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Prostatakrebs - Die richtige Therapie zur richtigen Zeit

PD Dr. med. Georg Bartsch
Stellvertretender Klinikdirektor
und Leitender Oberarzt
Klinik f. Urologie und Kinderurologie
JW Goethe Universitätsklinikum
Theodor Stern Kai 7
60590 Frankfurt

Tel. 069 6301 5872
 
 
Schwerpunkte

•Uroonkologie

•Rekonstruktive Urologie

•Minimal Invasive Chirurgie

PROTOKOLL

Prostatakrebs - Die richtige Therapie zur richtigen Zeit

MODERATOR: Wir beginnen um 19 Uhr.

Hamster : Kann man mit viel Omega-3-Fettsäuren die schädlichen Omega-6-Fettsäuren ausschalten und so eine Art Vorsorge gegen Prostatakrebs machen?

DR. GEORG BARTSCH: Eine Vorsorge gegen Prostatacarzinom mit einer erhöhten Einnahme von Omega-3-Fettsäuren wurde bisher in großen randomisierten Studien nicht bewiesen.

Malossek : Wo ist der Zusammenhang zwischen männlichem Hormon und Wachstum des Tumors? Warum arbeitet der Körper gegen sich selbst, denn männliche Hormone sind für einen Mann normal, ohne die er nicht leben kann.

DR. GEORG BARTSCH: Diese Frage mit einem Satz zu beantworten ist schwierig. Das Prostatacarzinom benötigt das männliche Geschlechtshormon, um überleben zu können. Die Ursache, warum dieses Wachstum entsteht, liegt mitunter in einer veränderten Abfolge der Funktionsweise des Rezeptors für das männliche Geschlechtshormon.

Leno-Tramm : Wäre es nicht ein sinnvoller Ansatz die Möglichkeit einer Behandlung über Wachstumsrezeptoren an der Oberfläche von Tumorzellen und über Tyrosinkinasaktivität die zentralen Eigenschaften eines Tumors wie Wachstum und Metastasenbildung zu beeinflussen?

DR. GEORG BARTSCH: Dieser Ansatz wird mit verschiedenen Substanzen in Phase-III-Studien, das sind Studien kurz vor der Zulassung eines Medikaments, untersucht. Derzeit liegt der Hauptfokus der Therapie jedoch am Androgenrezeptor, welcher sich in der Zelle befindet, und im Bereich der Chemotherapie.

Hannes68 : Wie lange hält sich eine Gewebeprobe, so dass man sie untersuchen kann? Ich halte das englische Gesundheitswesen inzwischen für eine Vollkatastrophe und möchte, dass die Biopsie meines Sohnes in Göttingen untersucht wird. Geht das auf dem Postexpressweg, oder muss ich hin- und herfliegen?

DR. GEORG BARTSCH: Bei Gewebeproben muss man zwischen parafineingebetteten Proben und tiefgefrorenen Geweben unterscheiden. Parafineingebettete Proben kann man über Jahre problemlos verschicken, jedoch muss man das Einverständnis der untersuchenden Abteilung bei den meisten Ländern einholen. Für tiefgefrorenes Gewebe ist der ideale Transport bei gefrorenem Kohlendioxid (das sind ca. -80 Grad).

Hoppe : Gibt es industrieunabhängige Studien zur Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs, wenn eine hormonelle Behandlung nicht mehr hilft die internationale Bedeutung haben? Ich meine keine Fallstudien, sondern echte Studien, mit Studien-Design, multizentrisch usw.

DR. GEORG BARTSCH: Große Arzneimittelstudien beim kastrationsresistenten Prostatacarzinom, die industrieunabhängig stattgefunden haben, sind mir im Moment nicht bekannt.

Amadeus : Mein Vater hat trotz Hormonbehandlung einen PSA-Anstieg auf 20, Gleason 9 und viele andere Buchstaben und Zahlen, die ich so schnell auswendig lernen konnte. Kann Dr. Bartsch Rückschlüsse daraus ziehen?

DR. GEORG BARTSCH: Therapieempfehlungen, welche keine detaillierte Informationen zu dem Patienten beinhalten, sind meiner Meinung nach nicht sinnvoll. Ich bevorzuge das individuelle Patienten-/Arzt-Gespräch.

