal umgetan im Netz und lese, dass man solche Maßnahmen eigentlich schon in der akuten Chemotherapie hätte ergreifen müssen. Alles ist wichtig für meine Schwester, was ihr helfen kann, aber ich möchte auch helfen unnötige Behandlungen zu verhindern

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Knochenschützende Substanzen - wie Bisphosphonate und Denosumab - sind die Basistherapie bei Knochenmetastasen. Sie führen nicht zur Heilung, aber schützen den Knochen vor weiterer Zerstörung und verringern Komplikationen und den Knochenschmerz. Diese Medikamente müssen auch beibehalten werden, wenn die Krankheit voranschreitet. Ob man diese Substanzen schon in der Frühphase der Erkrankung zur Prävention einsetzen sollte, ist nicht sicher geklärt und derzeit ein wichtiges Forschungsthema.

Kotten: Die Diagnose Knochenmetastasen hat mich genauso unerwartet getroffen wie Guido Westerwelle seine Diagnose. Die Ausgangserkrankung bei mir ist Darmkrebs, meine letzte Spiegelung liegt 9 Jahre zurück. Ich bin 62J, alleinstehend und weiß nicht, wie es weitergehen soll, wenn die Krankheit vorangeht. Kann man Metastasen in Organen und Knochen eindämmen, damit ich mich weiter selbst versorgen kann?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Prinzipiell kann durch eine optimale Behandlung das Voranschreiten von Metastasen in Organen und Knochen verzögert werden. Damit steigert man die Lebensqualität und erhält die Autonomie des Patienten. Knochenmetastasen sind in aller Regel gut behandelbar. Neben den klassischen Therapieformen wird auch die Strahlentherapie eingesetzt und die oben erwähnten Knochenschutzpräparate (Osteoprotektiva).

Leube: Im November 2010 hatte ich Darmkrebs, kleiner Tumor unter einem Zentimeter. Der Chirurg hat komplett im gesunden schneiden können. Das fand ich beruhigend. Inzwischen weiß ich aber, dass noch Jahre später Metastasen auftauchen können, besonders in den Knochen. Wie kann ich mich im Vorfeld davor schützen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Typischerweise gehören Knochenmetastasen nicht zu den Spätfolgen von Darmkrebs. Dies kann allerdings passieren. Einen Schutz vor Knochenmetastasierung gibt es nicht, aber ich betone es nochmals: Diese Komplikation ist selten!

Betül: Meine Schwester hat nach Brustkrebs Metastasen im Rücken. Ich weiß, dass das ein Zeichen dafür ist, dass die Krankheit vorangegangen ist. Sehr gern wüsste ich, ob man anhand von Metasten den Schweregrad ableiten kann. Wichtig auch: Was gibt es, womit man die Dinger an der weiteren Verbreitung hindern kann, oder den Prozess verlangsamen kann?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Wie schon oben erwähnt, ist die Behandlung von Knochenmetastasen komplex und beinhaltet oft medikamentöse Therapien und Behandlung mit tumorabtötenden Strahlen. Bei optimaler Behandlung kann die Ausbreitung und die Geschwindigkeit der Metastasierung eingedämmt und verzögert werden. Voraussetzung dafür ist, dass Ihre Schwester von einem Spezialisten behandelt wird, der sich mit Skelettmetastasen gut auskennt.

Rosi-6: Meine Mutter ist 63 Jahre und Knochenmessungen haben ergeben, dass ihre Knochen viel stabiler sind, als normal in ihrem Alter. Sie hat viel Sport getrieben und mit Beginn der Wechseljahre angefangen Calcium zu nehmen. Aber nicht durchgängig, sie macht das immer so die Hälfte des Jahres. Jetzt hat sie leider einen kleinen Tumor in der Brust. Die Behandlung ist unter Kontrolle. Meine Frage: Bekommt man weniger häufig Knochenmetastasen, wenn die Knochen besonders stabil sind?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Da kann auch ich nur spekulieren. Es ist sicher so, dass Patienten, die Ihre Knochen lebenslang durch Sport und gesunde Ernährung gestärkt haben, einen gewissen Schutz vor Zerstörung bei einer Knochenmetastasierung haben. Ob das allerdings ausreichend ist, vor Knochenmetastasen zu schützen, wage ich zu bezweifeln. Leider haben auch viele Patientinnen von mir mit exzellenter Knochengesundheit eine Metastasierung erlitten.

