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Leberkrebs - Neue Strategie durch zielgerichtete Therapie

PD Dr. Arndt Vogel
Oberarzt
Medizinische Hochschule Hannover
Klinik für Innere Medizin – Gastroenterologie
Carl Neubergstr. 1
30625 Hannover

Tel.: 0511 532 9590
Fax: 0511 532 8392

vogel.arndt@mh-hannover.de

www.mh-hannover.de/gtk.html

 

Schwerpunkte

Gastroenterologie – Gastrointestinale Onkologie
Medikamentöse Tumortherapie
Diagnostik und Nachsorge
2. Meinung
Endoskopische Diagnostik und Therapie
 
 
Ambulanzen

Gastroonkologische Tagesklinik
Anmeldung: 0511 532 6760

PROTOKOLL

Leberkrebs - Neue Strategie durch zielgerichtete Therapie

PD DR. VOGEL: Wir beginnen um 19 Uhr.

Ruser : Bei manchen Krebsen weiß man es, bei anderen nicht. Weiß man wie Leberkrebs entsteht?

PD DR. VOGEL: Man weiß beim Leberkrebs, dass dieser häufig in einer vorgeschädigten Leber entsteht. D. h. die Patienten haben eine chronische Lebererkrankung, das kann z. B. eine virale Lebererkrankung sein wie eine Hepatitis B oder C, es kann aber auch bei autoimmunen Lebererkrankungen wie einer Autoimmun-Hepatitis oder bei Stoffwechselerkrankungen, bei denen sich z. B. Eisen im Körper anreichert, sein. Dies führt dann in der Regel über eine Leberentzündung zu einer Vernarbung der Leber, in der dann wiederum Lebertumoren entstehen können. In seltenen Fällen kann ein Leberkrebs in einer nicht sehr vorgeschädigten Leber, d. h. in einer Leber ohne Leberzirrhose, entstehen.

Flor_Wuase : Wie viel Leber kann man chirurgisch entfernen, wie viel muss bleiben? Wie lange nach der OP kann die Chemotherapie oder eine andere Behandlung einsetzen?

PD DR. VOGEL: Bei der Entfernung von Lebertumoren ist es wichtig, dass der Tumor komplett entfernt wird. Auf der anderen Seite muss noch genügend funktionsfähiges Lebergewebe übrig bleiben, so dass durch die Operation keine Probleme für den Patienten entstehen. Wie viel Lebergewebe übrig bleiben muss, hängt insbesondere davon ab, ob die Leber vorgeschädigt ist und z. B. eine Leberzirrhose vorliegt. Dies kann gerade beim Leberkrebs individuell sehr unterschiedlich sein. Im Einzelfall muss mit den Kollegen der Chirurgie besprochen werden , ob eine Operation möglich ist. Nach der Operation muss insbesondere die Wundheilung abgeschlossen sei. In der Regel kann man 4 bis 6 Wochen nach der Operation mit einer Chemotherapie beginnen.

reikoh : Ich nehme seit 7 Jahren täglich ein Antidepressivum in mittlerer bis niedriger Dosierung. Es ist ein modernes Medikament der Gruppe der SSRI bzw. SNRI. Dieses Medikament macht mich beschwerdefrei und ich möchte es sehr gern langfristig weiternehmen. Riskiere ich damit Leberkrebs, denn dieses Medikamente werden ja hauptsächlich in der Leber verstoffwechselt, wenn ich richtig informiert bin?

PD DR. VOGEL: Grundsätzlich können durch Medikamente Leberschäden ausgelöst werden. Daher ist es sinnvoll, dass während der Behandlung zwischenzeitlich die Leberwerte im Blut kontrolliert werden. Ggf. kann auch zusätzlich ein Ultraschall durchgeführt werden. Wenn beides unauffällig ist, ist es unwahrscheinlich, dass langfristig ein Lebertumor entsteht, unabhängig davon, ob die Medikamente in der Leber verstoffwechselt werden.

Kübler : Gibt es unterschiedliche Arten von Leberkrebs? Evtl. unterschiedlich aggressiv?

PD DR. VOGEL: In der Leber gibt es prinzipiell zwei Arten von Tumoren. Die einen entstehen aus den Leberzellen, die anderen aus den Gallenwegen. Innerhalb der Gruppen gibt es gut differenzierte Tumore, die meistens langsamer wachsen und seltener metastasieren, auf der anderen Seite aber auch schlecht differenzierte Tumoren, die häufig sehr schnell wachsen und frühzeitig Metastasen bilden.

