Hypercholesterinämie – Wie vor Herzinfarkt und Schlaganfall schützen?

Prof. Dr.med. Gerald Klose 
Praxis für Endokrinologie Dres. I. van de Loo & K.W. Spieker
Ehem. Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Klinikum Links der Weser, 
Gesundheit Nord Bremen
Innere Medizin, Gastroenterologie, Präventivmedizin
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•Diagnostik und Therapie von Stoffwechselrisiken für 
•Herz- und Kreislauferkrankungen
•Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen, fachgebundene 
•genetische Beratung
 
 Lipid-Apherese (Klinikum Links der Weser)
 
Lipidsprechstunde
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PROTOKOLL

Hypercholesterinämie – Wie vor Herzinfarkt und Schlaganfall schützen?

Piet_Nietzel: Es gibt m.W. eine recht einfache Einteilung in gutes und schlechtes Cholesterin? So behalten die Menschen das besser. Sicherlich gibt es aber noch mehr dazu an Einzelheiten, die man wissen sollte. Wo erfahre ich die?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Zum letzten Punkt Ihrer Frage wird Ihnen Ihr Hausarzt schon eine Menge sagen können. Es gibt darüberhinaus eine Fülle von Webseiten, auf denen man detaillierte, schriftliche Antworten erhalten kann. Eine typische Adresse ist die DGFF. Die von Ihnen angesprochene Einteilung in sogen. "gutes und schlechtes" Cholesterin basiert auf epidemiologischen Untersuchungen, in denen gefunden wurde, dass High Density Lipoprotein-Erhöhungen(HDL-Cholesterin) mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen einhergingen. Später hat sich aber herausgestellt, dass Behandlungsversuche zur Erhöhung von HDL-Cholesterin keinen Nutzen brachten. Deswegen verzichtet man heute auf diese früher so griffige Formel von "gutem und schlechtem" Cholesterin, sondern gibt nur noch bestimmte Zielwerte zur Behandlung von LDL-Cholesterin an, das früher als "schlechtes" Cholesterin bezeichnet wurde. LDL-Cholesterin ist ursächlich mit Atherosklerose oder Arteriosklerose verbunden und LDL-Cholesterinsenkungen vermindern das Atherosklerose-Risiko.

Karlenski: Wer legt die sogen. Zielwerte fest? Ist das eine internat. Kommission? Ist man sich da einig, wann und in welcher Höhe Änderungen anstehen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die für LDL-Cholesterin vorgeschlagenen Zielwerte werden von Fachkommissionen vorgeschlagen. Es gibt sowohl nationale, wie internationale Gremien, die die Empfehlungen in sogen. Leitlinien veröffentlichen. Das Niveau dieser Leitlinien hängt von der Methodik einer solchen Leitlinien-Erstellung ab. Das höchste Niveau haben Leitlinien, die sich auf international publizierte und akzeptierte klinische Studien stützen. Ganz bewusst sind solche Leitlinien nicht ein willkürlicher Konsens von Experten, sondern das Ergebnis genau definierter analytischer Schritte unter Mithilfe verschiedener Fachgruppen, wie z.B. Biometrikern. Bei Berücksichtigung der zugehörigen, aktuellen wissenschaftlichen Literatur ist man sich dann in der Angabe solcher Zielwerte einig.

Jose: Macht es einen Unterschied, wohin man eine Spritze gesetzt bekommt? Ich bekomme Spritzen in den Po mit einem sogenannten PCSK9-Hemmer. Schützt das in gewisser Weise vor Herzinfarkt? Wohin verteilt sich das Medikament, damit es wirkt? Warum keine Tabletten? Fände das einfacher.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Therapie mit PCSK9-Hemmern erfolgt mit Injektionen in das Unterhautfettgewebe, "subkutan" als medizinischer Ausdruck. Es handelt sich um einen Antikörper, der mit dem Blutkreislauf in die Leber gelangt und dort die Bindung von PCSK9 an den LDL-Rezeptor verhindert. Mit der verbundenen sehr starken LDL-Cholesterinsenkung ist eine Verminderung der Herzinfarkthäufigkeit seit Neuestem in einer großen Studie an über 25.000 Teilnehmern nachgewiesen worden. Die Therapie wirkt um so stärker, je höher das Risiko eines Betroffenen ist oder je höher sein Ausgangs-LDL-Cholesterin ist. Meistens können sich Patienten diese Substanz selber verabreichen, nämlich durch Injektionen im Bereich des Bauches, oder der Oberschenkel - genau wie bei Diabetikern mit dem Insulin. Gegenüber Diabetikern besteht aber der enorme Vorteil, dass die Substandz nur 14-tägig oder vierwöchentlich verabreicht werden muss. Die Darreichung als Tablette ist nicht möglich, weil der Antikörper im Verdauungstrakt abgebaut werden würde.

