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Cholesterin - Zu hohe Cholesterinwerte?

Prof. Dr.med. Gerald Klose
Praxis für Endokrinologie Dres. I. van de Loo & K.W. Spieker
Ehem. Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Klinikum Links der Weser,
Gesundheit Nord Bremen
Innere Medizin, Gastroenterologie, Präventivmedizin
Alfred-Faust-Str.11
28277 Bremen

Tel.: 0421 6969 300
Fax: 0421 6969 3099
 
Klose.bremen@t-online.de
www.beckenbauer-maierhof.de/aerzte


Schwerpunkte

• Diagnostik und Therapie von Stoffwechselrisiken für
• Herz- und Kreislauferkrankungen
• Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen, fachgebundene
• genetische Beratung
 
 
 Lipid-Apherese (Klinikum Links der Weser)
 
 Lipidsprechstunde
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PROTOKOLL

Cholesterin - Zu hohe Cholesterinwerte?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Wir beginnen um 19 Uhr.

Punker : Was löst zu hohe Cholesterinwerte aus?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Zu hohe Cholesterinwerte entstehen auf der Basis möglicherweise angeborener Stoffwechseldefekte oder sind das Ergebnis falscher Ernährung.

Sabeh : Gibt es das schon im Kindesalter?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Leider ja. Es gibt Stoffwechselstörungen, Mutationen, die von Geburt an zu teilweise extrem hohen Cholesterinwerten führen können. Und es gibt weiter Stoffwechselstörungen, die zu extrem hohen Triglyceridwerten führen. Die am besten untersuchte genetische Stoffwechselstörung mit regelhaft zu hohen Cholesterinwerten ist eine Erkrankung, die als familiäre Hypercholesterinämie bezeichnet wird. Sie tritt in unserer Bevölkerung mit einer Häufigkeit von wahrscheinlich 1 : 500 auf oder noch häufiger. In Extremfällen kann ein Kind von der Weitergabe der genetischen Veränderung beider Eltern betroffen sein und ist dann gefährdet durch Cholesterinerhöhungen, die bis über 1000 mg/dl in seltenen Einzelfällen gehen können. Diese Konstellation wird als homozygote Merkmalsform der familiären Hypercholesterinämie bezeichnet. Sie ist glücklicherweise extrem selten in unserer Bevölkerung, mit einer Wahrscheinlichkeit der Betroffenheit von 1:1000000. Es gibt aber Regionen auf der Welt, in denen diese Stoffwechselstörung sehr viel häufiger beobachtet wird. Die Konsequenz dieser extrem hohen Cholesterinkonzentration ist die Ablagerung von Cholesterin in Arterien mit den Komplikationen Herzinfarkt und weiteren Durchblutungsstörungen. Extrem hohe Triglyceridwerte, d. h. über 800 oder 1000 ml/dl bei Normalwerten unter 150 ml/dl können das Ergebnis eines nicht funktionierenden Enzyms, der Lipoproteinlipase, sein. Diese Stoffwechselstörung gefährdet den Betroffenen durch ein stark erhöhtes Risiko für Bauchspeicheldrüsenentzündungen.

Jamila : Als mein Arzt mir sagte ich soll mein Fett reduzieren, da dachte ich an meine Hüften. Als er grinste und sagte im Blut, fand ich das gar nicht lustig. Inzwischen ist mir komplett das Lachen vergangen, weil ich begriffen habe, das kann richtig ungemütlich werden, wenn mein Cholesterin insgesamt weiterhin so hoch bleibt. Ich bin aber noch nicht bereit, deshalb Medikamente zu nehmen. Bisher versuche ich es über Ernährung komme aber nicht unter 200 und LDL nicht unter 150. Wie schlimm ist das?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Das Ausmaß der diätetisch möglichen Cholesterinsenkung variiert von Mensch zu Mensch. Im Allgemeinen ist eine Senkung des Cholesterins - und hier kommt es vor allem auf das so genannte LDL-Cholesterin an - durch eine gesunde Ernährung in einem Bereich von 10 - 20 % zu erwarten. Für viele Menschen bedeutet dieses Maß an Cholesterinsenkung aber bereits einen Beitrag zur Verringerung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei den meisten genetisch bedingten Fettstoffwechselstörungen reicht die gesunde Ernährung leider nicht aus. Insbesondere bei der schon erwähnten familiären Hypercholesterinämie ist eine medikamentöse Behandlung, zusätzlich zu einem gesunden Lebensstil, erforderlich.