Faber : Kann man die neuen Therapien miteinander verbinden, um sie noch effektiver zu machen? Ich denke da konkret an die Substanz Cabazitaxel, die ja noch relativ neu ist. Gibt es da bereits Kombinationen für noch bessere Wirkung? Habe einen hormonresistenten Tumor und schon diverse Behandlungen.

DR. GEORG BARTSCH: Für das kastrationsresistente Prostatacarzinom gibt es glücklicherweise inzwischen mehrere Substanzen, welche eingesetzt werden können. Neben Cabazitaxel gibt es Medikamente, welche den Androgenrezeptor beeinflussen. Eine Kombinationstherapie zwischen diesen neuartigen Therapeutika gibt es in Zulassungsstudien noch nicht. Allerdings werden diese Substanzen inzwischen in der Sequenz angewendet und zeigen hier ein gutes Ansprechen.

M-Maetzel : Pharmaunternehmen forschen, entwickeln und auf Kongressen werden dann neue Erfolge präsentiert. Darauf warten Patienten und da kann die Politik alles mögliche dumme Zeug in die Welt setzen, dass alles nur um Gewinnoptimierung geht. Die sind nicht betroffen. Ich bin es und möchte wissen, was gibt es für mich noch für Möglichkeiten nachdem ich operiert, bestrahlt und Hormontherapie habe. Nach 2 Jahren ist jetzt unerwartet Schluss. Eigentlich sollte das länger wirken hatten man mir gesagt. Angefangen hat es vor 7 Jahren und jetzt sind wir weitgehend am Ende mit dem Rücken zur Wand hat mein Urologe gesagt. Ich hoffe, dass ich hier besondere Expertise finde. Hat Dr. Bartsch einen Vorschlag?

DR. GEORG BARTSCH: Wenn ich das richtig verstanden habe, liegt eine neu diagnostizierte kastrationsresistente Situation bei Ihnen vor. In der Erstlinientherapie kann man - je nach Situation -, welche Sie mit Ihrem Urologen besprechen sollten, eine Chemotherapie mit Doxetaxel, eine Therapie mit Abiraterone, eine Therapie mit Radium 223, mit einer Immuntherapie (Sipuleucel-T) - diese ist zur Zeit nur in der USA zugelassen - und hoffentlich bald mit Enzalutamid durchführen.

Rattu : Wann findet mal Forschung dazu statt, warum ein eigentlich erfolgreiches Medikament nicht dauerhaft wirkt, sondern irgendwann den Therapieeffekt einstellt? Das ist so frustrierend. Wäre es nicht einfacher und kostengünstiger diesen Mechanismus zu erforschen anstatt ein neues Medikament?

DR. GEORG BARTSCH: Die Forschung, warum ein Medikament resistent wird, findet in vielen Zentren weltweit statt. Leider gibt es noch wenig klinisch anwendbare Ergebnisse, welche einen Wirkstoff, der resistent geworden ist, wieder sensibel zu machen. Sehr häufig liegen Mechanismen in der Zelle vor, die entweder irreversibel sind oder von denen wir noch nicht wissen, wie wir sie reversibel machen können. Im Moment ist die Diskussion darüber, ob dies kostengünstiger wäre, leider noch nicht zu führen.

Stier : Ich habe den behandelnden Krankenhausarzt gebeten mit dem Hausarzt meines Vaters Kontakt aufzunehmen, weil mein Vater so viele andere Medikamente bereits bekommt und ich Sorge habe, wegen einer Unterversorgung oder sogar Doppeltherapie. Aber der Arzt meint, das sei nicht nötig, ich solle einfach eine Liste mitbringen. Ist das normal? Ich hätte mir den direkten Kontakt unter den Ärzten sehr gewünscht. Ist das heute nicht mehr möglich?

DR. GEORG BARTSCH: Um objektiv eine medikamentös gute Therapie zu gewährleisten, ist eine mitgebrachte Liste - am besten vom Hausarzt - ein gutes Mittel. Der Kontakt zwischen Krankenhausarzt und Hausarzt muss auf alle Fälle gegeben sein, vielleicht weniger bei den Medikamenten als über den Zustand und die weitere Ausrichtung des therapeutischen Weges. In der Regel findet dieser auch statt.