Melzer: Wann macht eine Radionuklidtherapie Sinn? Was sind die Nebenwirkungen? Gibt es etwas besseres?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Radionuklidtherapie ist ein Baustein in der Behandlung von Knochenmetastasen. Sie wirkt besonders gut bei knochenaufbauenden (osteoplastischen) Metastasen. Eine Radionuklidtherapie wurde früher insbesondere zur Behandlung von Knochenschmerzen eingesetzt, inzwischen allerdings auch, um Komplikationen der Metastasierung zu verringern. Diese Therapie hat insbesondere bei der Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms zugenommen. Die unerwünschten Wirkungen insbesondere rote und weiße Blutkörperchen, die ebenfalls durch die Nuklid- / Strahlentherapie zerstört werden können.

Toster: Suche nach einem Weg, damit die Schmerzen meiner Mutter, die auf Knochenmetastasen zurückgehen sollen, eingedämmt werden können. Was gibt es für Medikamente, wie schnell und wie lange wirken die?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Behandlung von Knochenschmerzen verlangt große Erfahrung. Neben der Basistherapie mit Osteoprotektiva sind die Strahlentherapie und die klassische Schmerztherapie die drei Säulen der Behandlung. Wann welche Therapie in welcher Stärke eingesetzt werden muss, sollte der Arzt im Einzelfall entscheiden.

Jan: Zur Behandlung von Knochenmetastasen erhält mein Vater eine lokale Strahlentherapie. Mir erscheint das zu wenig. Gibt es medizinische Gründe, warum auf eine den Knochenstoffwechsel positiv beeinflussende Therapie und eine Schmerztherapie verzichtet wird? Er hat zusätzlich Bluthochdruck und ist Diabetiker.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Wie schon in der Frage zuvor beschrieben, sollte neben der Strahlentherapie auch eine Behandlung mit Osteoprotektiva erfolgen. Wenn dies nicht ausreichend ist, muss eine Schmerztherapie mit klassischen Schmerzmedikamenten eingesetzt werden.

Bargen: Eigentlich ist man ja froh, wenn die Nebenwirkungen einer Krebsbehandlung weniger schlimm sind, als erwartet. Andererseits hört man ja auch eine Menge aus dem Bekanntenkreis, wobei ich sehr wohl Stammtischpalaver abgrenzen kann. Aber ich stehe immer mehr unter dem Eindruck, dass wenn eine Krebsbehandlung radikal wirken soll, auch die damit verbundenen Beschwerden entsprechend radikal und belastend sind, oder sein müssen. Oder liege ich da falsch?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Damit liegen Sie falsch. Es ist keineswegs so, dass eine Krebstherapie nur dann effektiv ist, wenn die unerwünschten Wirkungen entsprechend groß sind. Es ist in den letzten Jahren gelungen, immer mehr Medikamente zu entwickeln, die hocheffektiv sind und mit immer weniger Komplikationen einhergehen. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren noch weiter verstärken. Auch die Operationstechniken sind heute bei vielen Tumorarten weitaus weniger invasiv und ausgedehnt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Behandlung von Brustkrebs. Während vor 50 Jahren noch fast alle Frauen an Brustkrebs ihre Brust verloren, sind es heute nur 10 bis 20 %.