Remagen : Gibt es fixierte Grenzen ab welcher Höhe und nach welcher Länge der Zeit ein zu hohes LDL eine Herzkrankheit auslösen kann?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Lange wurden tatsächlich Grenzwerte für Cholesterin vorgeschlagen und es wurde unterschieden, ob dies für Erwachsene oder für Kinder gelten soll. Von der Festlegung von Grenzwerten musste man jedoch abrücken, weil das Risiko, was von einer Cholesterinerhöhung ausgehen kann, aber nicht ausgehen muss, von vielen weiteren Faktoren abhängig ist. Während bis in die 70er oder 80er Jahre hinein ein Cholesterinwert von beispielsweise 200 + Lebensalter vorgeschlagen wurde, trägt man der verbreiteten Erkenntnis heute Rechnung, dass sowohl bei niedrigeren Cholesterinwerten Arterienverkalkungen bzw. Atherosklerose auftreten können oder dass deutlich höhere Cholesterinwerte, auch über 300 mg/dl, lebenslang ohne Kreislauffolgen bleiben. Zu den Konsequenzen auf diese Beobachtungen gehört seit einigen Jahren - und auch immer wieder bis in die Gegenwart aktualisiert - Zielwerte für LDL-Cholesterin zu empfehlen, die vom Risiko eines Betroffenen abhängen. Dieses Risiko setzt sich aus dem Alter und weiteren Risikofaktoren, wie beispielsweise Zigaretten rauchen, Bluthochdruck, vorzeitigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Familie und Diabetes Mellitus zusammen. Die aktuellsten Empfehlungen zur Behandlung von Cholesterin, die im November letzten Jahres in den Vereinigten Staaten veröffentlicht worden sind, verzichten auf die Empfehlung von Zielwerten. Sie schlagen vier Gruppen vor, in denen eine Behandlung mit dem wichtigsten cholesterinsenkenden Medikament, einem so genannten Statin, von Nutzen ist. Diese vier Gruppen von Menschen, die von einer Statin-Behandlung profitieren, sind Menschen nach einem durchgemachten Herzinfarkt oder anderen Komplikationen von Atherosklerose, auch Schlaganfällen und peripheren Durchblutungsstörungen. Eine weitere Gruppe, die von einer Statin-Behandlung profitiert, sind Menschen mit einem deutlich erhöhten LDL-Cholesterin, nämlich von 190 ml/dl, sofern diese Cholesterinerhöhung nicht ein vorübergehendes Ergebnis anderer Gesundheitsstörungen ist. Menschen mit Zuckerkrankheit sind eine weitere bedeutsame Gruppe, die von Statinen mit einer Senkung ihres Risikos mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen profitiert. Schließlich wird empfohlen, mit Betroffenen eine zusätzliche medikamentöse Behandlung mit ebensolchen Statinen zu besprechen, wenn nach einem bestimmten Risikokalkulator das Risiko für das Eintreten einer Herz-Kreislauf-Erkrankung über 7.5 % liegt. Zielwerte werden bei uns häufiger empfohlen, nämlich LDL-Cholesterin unter 100 ml/dl, bei Bestehen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung, also - wie oben nach Herzinfarkt oder einer anderen Komplikation der Atherosklerose. Bei der Risikokonstellation eines durchgemachten Herzinfarktes und Diabetes Mellitus kommt sogar als Zielwert ein LDL-Cholesterin von 70 mg/dl in Frage. Bei Vorhandensein mehrerer Risikofaktoren aber ohne bereits vorliegende Betroffenheit von Komplikationen können LDL-Zielwertempfehlungen zwischen 130 und 160 mg/dl von dem behandelnden Arzt vorgeschlagen worden sein.