Limmer : Was sagt mir als Patient das Ergebnis von Studien, die viele Ziele auf einmal haben. Mein Onkologe hat mir einen Informationszettel zu einer inzwischen abgeschlossenen Studie gegeben. Da geht es um ich zitiere: Primärer Endpunkt Gesamtüberleben, Sekundäre Endpunkte progressionsfreies Überleben, Ansprechen PSA und PSA-Progression, Tumoransprechrate, Tumorprogression. Das Medikament was getestet wurde heißt Cabazitaxel in Verbindung mit Prednison/Prednisolon. Das Thema ist für mich viel zu wichtig, als dass ich es ins Lächerliche ziehen würde, aber ich weiß, dass je kleiner die Karte desto besser das Restaurant. Ist es seriös mit derart breit gefächerten Zielen eine Studie aufzulegen, nach dem Motto irgendwo wird es schon zünden?

DR. GEORG BARTSCH: Es ist nachvollziehbar, dass Sie mit einer solchen Information nicht zufrieden sind. Ergebnisse von Arzneimittelstudien sind für den Laien wirklich schwer verständlich. Zusätzlich entsteht bei den biostatistischen Aussagen dieser Studien oft Irritation, welche nicht individuell auf den Patienten angewendet werden können. Viel wichtiger als der Informationszettel ist aus meiner Sicht ein Informationsgespräch zwischen Patient und Arzt, welches dem Patienten näher bringt, welche Chancen und welche Risiken die Therapie beinhaltet.

Lorenschat : Ich hatte einen Prostatatumor der operiert wurde. Aufgrund der Lage der Narbe ist leider keine Darmspiegelung möglich, jedenfalls nicht ambulant. Ich habe erhebliche Schwierigkeiten mich für eine stationäre Darmspiegelung unter Sedierung zu entscheiden, weil ich Sorge habe, dass durch den Druck während der Darmspiegelung die alte Narbe aktiviert wird und daraus Probleme entstehen können. Wozu rät Dr. Bartsch?

DR. GEORG BARTSCH: In diesem Fall müssen Sie bitte individuell die Risiken der Darmspiegelung mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Sollten außer einer Radikaloperation der Prostata, ohne stattgefundene Komplikation, keinerlei Risiken vorhanden sein, sehe ich keine Probleme, diese Darmspiegelung in Sedierung durchzuführen.

Permien : Mit dem PSA-Wert ist das ja so eine Sache. Die einen halten die Untersuchung für Geldschneiderei und andere schwören darauf. Bei mir wird bei den letzten Untersuchungen ein steigender PSA-Wert festgestellt, aber es gibt keinen nachweisbaren Krebs, trotz mehrerer Gewebeproben. Ich finde das alles extrem beunruhigend. Jetzt wurde mir eine MRT-Untersuchung vorgeschlagen, die noch in der Erprobung ist. Es geht darum in einem tumorverdächtigen Areal Biopsien des Gewebes zu entnehmen. Das will ich gern machen, aber da ich das selbst bezahlen muss drängt sich dann auch schnell der Gedanke auf, dass jemand auf meine Kosten zusätzliche Erkenntnisse für Fallstudien generieren will, oder bringt eine solche Untersuchung die entscheidende Klärung?

DR. GEORG BARTSCH: Der PSA-Wert in erfahrenen Händen ist ein ausgezeichneter Tumormarker. Wenn bei Ihnen trotz steigender PSA-Werte und mehrmaliger Biopsieentnahme kein Carzinom festgestellt wurde und trotzdem noch ein Carzinomverdacht vorliegt, besteht die Möglichkeit, eine MRT-Untersuchung durchführen zu lassen. Diese Untersuchung sollte idealerweise mit einer endorektalen Spule und multiparametrisch erfolgen. Idealerweise führen Sie diese Untersuchung an einer Institution durch, welche eine Fusionsstanze durchführt. Die MRT-Untersuchung, vor allem multiparametrisch, stellt keine experimentelle Untersuchung mehr dar.

Osswald : Ich saß zusammen mit mehreren Ärzten (Prostata-Zentrum-Südbaden), als es um die Therapieentscheidung ging. Tolle Sache. Alle waren bemüht mit mir verständlich zu sprechen. Hinterher war ich hin- und hergerissen, ob ich mit meinem laienhaften Fragen nicht eher ein Störfaktor war. Zwar fühlte ich mich ernst genommen, aber am Ende kann ich doch gar nicht entscheiden. Dazu fehlt mir das Wissen. Wie sieht Dr. Bartsch das?