Stern: Meine Leberwerte sind nicht mehr so gut, wie früher. Jetzt will mein Internist herausfinden, ob meine Leber zu viel Fett speichert. Speichert die Leber gleichermaßen gutes, wie schlechtes Fett?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Leber speichert Fett in Form der sogen. Triglyceride. Die gutes oder schlechtes Fett beinhaltenden Lipoproteine, LDL-Cholesterin und HDL-Cholesterin kommen nur im Blut vor. Die Triglyceride in der Leber beruhen auf Ernährungsfaktoren und der Eigensynthese des Körpers aus Kohlenhydratvorstufen.

Golfer: Meine Frau und ich sind passionierte Golfer. Wir gehen 3 Mal die Woche 18 Löcher, insgesamt ca. 30km zu Fuß auf gesundem, federndem Gras-Untergrund. Sieht man vom psychischen Stress ab, wenn die Schläge nicht klappen ist das eine rundum gesunde Angelegenheit. Wir essen gesund, kaum Alkohol, keine Zigaretten. Trotzdem hat meine Frau ein LDL-Cholesterin von dauerhaft um die 160. Bei mir ist alles ok, mal bin ich kurz unter, mal kurz über Gesamt 200mg/dl. Wie ist das möglich, dass sich eine weitgehend gleiche Lebensform so unterschiedlich auswirkt?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Ihre interessante Schilderung bildet ganz exakt den Stellenwert von Genetik ab. Die Höhe von LDL-Cholesterin und Gesamtcholesterin variiert in Abhängigkeit von einer Vielzahl genetischer Einflussmöglichkeiten. Das Ausmaß der LDL-Cholesterinkonzentration Ihrer Frau bedeutet noch nicht automatisch ein erhöhtes Risiko, wenn Ihre Frau bislang von Artherosklerosekomplikationen verschont geblieben ist, und wenn keine weiteren Risikofaktoren, wie Bluthochdruck und Zuckerkrankheit vorliegen.

Jamal: Hat Übergewicht Einfluss auf den Cholesterinwert? Eigentlich sind wir alle in der Familie übergewichtig. Auch mein kleiner Bruder mit 14. Ich habe das geringste Übergewicht mit einem MBI 29aber meine Cholesterin ist ok mit 225. Trotzdem die bitte die Frage beantworten, ob das zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen kann?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Sie meinen sicher den BMI (Body Maß Index). Ein Wert von 29 weist auf ein deutliches Übergewicht hin, denn schon ab 30 BMI spricht man von Adipositas. Übergewicht hat entgegen der durchaus naheliegenden Vermutung kaum Einfluß auf den Cholesterinwert. Mit Übergewicht geht evtl. eine Erhöhung der Triglyceride und eine Verminderung von HDL-Cholesterin einher. Diese Abweichungen bedeuten leider auch die Risikoerhöhung für Herzinfarkt oder Schlaganfall. Allerdings ist die Beziehung nicht so eng, wie die Beziehung zwischen Cholesterin und den von Ihnen genannten Arteriosklerosefolgen. Wenn es irgendwie möglich ist, sollte in jedem Fall angestrebt werden, das Übergewicht zu senken. Die gravierendste Komplikation von Übergewicht, insbesonder von Übergewicht in der Jugend, ist die Zuckerkrankheit, die dann später ein ganz entscheidendes Risiko für die von Ihnen genannten Komplikation sein kann.