Jacoby : Welche Wirkstoffklasse ist die Beste in der Behandlung von zu hohen Blutfetten: Fibrate, Niacin, Cholesterinsorptionshemmer, Gallensäurebinder oder Statine.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die meisten Studien mit überzeugenden Resultaten liegen Statine vor. Diese Studien zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sie nicht nur die Wirkung der Cholesterinsenkung nachweisen, sondern dass mit diesem Effekt eine Verringerung der Wahrscheinlichkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht. Man spricht hier von einem klinischen Nutzen. Dieser Nutzen ist erheblich. Um Mittel vermindert sich das Risiko beispielsweise für einen Herzinfarkt unter der Einnahme von Statinen um 25 - 30 %. Fibrate sind eine Behandlungsform bei erhöhten Blutfetten gewesen, als es die Statine noch nicht gab. Das Gleiche gilt für Niacin und die Gallensäurebinder. Fibrate senken vor allem erhöhte Triglyceride und erhöhen das vor Atherosklerose schützend gehaltene HDL-Cholesterin. In frühen Studien konnte mit der Einnahme von Fibraten eine Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gezeigt werden, doch zusätzlich zur Gabe von Statinen konnte kein Nutzen nachgewiesen werden. Niacin ist ebenfalls ein Wirkstoff, der vor allem die Triglyceride beeinflusst. In frühen Studien gab es Hinweise für einen Nutzen im Sinne einer Risikosenkung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In neusten Studien wurde aber ein solcher Nutzen bei Patienten, die schon unter Statinen standen, nicht bestätigt. Der Vertrieb von Nicotinsäure oder Niacin ist deshalb beispielsweise in Deutschland eingestellt worden. Gallensäurebinder sind ebenfalls eine früh zur Behandlung von erhöhtem Cholesterin eingesetzte Substanzklasse. Es konnte schon in den 80er Jahren gezeigt werden, dass mit der durch Gallensäurebinder möglichen Cholesterinsenkung auch eine Verminderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erreichen war. Die frühen Gallensäurebinder waren jedoch im Vergleich zu den heutigen Statinen sehr unangenehm einzunehmen. Die unerwünschten Wirkungen waren unter Einnahme von bis über 32 g dieser Wirkstoffe vor allem Bauchbeschwerden mit sehr belastender Verstopfung. Die Cholesterinresorptionshemmer sind eine Wirkstoffklasse, die eine bis zu 20 %ige Cholesterinsenkung, d. h. LDL-Cholesterinsenkung, ermöglicht. Die Datenlage zum Nutzen dieser zusätzlichen Cholesterinsenkung bei statinbehandelten Patienten ist vergleichsweise begrenzter. Ein Argument für die Anwendung dieser Substanzgruppe ist die Verbesserung der cholesterinsenkenden Wirkung, beispielsweise der Statine, mit Vermeidung sonst eventuell auftretender unerwünschter Wirkungen.

MiniMax : Kann meine 12 jährige Tochter Ezetimib einnehmen? Ist ihr verschrieben worden, dann habe ich mir die Nebenwirkungen angesehen und bin fast in Ohnmacht gefallen.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Anwendung von dem Cholesterinresorptionshemmer Ezetimib bei einem 12-jährigen Mädchen ist im Prinzip möglich. Es gibt Untersuchungen zur Verträglichkeit dieses Wirkstoffes bei Kindern. Die Entscheidung, ob ein junger Mensch Ezetimib oder auch eine andere lipidsenkende Substanz einnehmen soll, liegt in der Hand des betreuenden Kinderarztes und hängt von den Umständen ab. Wenn ein 12-jähriges Kind beispielsweise von einer schweren Form der genetisch bedingten Cholesterinerhöhung betroffen ist, also wenn eine familiäre Hypercholesterinämie und eine Betroffenheit bei Verwandten nachgewiesen worden ist, kommt auch der Einsatz von Ezetimib im Kindes- oder Jugendalter in Frage. Die unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln werden in den Beipackzetteln meist recht ausführlich und detailliert dargestellt, allerdings ohne sie zu gewichten und ohne unerwünschte Wirkungen in ein Verhältnis zum eventuellen Risikos des Anwenders zu setzen. Bei der Betroffenheit eines Kindes ist die Einbeziehung eines spezialisierten Zentrums für Fettstoffwechselstörungen für den behandelnden Kinderarzt wahrscheinlich ohnehin selbstverständlich.