DR. GEORG BARTSCH: Wenn Sie die Meinungen von Ärzten verschiedener Fachrichtungen - vor allem Urologe und Strahlentherapeut - hören, kann es passieren, dass die Therapieentscheidung nicht leichter wird. Ich finde es sehr lobenswert, dass im Zentrum Südbaden mehrere Ärzte mit Ihnen die Therapieentscheidung besprochen haben. Ihre Fragen können niemals einen Störfaktor darstellen. Es ist die Verpflichtung der Ärzte, Ihnen alle Fragen so zu beantworten, dass Sie am Ende eine Therapieentscheidung treffen können. Da es sich in diesem Zentrum um ambitionierte Ärzte handelt, würde ich um ein erneutes klärendes Gespräch bitten, welches Ihnen mehr Klarheit verschafft.

Nebendahl : Ich habe lange Zeit auch nach der Chemo sehr erhebliche Erschöpfungszustände bis mich endlich jemand darauf aufmerksam gemacht hat, dass diese Erschöpfung gut behandelt werden kann. Ich soll jetzt mit einer erneute Chemotherapie beginnen, kann ich dann gleich von Anfang etwas vorbeugend dagegen bekommen, oder würde das den Erfolg der Therapie beeinflussen?

DR. GEORG BARTSCH: Um hier eine eindeutige Antwort geben zu können, müsste ich mehr über die Maßnahmen erfahren. Die meisten supportiven Maßnahmen stellen kein Hindernis für den Erfolg der Therapie dar. Allerdings muss dies individuell besprochen werden.

Tobaben : Warum ist die Bestimmung des PSA nach der Therapie bei Prostatakrebs unumstritten, vor der Erkrankung aber nicht?

DR. GEORG BARTSCH: Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein prostataspezifischer aber nicht prostatakarzinomspezifischer Parameter. Aufgrund eines erhöhten PSA-Wertes, der einmal gemessen wurde, kann kein Prostatakarzinom perse diagnostiziert werden. Dazu müssen mehrere andere klinische wie auch PSA-spezifische Parameter involviert werden. Erst, wenn die Prostata operativ entfernt oder mit einer Strahlentherapie therapiert wurde, fällt - wie im Fall der radikalen Prostatatektomie - der Wert im Idealfall unter die Nachweisgrenze. Oder fällt im Falle der Strahlentherapie stark ab. Wenn dieser nach bestimmten Richtlinien wieder ansteigt, kann man mit einem Wiederkehren des Tumors rechnen.

Hans_Braun : 79 J Prostatkrebs ohne LK-Befall, keine OP, nur Beobachtung. Habe das versucht. Kann das aber nicht. Der Krebs soll raus aus meinem Körper. Ich denke sonst ständig daran. Geht so nicht. Arzt rät trotzdem ab von OP und empfiehlt weiteres abwarten, der Krebs würde mir nichts mehr tun. Mit so einer Aussage kann ich nichts anfangen. Was empfiehlt der Dr. Bartsch?

DR. GEORG BARTSCH: Die Therapieentscheidung für ein diagnostiziertes Prostatakarzinom ist sehr individuell. Das Lebensalter perse ist weniger wichtig als das biologische Alter. Wenn Sie mit der Therapieentscheidung Ihres Arztes nicht zufrieden sind, empfehle ich, einen Termin in einer Zweitsprechstunde, welche in den meisten großen Kliniken in Deutschland angeboten werden, zu vereinbaren.

Norwegen : Ab wann spricht man von Krebs, wenn wie viel Atypische Zellen gefunden werden?

DR. GEORG BARTSCH: Als Vorstufen des Carzinoms gibt es eine so genannte HG-PIN (high grade prostatic intra ephitelial neoplasia) Läsion. Des Weiteren gibt es eine ASAP (atypical small acinar proliferation), welche eine Wiederholung einer Biopsieentnahme befürworten. Der Übergang in ein niedermalignes Carzinom kann hier fließend sein. Die Aggressivität eines Karzinoms hängt vom Wachstumsmuster und von dem Zellphänotyp ab.