Wartburg: So langsam fange ich an unser Gesundheitswesen besser zu verstehen. Wir sind hier in der besonderen Situation, dass meine Frau alles bekommt. Auch noch eine Chemo, Bestrahlung und weitere Therapien, wenn man denkt nun geht es nicht mehr, weil jetzt auch noch Knochenmetastasen dazugekommen sind. Der Patient entscheidet, wann er aufgeben will. Das klingt nicht schlecht, aber ich sehe als Ehemann auch die ungeheure Dramatik darin, dass Ärzte meine Frau noch wieder zu einer weiteren Chemotherapie und weiteren Behandlungen geraten haben, die so schrecklich sind, dass das mit einem normalen Leben oder gar Alltag nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun hat. Aber wer bin ich, dass ich meine Frau vom Gegenteil überzeugen wollte? Wie verhalte ich mich richtig? Ich weiß nicht mehr, wie lange ich das alles noch mit ansehen kann.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ihre Überlegungen kann ich sehr gut nachvollziehen. Oft ist es klüger, auf eine Therapie zu verzichten, als sie durchzuführen, wenn der Nutzen gering und die unerwünschten Wirkungen sehr groß sind. Der Arzt steht ständig im Spannungsfeld, seinen Patienten alles an Therapie zukommen zu lassen, was möglich ist oder zur Verbesserung der Lebensqualität auf manches zu verzichten. Am besten ist es, wenn Arzt und Patient gemeinsam Entscheidungen treffen. Manchmal ist es auch sinnvoll, eine Therapie zu beginnen und dann abzubrechen, wenn die unerwünschten Wirkungen zu stark sind. Der Arzt muss dem Patienten vermitteln, ob ein weiterer Behandlungsversuch sinnvoll ist und in welchem Ausmaß. Nur dann kann der Patient mit entscheiden. Aber ich habe sehr viel Verständnis für Ihre Frage und ich stelle sie mir jeden Tag mehrfach. Was mir immer gut bei meinen Entscheidungen geholfen hat, war die Vorstellung, würde ich diese Therapie bei mir selbst auch so einsetzen? Unabhängig davon ist der Wunsch des Patienten der entscheidende Faktor. Manchmal möchten Patienten alles haben, was nur geht, manchmal entscheiden sie sich auch gegen eine Therapie, obwohl noch ein großer Nutzen zu erwarten wäre. Auch das kann schwierig für den Arzt sein, eine solche Entscheidung zu akzeptieren.

Tiger: Wir fangen erst an, uns damit zu befassen, weil jetzt die Krebserkrankung meiner Frau in ein neues Stadium getreten ist, durch 2 kleine Knochenmetastasen. Deshalb die Frage, welchen Stellenwert hat eine Substanz mit Namen Denosumab bei der Behandlung von Knochenmetastasen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Der Stellenwert dieser neuen Substanz ist außerordentlich hoch, da seine Anwendung die Verzögerung der Zerstörung des Knochens durch die Metastasen verbessert. In Ihrem speziellen Fall mit nur zwei kleinen Knochenmetastasen würde ich versuchen, einen Strahlenmediziner zu finden, der diese beiden kleinen Metastasen zerstrahlt. Zusätzlich sollte aber auch noch eine andere Therapie zum Einsatz kommen (Chemotherapie, Antihormontherapie, Antikörpertherapie). In einem solchen Fall kann manchmal noch  die kleine Chance bestehen, die Krankheit aufzuhalten oder zumindest in ein Stadium des Langzeitüberlebens zu überführen.

Bruno: Nachdem jetzt doch Knochenmetastasen gefunden wurden, soll meine Mutter eine Behandlung zur Wachstumskontrolle bekommen. Wir waren schockiert über den Begriff, weil er ja klar beinhaltet, dass ein komplettes Verschwinden nicht mehr möglich ist. Ab wann geben Ärzte den Anspruch auf Heilung auf?

Prof. Dr. med. Ingo Diel:

Wenn eine Knochenmetastasierung sehr ausgeprägt ist, ist eine Heilung nur extrem selten. In einem solchen Fall sind die Verzögerung der Erkrankung und die Verbesserung der Lebensqualität die wichtigsten Ziele. Bei guter Behandlung kann man gerade bei Skelettmetastasen große Erfolge erzielen. Es geht, um Ihnen auch auf diese Frage eine Antwort zu geben, nicht um einen Anspruch auf Heilung, sondern um die Möglichkeit einer Heilung. Diese kann bei unterschiedlichen Tumortypen ganz unterschiedlich interpretiert werden. Doch in aller Regel geht der Arzt davon aus, dass eine Metastasierung eine chronische Erkrankung bedeutet. Aber auch Bluthochdruck und Diabetes können chronisch sein. Ich bin aber sicher, dass wir es in den nächsten Jahren erreichen werden, einen Teil der Patienten, die derzeit noch als unheilbar gelten, zu kurieren.