Sparin : Wann kommen Cholesterinsynthesehemmer, was für ein Wort, zum Einsatz?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Cholesterinsynthesehemmer kommen am häufigsten zum Einsatz. Die Statine sind Cholesterinsynthesehemmer. An der Konzentration von Cholesterin im Blut sind von der Nahrung aufgenommene Fette und in der Leber synthetisierte Cholesterin beteiligt. Der auch für uns Menschen lebensnotwendige Baustein Cholesterin - nämlich Baustein für Zellmembranen oder als Vorstufe von Hormonen - kann nicht allein von der Ernährung abhängig sein. Die Leberzellen können Cholesterin synthetisieren oder aufbauen. Das hierfür geschwindigkeitsbestimmende Enzym heißt HMG-CoA Reduktase. Dieses Enzym wird von den Statinen gehemmt.

Garves : Habe Lipitor verschrieben bekommen, komme damit aber überhaupt nicht zurecht. Hat der Experte eine Alternative?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Es gibt verschiedene zugelassene Statine. Der Wirkstoff von Lipitor ist Atorvastatin. Dieser Wirkstoff wird weltweit außerordentlich häufig eingesetzt und gilt als vergleichsweise eher gut verträglich. Es ist jetzt zu fragen, was unter dem "damit überhaupt nicht zurechtkommen" gemeint ist. Häufige unerwünschte Wirkungen der Statine sind Muskelbeschwerden. Es kann versucht werden, bei einer notwendigen Statinbehandlung einen anderen Vertreter dieser Wirkstoffklasse zu versuchen, wie beispielsweise Fluvastatin oder Pravastatin, wenn versucht werden muss, unerwünschte Wirkungen im individuellen Fall zu vermeiden. Wenn Statine, was seltener vorkommt, generell nicht vertragen werden, bleibt nur das Ausweichen auf eine andere Wirkstoffklasse. Deren Auswahl hängt von der vom behandelnden Arzt zu bewertenden Art des Risikos und der Stoffwechselstörung ab.

Rastätter : Wieso unterscheidet man neuerdings nicht mehr zwischen gutem und schlechtem Cholesterin?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Das ist untergegangen in den bisherigen Stellungnahmen in den Fragen. Man unterscheidet nach wie vor zwischen gutem und schlechtem Cholesterin. In vielen Fällen entspricht das Gesamtcholesterin in etwa dem LDL-Cholesterin, mit dem das erhöhte Risiko für Artherosklerose einhergehen kann. Die Bewertung eines erhöhten HDL-Cholesterins, dass als "gutes" Cholesterin aufgefasst wurde hat sich durch neuere Studien abgeschwächt, weil eine Erhöhung dieses so genannten guten Cholesterins nicht mit einem klinischen Nutzen, d. h. mit weniger Herzinfarkten, verbunden war. Niedriges "gutes" Cholesterin, also HDL-Cholesterin, ist allerdings unverändert ein bedeutsamer Risikofaktor, aber eben nach der bisherigen Studienlage kein Behandlungsziel.

Tschiba : Wann muss man Medikamente nehmen, um den Cholesterin-Spiegel ins Lot zu bekommen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Anwendung von Medikamenten hängt, wie wir es am Anfang der Sprechstunde schon einmal diskutiert haben, vom Risiko für ein Herz-Kreislauf-Ereignis ab. Und diese Risiken hatten wir oben schon etwas zusammengefasst, nämlich bei einer bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankung, wie eben Herzinfarkt oder Durchblutungsstörungen der Halsschlagader und auch Schlaganfall. Ebenso muss der erhöhte Cholesterinspiegel zwingend behandelt werden, wenn eine Zuckerkrankheit vorliegt, weil Diabetiker erheblich häufiger von einer Herz-Kreislauf-Komplikation betroffen sind, als von den bekannten - natürlich auch bedeutsamen - Komplikationen der Zuckerkrankheit.