Grone : Wenn ich das richtig verstehe gibt es noch zwei ganz unterschiedliche Substanzklassen, wenn es keine weiteren Therapien mehr gibt und eigentlich schon nicht mehr viel geht. Als Laie frage ich mich, ob man die auch mischen kann und dann noch eine weitere Stufe als bisher erwirken kann?

DR. GEORG BARTSCH: Wie schon zuvor erwähnt, sind Zulassungsstudien für die Kombination verschiedener Substanzklassen (Chemotherapie und androgenrezeptoreinwirkende Therapie) noch nicht vorhanden bzw. in Planung. Inwieweit eine Kombination der neuen Therapeutika zur Verbesserung des Überlebens führt, ist noch schwer vorauszusehen. Im Moment werden die verschiedenen neuartigen Therapeutika in der Sequenz untersucht.

Dujreicher : Habe Studien gewälzt und stelle fest, es gibt regionale Unterschiede bei der Behandlung. In Hamburg werden die Patienten sehr viel häufiger nervenschonend operiert (lt. Barmer BEK). Wie kann das sein? Sind die Ärzte im Norden besser fortgebildet, geschickter beim operieren, oder woran liegt das? Ich hatte eine Totaloperation vor 5 Jahren und frage mich, ob das wirklich zu diesem Zeitpunkt notwendig gewesen wäre. Inzwischen bin ich wieder an einem angeblichen Endpunkt, weil die Hormontherapie nicht mehr funktioniert. Kann ich mich auf das verlassen, was mir jetzt im Raum Aschaffenburg - ich will hier keine Klinik und keine Ärzte namentlich erwähnen - empfohlen wird?

DR. GEORG BARTSCH: Es gibt deutschlandweit Unterschiede bei der Behandlung des Prostatacarzinoms. Diese Unterschiede sind jedoch wenig als geographisch zu sehen, vielmehr ist eine qualitätsgesicherte Therapie des Prostatacarzinoms in Prostatacarzinom-Zentren, welche mehr als 100 Prostatacarzinomfälle pro Jahr behandeln müssen, mit höherer Sicherheit gewährleistet, als in Kliniken, die kein Prostatacarzinomzentrum haben. Bezüglich Ihrer spezifischen Therapie besteht immer die Möglichkeit, ein Prostatacarzinomzentrum mit einer Zweitmeinungssprechstunde um Rat zu fragen.

Stoltenberg : Darf ich Fachleuten glauben Schenken, die von einer Operation als Verstümmelung abraten und alles über Medikamente machen wollen? Sind das Außenseiter? Spiele ich mit meinem Leben, wenn ich dieser Behandlungsstrategie folge, oder ist das eine moderne Form der Behandlung?

DR. GEORG BARTSCH: Beim Prostatacarzinom gibt es mehrere therapeutische Säulen. Die Art und Weise der Therapie sollte nicht von einer Fachrichtung vorgegeben werden, sondern sollte auf das Carzinom, auf die Bedürfnisse und Wünsche des Patienten abgestimmt werden.

Jen_Brücker : Vor 5 Jahren habe ich Seeds eingelegt bekommen und der PSA Wert ging auf 0,1 zurück. Jetzt steigt er wieder. Ist das ein Zeichen dafür, dass der Krebs zurückgekommen ist? Kann man die Behandlung wiederholen?

DR. GEORG BARTSCH: Um diese Frage korrekt zu beantworten, müssten mir die PSA-Werte bekannt sein. Ich bitte Sie in diesem Falle mit Ihrem behandelnden Urologen oder Strahlentherapeuten in Kontakt zu treten, um diesen steigenden PSA-Wert zu besprechen und mit Ihnen - wenn notwendig - die möglichen Therapieoptionen zu diskutieren.

Juttel : Ich bin unter dem Eindruck, dass sehr schnell die radikale Form der Operation gewählt wird mit der Begründung, das sei das Sicherste. Gleichzeitig spart man sicherlich auch eine Menge Geld, denn dann muss die Behandlung nicht so abgestuft sein. Aber für den Patienten ist das ein ganz schweres Los. Denken Ärzte da eigentlich auch dran? Die meisten sind doch selbst Männer und müssten das doch nachvollziehen können. Mein Bruder ist erst 43. Für ihn die totale Katastrophe.