Güliz: Super Sache. Unser Hausarzt sagt, wir sollen alle Risiken ausschalten und zählt so was wie Diabetes und Bluthochdruck vermeiden auf. Meine Mama hat das alles und auch noch Übergewicht. Man kann doch nicht alle Probleme auf einmal lösen. Wo fängt man an?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Solange man nicht ohnehin schon Medikamente zur Behandlung von Diabetes oder Bluthochdruck braucht, ist der beste Anfang, gegen das Übergewicht anzugehen. Leider funktioniert das nur mit einer Beschränkung der Kalorien und einer deutlichen Steigerung körperlicher Aktivität, oder Sport. Die Beschränkung der Kalorien kann man sich erleichtern, wenn man bewusst Nahrungsmittel auswählt, die eine geringe Energiedichte aufweisen. Solche Lebensmittel sind beispielsweise Salate und Gemüse, während besonders engergiedicht Mischungen von Zucker und Fett sind. Es ist ohne Frage sehr schwer, den Wunsch, sich mit solchen Süßigkeiten zu belohnen zu überwinden. Wenn in Ihrer Familie ein besonders hohes Maß für die genannten Risiken besteht, wird es hilfreich sein, wenn die Familie gemeinsam auf einen gesünderen Lebensstil wechselt und sich gegenseitig bei der Einhaltung unterstützt. Manchmal kann auch eine Hilfe sein, sich an die Krankenkassen mit der Bitte, um eine Ernährungsberatung zu wenden und für die sportliche Aktivität kann die Selbstverpflichtung in einem Fitness-Studio hilfreich sein. Man muss sich vor Augen halten, dass die Umstellung der Lebensweise die Perspektive einer viel besseren und bis ins Alter reichenden Gesundheit hat. Je früher man beginnt, desto höher der Nutzen und auch die Hilfe durch die frühe Gewohnheit.

Gütte: Gesundheit entsteht durch Vorsorge. Toller Spruch. Wie sorge ich für optimale Blutfettwerte? Ist bei uns besonders wichtig, weil es sowohl Herzinfarkte, als auch Schlaganfälle in der Familie gegeben hat.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Gesundheit bleibt durch Vorsorge. Die Erreichung optimaler Blutfettwerte hängt vom Ausmaß und von der Ursache evtl. abweichender Blutfettwerte ab. Die von Ihnen angegebene Häufung von Herzínfarkten und Schlaganfällen in der Familie läßt an die Möglichkeit einer Vererbung von Stoffwechseldefekten denken, wie z.B. einer sogen. familiären Hypercholesterinämie. In so einem Fall ist leider ein gesunder Lebensstil nicht einmal ausreichend, sondern es besteht eine pharmakologische Behandlungsbedürftigkeit, genauso wie bei erhöhtem Blutdruck oder Zuckerkrankheit.

Freddy: Wenn schon medikamentös, wenn das Cholesterin anders nicht in den Griff zu kriegen ist, dann bitte mit der größten und sichersten Wirkung ohne Wirkungsverlust auf dem Weg im Körper. Ist der Effekt größer, wenn der Wirkstoff nicht durch den Magen geht z.B. durch eine Spritze oder Zäpfchen? Schützt das besser vor Schlaganfall?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Darreichungsmöglichkeit hängt von den Eigenschaften des Wirkstoffs ab. Am häufigsten und am wirksamsten ist meist der Einsatz sogen. Statine. Diese Medikamentengruppe wird ausreichend gut vom Magen-Darmtrakt aufgenommen. Zäpfchen zur Behandlung erhöhten Cholesterins gibt es nicht, wohl auch deshalb, weil eine Langzeitanwendung wenig praktikabel ist. Eine cholesterinwirksame Therapie in Spritzenform existiert seit neuerer Zeit mit der Möglichkeit einer Antikörper-Therapie. Diese Behandlungsform ist sehr wirksam. Sie ist aber meist nur in Ausnahmen notwendig, wenn z.B. Statine nicht genug wirken, oder nicht vertragen werden.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Wir machen eine kurze Pause.