Oberreiter : Wie hoch ist die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Cholesterinwert über Ernährung und grundsätzlichem Lifestyle?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Möglichkeit der Einflussnahme über Ernährung und gesunden Lebensstil schwankt und hängt auch von genetischen Bedingungen ab. Die Beeinflussung des Cholesterins über Ernährung und gesunden Lebensstil ist - bezogen auf die gesamte Bevölkerung - von großer Bedeutung und sehr wünschenswert. D. h. wenn in der Bevölkerung durch fettärmere Ernährung und mehr körperliche sportliche Aktivität die Blutfette günstig beeinflusst werden, wirkt sich das bei ausreichend langer Anwendung in einer Senkung der Herzinfarktrate in der gesamten Bevölkerung aus. Bei Vorliegen bestimmter genetischer Stoffwechselstörungen ist der Effekt einer gesunden Ernährung und eines gesunden Lebensstils zwar für die Risikosenkung nicht ausreichend aber doch als Basis Voraussetzung einer optimalen Behandlung. Von besonderer Bedeutung beim gesunden Lebensstil ist der Verzicht auf Nikotin.

Handrich : Nach meiner Kenntnis geht es um ein einziges Gen, dass man ausschließen müsste, um den Fettabbau in der Leber zu beeinflussen und damit auch Ablagerungen in den Gefäßen zu verhindern. Liege ich falsch, oder ist es so schwer, dieses Gen auszuschalten, wie man das ja auch bei Krebserkrankungen ähnlich machen kann? Wir hätten unglaublich viele gesündere Menschen, die glücklich wären und das Gesundheitswesen wäre entscheidend entlastet. Warum gibt es so etwas noch nicht?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Gentherapie ist seit Jahrzehnten ein Ziel, für das wissenschaftlich gearbeitet wird. Nahezu alle bisherigen Versuche scheitern an Wirksamkeit und Verträglichkeit heute angewandter Methoden. Der Fettabbau in der Leber ist nicht von einem einzigen Gen abhängig.

Rudy : Unser 14jähriger Sohn leidet an einer schweren Hyperlipidämie, die mit Gemfibrozil behandelt wird. Das ist mit ziemlichen anderen Belastungen verbunden und wir fragen uns, ob es etwas gibt, was weniger eingreifend ist? Kann er an einer Studie teilnehmen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Verordnung von Gemfibrozil müsste auf einer Erhöhung der Triglyceride beruhen. Eine behandlungsbedürftige Erhöhung der Triglyceride sollte mit Kombination verschiedener Maßnahmen erfolgen, nämlich der Kombination von veränderter Ernährung, der eventuellen Gabe von Omega-3-Fettsäuren und seltener einem Fibrat, wie eben Gemfibrozil. Wenn der 14-Jährige von einer vorwiegenden Hypercholesterinämie betroffen sein soll, wären Statine Medikamente der ersten Wahl.

Spethmann : Worin liegt die Wechselwirkung zwischen erhöhten Blutfetten und Arteriosklerose? Was passiert da im Körper?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Atherosklerose beginnt mit einer Störung der innersten Auskleidung der Arterien. Diese Schicht wird als Endothel bezeichnet. Bei Kontakt des Endothels mit LDL-Cholesterin kann die Funktion des Enothels gestört werden und es kommt zur Einlagerung von Cholesterin in die Gefäßwand. Dieser Vorgang hängt von der Menge des LDL-Cholesterins ab, die im Blut zirkuliert und von der Dauer dieser Einwirkung. D. h. dass von Kindheit an erhöhte LDL-Cholesterinkonzentrationen sich in einer besonders frühen Atheroskleroseentwicklung bemerkbar machen, wie es das Charakteristikum der schon mehrfach angesprochenen familiären Hypercholesterinämie ist. Diese Krankheit lässt eine Art Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen erhöhtem LDL-Cholesterin und Atherosklerosekomplikationen erkennen. Die erklärt in der erwähnten Möglichkeit extremer Cholesterinerhöhungen im Kindesalter auch die dann mögliche Betroffenheit von Herzinfarkten.