Rieper : Kann eine Tablettentherapie bei Leberkrebs genauso erfolgreich sein, wie die bisher üblichen Behandlungsformen? Das klingt so simpel.

PD DR. VOGEL: Die Behandlung des Leberkrebses richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung. Wenn wenige und kleine Tumoren vorliegen, kann man sie durch eine Operation entfernen. Bei größeren Tumoren würde man eine direkt in die Lebergefäße applizierte Chemotherapie (TACE) anwenden. Wenn eine stärkere Gefäßinfilltration (Pfortaderthrombose) vorliegt oder aber Metastasen in anderen Organen, ist die Tablettentherapie mit Nexavar die einzig wirksame Behandlungsform. Daher kann man nicht sagen, dass die Tablettentherapie genauso erfolgreich ist, wie die bisher üblichen Behandlungsformen, sondern jede Behandlungsform wird in einem bestimmten Tumorstadium sinnvoll eingesetzt.

Ausserbacher : Was ist diese Tablettenbehandlung mit Nexavar für eine Art der Behandlung? Ist das eine lebensverlängernde oder heilende Maßnahme?

PD DR. VOGEL: Bei der Behandlung mit Nexavar handelt es sich um eine lebensverlängernde Maßnahme, d. h. es wird versucht, durch eine gezielte Hemmung bestimmter Proteine in den Tumoren ein Wachstum der Tumore zu verhindern. In der Regel kann durch diese Therapie bei Patienten mit fortgeschrittener Tumorerkrankung leider keine Heilung erreicht werden.

amato22 : Bei einer Freundin von mir (31) wurde bei der Kaiserschnittgeburt des ersten Kindes ein fortgeschrittener Leberkrebs entdeckt. Seither erfolgten mehrere, teilweise dramatische Operationen. Bei der letzten OP wurde ein großer Teil der Leber entfernt, so dass nur noch ein Minimum zurückblieb. Die Hoffnung ist, dass gesundes Gewebe schnell nachwächst. Die Leber war zuvor umfangreich und aggressiv befallen und es gab keine Alternative zu diesem Schritt. Wie kann es sein, dass eine in Deutschland medizinisch betreute Schwangere so eine Krankheit entwickelt und diese bis zur Geburt unerkannt bleibt? Wie ist die Perspektive, dass das neu wachsende Lebergewebe gesund ist und bleibt? Leider gibt es eine Darmmetastase, die jetzt per Chemo und im Herbst per OP behandelt wird.

PD DR. VOGEL: Ein Problem bei Tumoren in der Leber ist, dass diese in den Frühstadien keine Schmerzen oder andere Symptome machen, die ein Warnsignal für diesen Tumor sind. Bei einer 31 Jährigen würde man in der Regel auch nicht erwarten, dass in diesem jungen Alter ein Lebertumor auftritt, daher werden in diesem Alter auch keine Vorsorgeuntersuchungen empfohlen, sofern nicht eine chronische Lebererkrankung vorliegt. Die Leber hat eine sehr gute Fähigkeit nachzuwachsen, leider besteht aber das Risiko, dass in dem neu wachsenden Lebergewebe wieder Tumoren entstehen. In der aktuellen Situation, insbesondere unter der Chemotherapie, werden regelmäßige Kontrollen der Leber notwendig sein, um mögliche neue Metastasen frühzeitig zu entdecken und diese gezielt durch lokale Therapien ggf. zu entfernen.

Scheler : Eine Tablettentherapie mit Nexavar klingt so undramatisch. Ist das auch so, wie es klingt, könnte ich dabei evtl. sogar arbeiten?

PD DR. VOGEL: Eine Therapie mit Nexavar ist im Prinzip undramatisch, da sie "nur" morgens und abends Tabletten einnehmen müssen. Ein Problem bei allen Chemotherapien oder molekularen Therapien sind aber die unerwünschten Wirkungen. Diese können auch bei Nexavar auftreten. Dabei handelt es sich z. B. um Magen-Darm-Nebenwirkungen (Diarrhöe) , Hautausschlag, Schmerzen an den Handinnenflächen, Müdigkeit oder auch Bluthochdruck. Je nach dem, ob und welche unerwünschten Wirkungen bei Ihnen auftreten, könnten Sie eventuell auch arbeiten.