Konstanz: Ab wann spricht man von Hypercholesterinämie mit erhöhtem HI und Schlaganf.-Risiko?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Eine Hypercholesterinämie ist wie im Wort enthalten, immer mit einem Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko verbunden. Hypercholesterinämie ist einmal statistisch definiert, nämlich als Überschreiten des Durchschnittswertes einer gesunden Bevölkerung. Hypercholesterinämie ist aber auch präventivmedizinisch definiert, nämlich als Überschreiten eines vom Risiko abhängigen Zielwertes. Früher wurden oft Grenzwerte für Cholesterin diskutiert, die ein erhöhtes Risiko kennzeichnen sollten. Z.B. vor langen Jahren als Grenzwert Cholesterin ist normal, wenn 200 plus Lebensalter überschritten wären. Das ist heute völlig fallgengelassen worden zugunsten von Zielwerten für das mit Atheroskleroserisko verbundene LDL-Cholesterin. Für diesen Parameter empfiehlt man heute als Zielwert eine Konzentration unter 70mg/dl, wenn ein sehr hohes sogen. globales Risiko besteht. Dieses beinhaltet das Vorliegen von Herzinfarkt oder Schlaganfall, oder peripherer Arterieller-Verschlußkrankheit, oder das Vorliegen eines länger bestehenden Diabetes Mellitus, oder einer chronischen Nierenerkrankung. Zielwert bei hohem Risiko ist ein LDL-Cholesterinwert von unter 100mg/dl, wenn zwar noch kein Symthome  machender Gefäßschaden vorliegt, aber die Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Cholesterinerhöhung sehr ausgeprägt sind. Wenn keinerlei Merkmale für ein erhöhtes Atheroskleroserisiko vorliegen, wird eine medikamentöse Behandlung zurückhaltend bewertet, d.h. meist erst, wenn LDL-Cholesterin über 190mg/dl erhöht ist.

Ivar-Jansen: Mir hat jemand gesagt, wenn man weniger Fett isst, also die Butter dünner streicht, dann reduziert sich auch das schlechte Cholesterin. So einfach kann das wohl nicht sein, denn das könnte man ja jeder schnell einführen. Oder hängt das wirklich so zusammen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Der Einfluss der Nahrungsfette auf den Cholesterinwert variiert von Mensch zu Mensch. Die Vermeidung von Nahrungsfetten führt sicher auch zur Reduktion von dem als schlechtes Cholesterin aufgefassten LDL-Cholesterin. Tatsächlich könnte das von jedem angewandt werden und würde auch auf der Bevölkerungsebene große Effekte haben, wenn damit schon in der Jugend begonnen würde. Leider ist unsere Ernährung aber durch die versteckten Fette risikoreicher. Fette sind auch wichtige Geschmacksträger, so dass viele Menschen sich nicht auf eine stärkere Reduktion der Nahrungsfette einlassen würden. Während der Stellenwert von Cholesterin in Nahrungsmitteln, wie z.B. in Eiern oder Innereien, früher etwas überschätzt wurde, hat nach wie vor einen hohen Stellenwert, Fette mit einem möglichst höheren Anteil an ungesättigten Fettsäuren pflanzlicher Herkunft zu verzehren. Es hat sich herausgestellt, dass das, was wir als Mittelmeerdiät verstehen, tatsächlich günstige Effekte in der Vorbeugung von Herzinfarkt hat. Charakteristika einer solchen Mittelmeerdiät sind beispielsweise Olivenöl, Gemüse und anstelle von roten Fleisch- und Wurstwaren eher Geflügel und Fischprodukte.

Fa.Hansa: Ich vertrage Statine nicht gut, schaden, denn sie sollen besonders wirksam sein. Was bietet sich alternativ, schulmedizinisch an?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Leider kann eine kleinere Gruppe von Menschen von einer Statinunverträglichkeit, meist Muskelschmerzen, betroffen sein. Die Konsequenz hängt vom Ausmaß der Beschwerden und evtl. mit ihnen einhergehender Laborwertveränderungen ab. In vielen Fällen ist ratsam, das Statin abzusetzen und das Abklingen der Beschwerden abzuwarten. Das dauert zwischen zwei und vier Wochen. Die vollständige Normalisierung der Beschwerden spricht dafür, dass Statine tatsächlich die Auslöser waren. Es wird heute empfohlen, ein anderes Statin in einer niedrigen Dosierung versuchsweise wieder einzusetzen. Oft sind die Beschwerden mit einer niedrigen Statindosis ausreichend vermieden. Wenn dann aber die Cholesterinsenkung zu gering ausfällt, besteht die Möglichkeit ein Medikament mit einem anderen Wirkungsmechanismus, nämlich einen Cholesterin-Resorptionshemmer einzusetzen. Der Nutzen einer solchen Kombinationsbehandlung ist durch umfangreiche Studien gut begründet. In ganz bestimmten Risikokonstellationen, nämlich vollständiger bewiesener Statinunverträglichkeit und bei einem Zustand von Herzinfarkten mit ständiger Verschlechterungstendenz, wird eine Blutwäschetherapie als letzte Möglichkeit in Betracht gezogen. Mit der Entdeckung der PCSK9-Hemmer ist allerdings eine Alternative erkannt worden, die in mehr als Zweidrittel solcher Fälle eine Blutwäschetherapie entbehrlich macht. Immer wieder wird angeregt, Zusatzstoffe, wie z.B. Vitamin D oder Q10 einzusetzen. Der Wert dieser Maßmahmen wird aber kontrovers diskutiert, weil sich kein einheitlicher Nutzenbeweis aus Studien ergibt.