Seggenstedt : Ich soll das Rauchen einschränken am besten ganz aufhören. Kling gut und einfach, ist es aber nicht. Vor allem verstehe ich nicht, wieso sich Rauchen auf den Fettstoffwechsel im Blut auswirkt. Ich dachte das hat was mit der Ernährung zu tun.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die quantitativen Auswirkungen des Rauchens auf den Fettstoffwechsel sind nicht extrem. Die Schädlichkeit des Rauchens geht über viele andere Mechanismen. Charakteristisch ist eine Verringerung des guten Cholesterins, des HDL-Cholesterins, durch Zigaretten rauchen.

Hilfon : Wann muss man auch noch die Triglyceride auswerten? Welche Erkenntnis leitet sich von diesem Wert ab?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Erhöhte Triglyceride sind häufig Begleiterscheinungen anderer Risikokonstellationen. Beispielsweise finden sich bei Übergewichtigen und bei Diabetikern häufiger erhöhte Triglyceride. Das Ausmaß der Risikoerhöhung durch erhöhte Triglyceride ist sehr variabel. Studien, die erhöhte Triglyceride als Behandlungsziel hatten, haben einen geringeren klinischen Nutzen dieser Maßnahme bewusst gemacht. Die Bedeutung erhöhter Triglyceride hängt von der Ursache einer Hypertriglyceridämie und damit auch von deren Ausmaß ab. Erhöhte Triglyceride sprechen im Allgemeinen sehr gut auf einen gesunden Lebensstil, d. h. die Vermeidung von Übergewicht und ein höheres Maß an körperlicher Aktivität, an. Nicht selten begünstigt der Genuss von Alkohol die Erhöhung von Triglyceriden.

Purzel : Stimmt es, dass das Krebsrisiko abnimmt, wenn es gelingt das LDL zu reduzieren und das HDL zu erhöhen? Aber wie macht man das?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Beziehung zwischen Krebsrisiko und Fettstoffwechselstörungen ist im Allgemeinen nicht eng. Es wurde früher oft gefragt, ob mit einer Senkung des LDL-Cholesterins das Krebsrisiko sogar zunehmen würde. Die zahlreichen Studien zum Nutzen der LDL-Cholesterinsenkung zeigen kein erhöhtes Krebsrisiko. Auf eine Verringerung des Krebsrisikos ist keine der Studien angelegt. Wenn LDL-Cholesterin gesenkt wird durch medikamentöse oder diätetische Maßnahmen, kann das HDL-Cholesterin positiv beeinflusst sein.

Seidensticker : Gelten Omega-3 Fettsäuren immer noch als optimale Bekämpfung gingen zu hohe Blutfettwerte, oder hat sich das auch nur als Werbegag der Fischindustrie entpupp, wie so manche Ernährungsempfehlung?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Omega-3-Fettsäuren in höherer Dosierung können zur Senkung stark erhöhter Triglyceride beitragen und werden in dieser Indikation auch ärztlich empfohlen. Ein therapeutischer Nutzen von Omega-3-Fettsäuren zur Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen konnte bislang nicht ausreichend belegt werden.

Ludat : Meistens gibt es immer verschiedene Behandlungsmöglichkeiten und dann wird viel ausprobiert. Gibt es eine optimale Therapie bei zu hohem Cholesterin? welche Bedeutung haben Statine?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Es gibt natürlich auch zur Behandlung erhöhten Cholesterins verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Zu Beginn unserer Sprechstunde wurden verschieden Wirkstoffklassen hierzu schon einmal angesprochen. Die optimale Therapie erhöhten Cholesterins ist eine Behandlung, mit der das Risiko von Herzkreislauferkrankungen gesenkt werden kann. Die überzeugendsten Studien hierzu sind mit Statinen durchgeführt worden.