Trioso: Sind Knochenmetast. unterschiedlich in ihrer Struktur und der daraus resultierenden Behandlung, abhängig vom Ursprungskrebs? Also anders in der Therapie bei Brustkrebs oder Prostatakrebs?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Der Aufbau von Knochenmetastasen kann unterschiedlich sein. Er kann mehr zerstörerischer Natur sein oder dadurch gekennzeichnet, dass Metastasen einen überschießenden irregulären Knochen aufbauen. Diese Metastasentypen nennt man osteolytisch und osteoblastisch. Beim Prostatakarzinom findet man insbesondere osteoblastische Metastasen. Die Therapie der Metastasen richtet sich nach dem Ursprungstumor. Allerdings ist die osteoprotektive Therapie mit Denosumab und Bisphosphonaten für beide Formen gleich. Auch Strahlentherapie und Schmerzmedikamente werden bei beiden Metastasentypen in gleicher Weise eingesetzt.

Etzge: Eigentlich wissen wir gar nicht, womit es jetzt vorrangig weitergehen soll bei meiner Frau. Sie hat Knochenmetastasen nach Darmkrebs. Das käme selten vor, sei ungewöhnlich erklärte man uns. Einerseits muss schnell was zur Schmerzlinderung passieren. Andererseits hat natürlich die Bekämpfung der Metastase absoluten Vorrang. Behindern sich die Therapien da gegenseitig?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Typischerweise tun sie das nicht, sondern sie ergänzen sich. Erstes Ziel ist die Schmerzfreiheit oder zumindest -reduktion. Das erreicht man am besten mit einer klassischen Schmerztherapie (z. B. Ibuprofen, Diclofenac oder, wenn nötig, Opiate). An zweiter Stelle muss die Strahlentherapie genannt werden (siehe oben) und die Osteoprotektion (siehe oben). An dritter Stelle erfolgt die organspezifische Tumortherapie.

Burglengenfeld: Was genau wirkt ein Monoklonale Antikörper auf Knochenmetastasen von denen meine Frau zunächst zwei am Hüftknochen und jetzt noch weitere zwei an der Wirbelsäule hat?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Vermutlich sprechen Sie von dem monoklonalen Antikörper Denosumab. Dieser Antikörper greift in die Signalübertragung zu den knochenabbauenden Zellen (Osteoblasten) ein. Durch die Hemmung des Signals wird die zerstörerische Aktivität der Osteoblasten gehemmt und damit auch die Zerstörung des Knochens mit den daraus resultierenden Komplikationen.

Kirchner: Ich bin davon ausgegangen, dass nach der OP und Chemotherapie, die Krebszellen so weit eliminiert sind, dass sich keine Metastasen an den Knochen bilden können. Das ist ein Trugschluss, wie ich während der Chemo-Sitzungen gelernt habe von Mitpatienten. Jeder hat irgendeinen guten Hinweis, was man tun kann um Metastasen an Organen und Knochen vorzeubeugen. Ich will mir das aber alles nicht mehr anhören. Würde lieber vom Fachmann hören, was der beste Weg ist und freue mich, dass ich hier diese Fragen stellen kann. Bitte dem Prof. Diel vorlegen. Dank.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ich gehe davon aus, dass Sie an Brustkrebs erkrankt sind. Da folgt zunächst die gute Nachricht, ca. 85 % aller Brustkrebspatientinnen werden geheilt und es kommt nie zu einer Metastasierung. Alle Maßnahmen, ob Operation oder Chemotherapie usw., dienen der Vorbeugung von Metastasen. Ob man zusätzlich zur Vorbeugung von Knochenmetastasen Bisphosphonate einsetzen sollte, wird derzeit in der Wissenschaft heiß diskutiert (siehe oben). Nach allem, was wir wissen, haben diesen Vorteil nur Frauen nach den Wechseljahren mit einem deutlich erhöhten Rückfallrisiko.