Oberviechtach : Meine Mutter wurde komplett durchgecheckt MRT, CT, Darm und Magenspiegelung. Bei ihr war auch noch was entzündliches dabei. Dann stand fest Leberkrebs mit 2 Metastasen, keine Lymphknoten betroffen. 2 Chemos haben allerdings wenig gebracht an die wir viele Hoffnungen geknüpft hatten. Kommende Woche gibt es eine Besprechung mit neuen Vorschlägen. Möchte mich gern darauf vorbereiten und auch konkrete Fragen stellen können. Um welche Fragen geht es jetzt vorrangig, die ich stellen muss?

PD DR. VOGEL: Wichtig wäre zu wissen, welche Therapien bisher durchgeführt worden sind und in welchen Organen die Metastasen aufgetreten sind. Davon hängt es ab, welche Therapien möglich sind und entsprechend, welche Fragen vorrangig sind.

Jette : Gibt es eine Heilung von Leberkrebs?

PD DR. VOGEL: Eine Heilung ist bei Leberkrebs möglich. Insbesondere in frühen Stadien kann durch eine Operation, eine Lebertransplantation oder eine lokale Therapie mittels Verödung (z. B. mit Radiofrequenzablation) eine vollständige Entfernung aller Tumorzellen erreicht werden. Leider besteht aber auch beim Leberkrebs, wie bei allen anderen Tumorerkrankungen, die Gefahr, dass die Tumoren zu einem späteren Zeitpunkt wieder auftreten .

Teltau : Was für Untersuchungen müssen zwingend gemacht werden, um den Unterschied zwischen Lebermetasten und Leberkrebs herauszufinden? In der heutigen Zeit kann man sich ja kaum noch auf etwas verlassen und ich möchte ganz sicher sein, dass mein Vater genau diese Diagnostik bekommt.

PD DR. VOGEL: Die beste Möglichkeit um zu unterscheiden, ob es sich um eine Lebermetastase oder um Leberkrebs handelt, ist es, eine Probe aus dem Tumor zu entnehmen und das Gewebe unter dem Mikroskop zu untersuchen. Zusätzlich kann durch andere Untersuchungen, wie z. B. eine Magen- oder Darmspiegelung, Ultraschall oder CT/MRT festgestellt werden, ob es einen anderen Primärtumor gibt. Zusätzlich weist der Leberkrebs einige Besonderheiten auf, wie z. B. seine besonders starke Durchblutung im Vergleich zu Metastasen. Dadurch kann auch mittels eines Kontrastmittel-Ultraschall sehr gut festgestellt werden, ob es sich um einen primären Leberkrebs handelt, insbesondere, wenn eine chronische Lebererkrankung vorliegt.

anonym : Sicherlich macht es keinen Sinn nach dem warum und woher zu fragen. Es geht auch nicht um Schuldzuweisung, aber ich habe meinem Mann immer gesagt, dass er weniger trinken muss. Ab wieviel Alkohol pro Tag schädigt das die Leber?

PD DR. VOGEL: Als allgemeine Grenzen für den der Leber zumutbaren Alkoholkonsum gelten bei Männern 40 g / Tag und bei Frauen 20 g / Tag. Die Menge von 40 g Alkohol entspricht ca. 0,4 Liter Rotwein oder 0,8 Liter Bier. Dies sind aber nur allgemeine Richtwerte und es gibt Menschen, die mehr trinken können, ohne dass die Leber geschädigt wird und auf der anderen Seite auch Menschen, die bei weniger aber regelmäßigem Alkoholkonsum schon eine Leberschädigung bis hin zur Leberzirrhose entwickeln können.

Kreienhamp : Gibt es bei Leberkrebs die Möglichkeit einer Lebendspende? Ich würde meinem Mann sofort einen Teil meiner Leber spenden?