DR. GEORG BARTSCH: Ob eine radikale Operation oder ein nerverhaltendes Verfahren möglich ist, ist keine Frage der Zeit. Die funktionellen Ergebnisse stehen nicht nur beim jungen Patienten im Vordergrund. Allerdings muss - abhängig von den vorliegenden Parametern des individuellen Carzinoms - zusammen mit dem Patienten entschieden werden, inwieweit die onkologische Sicherheit durch eine Nerverhaltung gefährdet sein kann.

Adler : Seit Jahren gehe ich einmal im Jahr zur Kontrolle meiner Prostata mit PSA-Bestimmung, die ich selbst bezahle. Alles war ruhig, leichte Erhöhung bis max 4,5. Bei der letzten Kontrolluntersuchung war der PSA-Wert erheblich gestiegen. Sehr beunruhigend. Es geht um eine Stanzbiobsie, weil sich der PSA-W. innerhalb von 8 Monaten fast verdoppelt hat. Ist das ein sicheres Zeichen für Krebs?

DR. GEORG BARTSCH: Eine jährliche Kontrolle des PSA-Wertes ist sinnhaft. Wenn eine leichte Erhöhung vorhanden ist, muss diese primär auf das Alter umgerechnet werden. Bei einem stark ansteigenden PSA-Wert ist ein Carzinom primär nicht auszuschließen, allerdings kann diese auch durch andere Faktoren (z. B. eine Entzündung in der Prostata) verursacht werden. Hierbei sollten andere Parameter, wie die Ratio aus freien und gebundenen PSA und die PSA-Densiti inkludiert werden. Prinzipiell würde ich einem Patienten mit einem stark ansteigenden PSA-Wert, der nicht durch andere Faktoren (z. B. Entzündung) erklärt werden kann, eine randomisierte Prostatabiopsieentnahme empfehlen.

jAschberg : Ich finde diese gemeinsamen Konferenzen ja sehr beruhigend wenn Strahlen, Onko, Patho, Chirurgie, Urologe gemeinsam unterschreiben. Am Ende des Tages verteilt sich die Verantwortung auf mehrere Schultern, nur in der Sache, können die unterschiedlichen Fachgebiete doch gar nicht die Kompetenz für jede einzelne Krebserkrankung mitbringen. Wer fällt die letzte Entscheidung?

DR. GEORG BARTSCH: Im Rahmen der interdisziplinären Tumorkonferenzen, welcher beim Prostatacarzinom primär der Urologe, der Strahlentherapeut, der Onkologe, der Pathologe und der Radiologe angehören, wird der vorliegende Fall von mehreren Seiten beleuchtet. Deswegen resultieren sehr häufig aus diesen Konferenzen ein Konsensus, der dem Patienten abhängig vom Stadium mehrere therapeutische Optionen anbietet. Diese Optionen sollten idealerweise interdisziplinär mit dem mündigen Patienten besprochen werden, damit dieser nach diesen Gesprächen zu einer Therapieentscheidung kommt.

Heitmann : Ich möchte, dass meine Frau mitkommt. Ist das üblich, oder ungewöhnlich? Bin ganz auf mich konzentriert und will nichts falsch machen, was falschen Eindruck erweckt, weil ich keine zusätzlichen Belastungen verkraften kann. Die Krankheit fordert mich sehr, deshalb erkundige ich mich gern vorher, bevor ich was falsch mache. Mein Gleason ist bei 9 und der Tumor reagiert nicht auf Hormonbehandlung. Meine Frau soll dabei sein, wenn die nächsten Schritte besprochen werden.

DR. GEORG BARTSCH: Um die bestmöglichen Therapieergebnisse zu erzielen, müssen Sie als Patient im Mittelpunkt stehen. Um die entstehenden Belastungen zu minimieren, müssen Sie den behandelnden Ärzten Ihre Wünsche und Ihre Erwartungen mitteilen. Wenn es Ihr Wunsch und der Wunsch Ihrer Familie ist, diese Entscheidungen zusammen zu treffen, sollte dies von den behandelnden Ärzten in vollem Umfang unterstützt werden.

DR. GEORG BARTSCH: Ich danke Ihnen für die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde sowie die vielen interessanten Fragen. Allen Teilnehmern wünsche ich nun noch einen angenehmen Abend.



Ende der Sprechstunde.


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