Thongbai: Die schlechten Nachrichten kamen alle auf einmal. Erst ging es bei meinem Bruder um Lungenkrebs, dann kam eine Oberschenkelfraktur dazu. Wie sich dann herausstellte ist das bereits die Folge von Knochenmetastasen. Jetzt geht es um haufenweise Entscheidungen was die Behandlung anbelangt und auch privat. Denn bisher lebte er allein. Wie stehen die Chancen, dass er wieder allein in seiner Wohnung leben kann? Das möchte er nämlich. Was man auch verstehen kann, denn er ist erst 58. Wir wissen nicht so recht, wo wir anfangen sollen, ihm zu helfen. Er ist ja nicht krank im Kopf und muss selbst entscheiden, aber das ist auch sehr viel für ihn. Sollen wir ihm Mut machen, dass er zurückkann in seine Wohnung? Oder scheidet das aus?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Das Ziel jeder Behandlung von Knochenmetastasen ist die Verringerung des Schmerzes und die Wiederherstellung der Mobilität. Dies kann auf unterschiedliche Weise gelingen. Manchmal ist es auch sinnvoll, eine stabilitätserhaltende Operation durchzuführen. Was im Einzelfall geschehen muss, kann nicht Inhalt einer Internetsprechstunde sein. Da sollten Sie für Ihren Bruder einen Arzt wählen, der sich mit der Behandlung von Knochenmetastasen gut auskennt. Aber auch bei Knochenbrüchen kann durch Operation und Strahlentherapie eine Wiederherstellung der Beweglichkeit gelingen.

Fohlen: Bei einer bestehenden Krebserkrankung der Leber, wie zuverlässig sind Schmerzen im Oberarm, als Hinweis für Metastasen? Nicht jeder Schmerz muss gleich auf Metastasen hinzielen oder?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Auch, wenn Knochenmetastasen bei Leberkrebs nicht typisch sind, so muss jeder schmerzende Knochen zumindest durch eine Röntgenaufnahme abgeklärt werden. Schmerzhafte Metastasen, die als solche nicht erkannt werden, können im schlimmsten Fall zu Knochenbrüchen führen.

Aman: Wir sind an einem sehr guten Onkologischen Zentrum und fühlen uns dort auch gut betreut. Was uns irritiert ist, dass meine Frau jetzt keine weitere spezifische Behandlung gegen die neu entdeckten Knochenmetastasen bekommen soll. Ich habe im Internet gelesen, dass es da ganz unterschiedliche Dinge gibt, die möglich sind. Angeblich soll das die Chemotherapie alles mit behandeln. Operiert wurde sie an Ohrspeicheldrüsenkrebs.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: In Ihrem speziellen Fall fällt mir eine Antwort schwer, da ich nicht weiß, welche Therapie man bei der Grundkrankheit durchführt. Knochenmetastasen, egal durch welchen Tumor verursacht, werden aber in ähnlicher Weise behandelt, d. h. Osteoprotektion, Strahlentherapie und Schmerzmedikamente (siehe oben).

Löher: Macht es Sinn, alle 6 Monate ein MRT machen zu lassen, um Knochenmetastasen gleich zu Anfang zu entdecken als vorbeugende Maßnahme? Bezahlen wir auch selbst.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Zunächst muss man wissen, dass Vorbeugen bedeutet, dass etwas nicht auftritt. Das Sie natürlich auch nicht erreichen, wenn Sie alle sechs Monate ein MRT durchführen lassen. Diese Form der Überwachung kann nur als Früherkennung bezeichnet werden. Keine Leitlinie dieser Welt empfiehlt eine solche Maßnahme. Wenn eine solche Früherkennung überhaupt vernünftig sein sollte, dann nur bei Patienten mit einem extrem hohen Metastasierungsrisiko in den Knochen. Aber auch in diesen Fällen ist eine Heilung in aller Regel nicht mehr möglich.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ich danke allen Teilnehmern für die vielen interessanten Fragen und die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde. Ihnen allen und Ihren Angehörigen wünsche ich nun einen schönen Abend!



Ende der Sprechstunde.