PD DR. VOGEL: Der Leberkrebs ist eine der wenigen Tumorerkrankungen, die durch eine Lebertransplantation geheilt werden können. Im Einzelfall kann dies auch durch eine Lebendspende erfolgen. Dies sollte aber in jedem Fall mit den behandelnden Ärzten besprochen werden. Insbesondere ist zu beachten, dass nicht zu viele Tumoren in der Leber vorliegen (höchstens drei) und dass es keine Metastasen in anderen Organen gibt. Auf der anderen Seite müssen sowohl bei dem Empfänger als auch bei dem Spender eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt werden, um zu entscheiden, ob sie wirklich als Empfänger beziehungsweise Spender geeignet sind. Diese Untersuchungen können in wenigen Tagen in den Transplantationszentren durchgeführt werden.

Dzenina : Für welche Art von Patient ist Nexavar gut? Da wird immer wieder positives drüber geschrieben in Fachmedien (hab ich durch einen Freund Zugang zu)?

PD DR. VOGEL: Die Wirksamkeit von Nexavar wurde in mehreren großen Studien untersucht. In diese Studien wurden Patienten mit einem fortgeschrittenen Tumorleiden eingeschlossen, die allerdings in einem noch guten Allgemeinzustand sein mussten. Interessanterweise gibt es Patienten mit bestimmten Lebererkrankungen, wie z. B. einer Hepatitis C, die von einer Therapie mit Nexavar besonders profitieren.

Gürkan_Bal : Alle sprechen immer hoffnungsvoll von Gentherapie. Ist das wirklich die große Hoffnung, auch für Leberkrebs? Mir fällt auf, dass man letzthin wenig über Erfolge oder Weiterentwicklungen hört. Was ist in der Entwicklung, wie ist die erwartete Zeitspanne, ist da was bei für Betroffene, die jetzt Leberkrebs haben?

PD DR. VOGEL: Die Gentherapie ist keine Therapie, die in absehbarer Zukunft beim Leberkrebs eingesetzt wird. Erfreulicherweise werden aber zur Zeit eine Reihe von neuen, so genannten zielgerichteten, Medikamenten untersucht, die - ähnlich wie das Nexavar - gezielt bestimmte Signalwege, die in den Tumorzellen oder Gefäßzellen besonders aktiviert sind, hemmen. Für einige dieser Medikamente wird es möglichweise in den nächsten ein bis zwei Jahren eine Zulassung geben.

Travny : Nächste Woche Leber-OP wegen mehrerer Metastasen nach Rektum-Karzinom gefunden (bereits operiert). Könnte der Experte eine perspektivische Aussage machen? Null Alkohol für den Rest meines Lebens, oder doch mal ein kleines Glas, einmal die Woche, um mich darauf freuen zu können???

PD DR. VOGEL: Wenn keine chronische Lebererkrankung vorliegt, wird sich die Leber innerhalb kürzester Zeit von der Operation erholen. Anschließend kann sicherlich wieder Alkohol konsumiert werden, sofern keine anderen Erkrankungen vorliegen, deretwegen möglichst auf Alkoholkonsum verzichtet werden sollte.

EPreuss : Da gibt es ja wohl neue erfolgreiche Behandlungen ohne Chirurgie. Ich habe gehört, dass man Krebsgewebe auch mit Alkoholinjektionen abtöten kann. Wie effizient ist diese Therapie?

PD DR. VOGEL: Die Therapie des Leberkrebses mit Alkoholinjektionen wird seit vielen Jahren durchgeführt. Gerade, wenn kleine Tumoren (kleiner als 2-3 cm) vorliegen, ist diese Therapie sehr effizient. In vielen Zentren wird anstelle der Alkoholinjektion allerdings heutzutage eher eine Radiofrequenzablation durchgeführt, in der die Tumoren durch eine große Hitzewirkung verödet werden.

Bennecke : Was ist mit dem Wächterknoten, wenn man an den Krebs mit Medikamenten herangeht. Der ist ja besonders wichtig bei vielen Krebsarten. Ist das auch bei Leberkrebs so? Speichern sich dort die Wirkstoffe der Medikamente an, so wie Lymphknoten auch sonst Substanzen sammeln. Wenn dort auch Wirkstoffe gesammelt und direkt ins System gegeben werden, müsste man doch auf diese Weise eine besondere Wirkung erzielen können. Dann könnte man in den Wächterknoten intensive Medikamente geben, denn Körperfunktionen sind doch eine nacheinander geschaltete Abfolge. Oder stelle ich mir das zu laienhaft vor? Zumindest möchte ich daran glauben, dass so etwas meiner Frau helfen könnte.