Kowalski : Die molekulare Erforschung des Cholesterins ist sicherlich interessant für Wissenschaftler, aber kommt aus der Forschung auch mal ein ganz praktisches Ergebnis für den Alltag der Menschen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Ja, die Häufigkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist seit einigen Jahren stark rückläufig. Die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat an diesem bedeutenden Ergebnis einen großen Anteil.

Performer : Sind die Auswirkungen eigentlich altersabhängig? Ich mache mir Sorgen um meine Mutter 87 Jahre. Das ist die Generation, die schwer gelitten hat im Krieg und auch danach. Hat das auch Einfluss? Ich konnte keine ausreichenden Informationen zu erhöhtem Cholesterin speziell im Alter und die Auswirkungen finden.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Auswirkungen cholesterinwirksamer Behandlung werden vom Alter der Betroffenen beeinflusst. Ein Extrem sind hochbetagte Menschen, wie das Beispiel Ihrer Mutter. In dem Lebensalter kommen viele Erkrankungen in Frage, so dass bei Menschen in dieser Altersgruppe der Nachweise einer Sterblichkeitsbeeinflussung durch Cholesterinsenkung kaum möglich ist. Studien zeigen allerdings, dass bis zu einem Alter bis zu teilweise über 75 Jahren der Behandlungsnutzen der Cholesterinsenkung weiter besteht. Wenn Ihre Mutter einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall durchgemacht hätte, dann wäre auch in dem Alter eine cholesterinsenkende Therapie wahrscheinlich ebenso nützlich wie die Hemmung der Gerinnselbildung mit Aspirin. Wenn Ihre Mutter nicht betroffen ist von Atherosklerosekomplikationen, was ja durchaus möglich ist, dann bräuchte man ihr keine cholesterinsenkende Behandlung zuzumuten.

Schiri : Ich hatte immer perfekte Cholesterinwerte um 180. Dann habe ich zugenommen und plötzlich war ich auf 220. Jetzt habe ich wieder ziemlich viel abgenommen und meine Werte haben sich normalisiert. Jetzt sagt mein Hausarzt ich soll aufpassen, dass ich meinen Herzmuskel nicht schwäche. Da wird man ja langsam verrückt. Ich denke abnehmen ist gut?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Der Nutzen des Abnehmens hängt vom Ausgangsgewicht ab. Bei Übergewicht oder bei Adipositas steht der Nutzen des Abnehmens außer Frage. Ihren Angaben lässt sich nicht entnehmen, welche Basis eventuell die Auffassung hat, dass Abnehmen Ihren Herzmuskel schwächen würde. Es gibt keine Daten, dass unter Gewichtsabnahme der Herzmuskel geschwächt wird, eher kann sich eine mit Adipositas (Fettsucht) vergesellschaftete Herzschwäche unter Gewichtsabnahme wieder bessern.

Mala : Durch einen Umzug in eine andere Stadt musste ich mir neue Ärzte suchen. Ich habe jetzt einen sehr netten Hausarzt, aber der macht ganz viele Dinge nicht, die mein vorheriger Hausarzt in Dorsten gemacht hat. Ein Beispiel: Ich bekomme nur den Gesamtwert vom Cholesterin. Nach meiner Kenntnis bringt mich das nicht wirklich weiter, wenn ich nicht weiß, wie sich das aufteilt.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Bedeutung eines Cholesterinwertes wird ganz sicher beeinflusst durch die Kenntnis, welche Fraktion den Cholesterinwert bestimmt. Bei erhöhtem Cholesterin ist die Kenntnis für die Intensität eventueller Maßnahmen bedeutsam. Bei einem niedrigen Gesamtcholesterinwert sind selten zusätzliche Risikoinformationen durch die Kenntnis der LDL-Cholesterin- oder HDL-Cholesterin-Werte zu erwarten.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Ich bedanke mich für die vielen interessanten Fragen und die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde und wünsche allen Teilnehmern viel Gesundheit und einen schönen Abend!



Ende der Sprechstunde.


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