Leverkusen: Jeder Erwachsene sollte seine Blutfettwerte kennen. Dafür habe ich im Freundeskreis geworben. Jetzt wissen die meisten ihre Cholesterinwerte, aber nichts über die Triglyceride. Reicht der Cholesterinwert aus?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Für die Bewertung des Risikos von Herz-Kreislauferkrankungen reicht der Cholesterinwert meistens aus. Die Bedeutung erhöhter Triglyceride ist nach wie vor schwieriger zu erfassen. Für die Zuschreibung eines erhöhten durch Triglyceride vermittelten Risikos kommt es auf deren Ursache an. Für die Bewertung eines evtl. Gesundheitsschadens erhöhter Triglyceride ist zu bedenken, dass ein gesunder Lebensstil die Werte meist normalisiert. Dies gilt leider nicht für verhältnismäßig selten auftretende Möglichkeiten sehr hoher Triglyceridkonzentrationen. Als sehr hoch wird ein Überschreiten von 800mg/dl angesehen. Es kommen aber auch Triglyceriderhöhungen vor, die Konzentrationen von mehreren Tausend mg/dl überschreiten. Mit einer solchen Stoffwechselstörung ist ein deutliches Risiko von Bauspeicheldrüsenentzündungen verbunden. Sehr starke Erhöhungen von Triglyceriden sollten immer in Einrichtungen mit einer besonderen Expertise für Fettstoffwechselstörungen analysiert werden. In manchen Fällen entsteht eine Erhöhung der Triglyceride durch Alkolholgenuß. Ebenso kann eine schlecht eingestellte Zuckerkrankheit zu deutlich erhöhten Triglyceriden führen. Dies sind Beispiele für die Perspektive einer Befundbesserung durch Korrektur der auslösenden Ursache.

Marie: Ich bin in einem sehr guten Augenzentrum, in das ich seit meinem 60. Lebensjahr einmal im Jahr zur Kontrolle gehe. Dort werden eine Menge Untersuchungen gemacht, die auch über die übliche Vorsorge hinausgehen. Ist natürlich alles abgespeichert und bei der diesjährigen Untersuchung vor 4 Wochen machte mich der Arzt darauf aufmerksam, dass im Vergleich die Cholesterineinlagerungen in der Netzhaut seit 2012 bis jetzt erheblich zugenommen haben. Selbst ich als Laie konnte das auf den Aufnahmen erkennen. Er konnte mir allerdings nicht sagen, was die Ursache sein könnte. Meine Gesamt-Cholesterinwerte sind immer um 200-204, LDL 146, Triglyzeride 55. Mich macht das nervös. Was bedeuten diese Ablagerungen? Ist das ein Hinweis auf eine Cholesterinstörunge? Gibt es ähnliche Ablagerungen in den Gefäßen? Herzinfarkt, Schlaganfall-Risiko???

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Sie schildern einen sehr ungewöhnlichen Befund. Die Veränderung der Netzhaut bei erhöhten Triglycediden, die ja bei Ihnen völlig normal sind, ist bekannt. Cholesterin lagert sich in den Gefäßen tatsächlich ab, man kann sich das auch für die Gefäße, die Netzhaut versorgen, vorstellen. Cholesterin enthaltende Ablagerungen in den Gefäßen sind klassische Ursachen für Herzinfarkt und für einen Schlaganfall, wenn die Cholesterinablagerungen die großen zum Gehirn führenden Blutgefäße betreffen. Die von Ihnen angegebenen Cholesterinwerte sind statistisch kein Ausdruck einer besonderen Gefahr, wenn nicht schon Artherosklerosekomplikationen aufgefallen waren. Zur endgültigen Bewertung Ihrer geschilderten Abweichungen bräuchte man noch mehr Informationen von Ihrem Augenarzt.



Ende der Sprechstunde.