PD DR. VOGEL: Der Wächterknoten spielt - im Gegensatz zum Brustkrebs - beim Leberkrebs keine große Rolle. Dies liegt insbesondere daran, dass bei dem Leberkrebs sehr viel seltener Metastasen auftreten. Es ist also viel wichtiger, dass die Tumorknoten in der Leber effizient behandelt werden.

Pfohlmann : Welche Therapie ist bei multifokalem HCC und Leberzirrhose nach unerkannter Hepatitis A u. B sinnvoll bezogen auf Lebensqualität und erhoffter Überlebenszeit?

PD DR. VOGEL: Für die Beantwortung dieser Frage müssten alle Krankenakten vorliegen. Es gibt viele Faktoren, die dazu führen, dass die eine oder andere Therapie bei einem Patienten nicht durchgeführt werden kann. Bei einem Patienten mit multifokalen HCC ohne Metastasen und noch guter Leberfunktion könnte eine TACE eine sinnvolle Therapieoption sein. Alternativ könnte aber auch eine bestimmte Form einer Strahlentherapie (SIRT) oder aber auch eine Therapie mit Nexavar eine wirksame Alternative sein. Bei allen Therapieformen werden die behandelnden Ärzte darauf achten, dass die Lebensqualität des Patienten durch die Therapie nicht zu sehr eingeschränkt wird.

Anthuber : Bin gern bereit einen Teil meiner Leber meinem Bruder (Leberkrebs StadiumII) zu spenden, aber die Ärzte lehnen das ab. Können Sie uns dazu raten mit diesem Anliegen ins Ausland zu gehen, wenn ja wohin? Ich weiß, was so etwas kostet. Wir sind ausreichend mit finanziellen Mittel ausgestattet.

PD DR. VOGEL: Ich kann Ihnen auf keinen Fall dazu raten ins Ausland zu gehen. In Deutschland wird versucht, bei allen Patienten, bei denen es möglich und medizinisch sinnvoll ist, eine Lebertransplantation durchzuführen. Leider ist dies aber nicht bei allen Patienten möglich, insbesondere, wenn zu viele und zu große Tumorknoten vorliegen. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre wissen wir, dass das Risiko, dass der Tumor in der transplantierten Leber wieder auftritt, sehr hoch ist. Und damit ist eine Transplantation nicht sinnvoll.

www : Ich bin 58 Jahre. Im Oktober 2009 wurde ein Lungenkarzinom 2 cm und eine Metastase an der Leber 6 cm diagnostiziert. Hatte seither 4 Chemotherapien und 2 Leberchemotherapien. Welche Therapiemöglichkeiten habe ich noch? Mir erscheint das im Vergleich mit anderen relativ wenig. Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen. Was ist noch möglich?

PD DR. VOGEL: Diese Frage kann ich leider ohne genauere Angaben über die Chemotherapien nicht beantworten. Insbesondere, da es sich nicht um einen Leberkrebs, sondern um eine Lungenkarzinom handelt.

Krüger : Bekommt man Leberkrebs durch zu viel Alkohol oder zu viele Tabletten? Irgendwas muss die Krankheit ja auslösen. Ich weiß, dass man gerade bei Krebs, außer bei Lungenkrebs, noch ziemlich im Dunkeln tappt. Weiß man bei Leberkrebs mehr?

PD DR. VOGEL: Man weiß beim Leberkrebs, dass dieser häufig in einer vorgeschädigten Leber entsteht. D. h. die Patienten haben eine chronische Lebererkrankung, die insbesondere auch durch zu viel Alkoholkonsum ausgelöst werden kann. Dies führt dann in der Regel über eine Leberentzündung zu einer Vernarbung der Leber, in der dann wiederum Lebertumoren entstehen können. In seltenen Fällen kann ein Leberkrebs in einer nicht sehr vorgeschädigten Leber, d. h. in einer Leber ohne Leberzirrhose, entstehen. Tabletten spielen als Ursache für eine chronische Lebererkrankung häufig eine untergeordnete Rolle. Durch Medikamente wie Paracetamol oder Marcumar wird eher eine akute Leberschädigung ausgelöst, die dann aber nach Absetzen der Medikamente häufig wieder vollständig ausheilt.

Weiland : Bei meinem Vater wurde ein ziemlich tief liegender Lebertumor entdeckt und bestrahlt (Schwerionen). Von Chemo war bisher nicht die Rede. Ist das okay, oder wird grundsätzlich eine Strahlenbehandlung und Chemotherapie nicht miteinander gekoppelt.

PD DR. VOGEL: Ja, das ist okay, da in der Tat eine Strahlen- und Chemotherapie nicht zwangsläufig miteinander gekoppelt wird. Die Therapie der Lebertumoren richtet sich primär nach dem Stadium der Tumorerkrankung. Eine Chemotherapie wird bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Tumor eingesetzt, wo dann wiederum eine Bestrahlung nicht mehr sinnvoll wäre.

Kirchner : Meine Großmutter (85) mit fortgeschrittenem Leberkrebs will/soll nicht mehr mit Operationen etc. gequält werden. Ist die Tabletten-Behandlung mit Nexavar eine geeignete Alternative?

PD DR. VOGEL: Die Therapie mit Nexavar kann eine Alternative sein. Der Einsatz dieser Medikamente richtet sich insbesondere nach dem biologischen Alter, der Leberfunktion und dem Allgemeinzustand der Patienten. Bei älteren Patienten kann die Verträglichkeit von Nexavar etwas schlechter sein, bzw. die unerwünschten Wirkungen können weniger gut verkraftet werden, so dass die Therapie mit einer niedrigeren Dosis begonnen werden sollte, wenn man sich zu der Therapie entscheidet.

Pitter : Gibt es neue Erkenntnisse, wie man Nexavar mit anderen Medikamenten zusammen verbinden kann um die Wirkung zu optimieren? Da lief doch eine größere Studie oder? Ist eine Studie ausreichend? Würde gern auch so behandelt werden.

PD DR. VOGEL: Derzeit laufen eine Reihe von größeren Studien, in denen untersucht wird, ob man Nexavar mit anderen Medikamenten oder auch anderen Therapieformen (TACE) kombinieren kann. Einige dieser Studien werden derzeit ausgewertet. Bislang liegen aber noch keine Ergebnisse vor, aufgrund derer man eine solche Behandlung empfehlen könnte. Sie sollten mit Ihrem behandelnden Arzt prüfen, ob in der Nähe Ihres Wohnortes vielleicht auch derzeit eine solche Studie angeboten wird. Gerne können Sie sich auch bei uns in Hannover vorstellen.

Engelmann : Kann ich parallel zur Chemo noch durch die Misteltherapie mein Immunsystem stärken, um andere Belastungen von mir fern zu halten?

PD DR. VOGEL: Im Prinzip können Sie parallel zur Chemotherapie eine Misteltherapie durchführen. Wenn Sie im Rahmen einer Studie behandelt werden, müssten Sie dies aber mit Ihren behandelnden Ärzten absprechen.

Ritchi : Uns ist eine Therapie mit Nexavar vorgeschlagen worden. Mein Bruder war sofort davon angetan, da es sich nur um Tabletten handelt. Ich glaube er realisiert nicht, dass Tabletten genau so durchschlagende wirken können, im Positiven, wie im Negativen. Super, dass er das alles zu Hause machen kann, aber wer kümmert sich um die Nebenwirkungen? Kann unser Hausarzt das, muss man da nicht einen Onkologen haben? Der ist aber ziemlich weit weg. Wir wohnen auf dem Land in der Pfalz. Ich habe Sorge, dass mein Bruder das Ganze total unterschätzt.

PD DR. VOGEL: Die Behandlung mit Nexavar sollte auf jeden Fall in enger Absprache mit einem Onkologen durchgeführt werden, um rechtzeitig auf unerwünschte Wirkungen zu reagieren. Dies kann auch über den Hausarzt vermittelt werden, wenn dieser dazu bereit ist. Wichtig ist, dass Ihr Bruder gut über alle möglichen Nebenwirkungen aufgeklärt wird und sich rechtzeitig mit dem Hausarzt und dem Onkologen in Verbindung setzt.

PD DR. VOGEL: Ich bedanke mich bei den Teilnehmern dieser Sprechstunde für die rege Teilnahme und die vielen interessanten Fragen. Ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Abend. Sollten sie noch weitergehende Fragen an mich haben, können Sie sich gerne in unserer Klinik (der Medizinischen Hochschule) in Hannover vorstellen.

Moderator : Mit freundlicher Unterstützung von der Bayer Vital GmbH



Ende der Sprechstunde.


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