Cholesterinwerte - Wie hoch ist mein Risiko für einen Schlaganfall

Prof. Dr.med. Gerald Klose
Praxis für Endokrinologie Dres. I. van de Loo & K.W. Spieker
Ehem. Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Klinikum Links der Weser,
Gesundheit Nord Bremen
Innere Medizin, Gastroenterologie, Präventivmedizin
Alfred-Faust-Str.11
28277 Bremen

Tel.: 0421 6969 300
Fax: 0421 6969 3099

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www.beckenbauer-maierhof.de/aerzte

Schwerpunkte


•Diagnostik und Therapie von Stoffwechselrisiken für

•Herz- und Kreislauferkrankungen

•Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen, fachgebundene

•genetische Beratung


Lipid-Apherese (Klinikum Links der Weser)

Lipidsprechstunde

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PROTOKOLL

Cholesterinwerte - Wie hoch ist mein Risiko für einen Schlaganfall

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Wir beginnen um 19 Uhr.

Schaefer3: Verlieren Medikamente gegen zu hohes Cholesterin nach einer bestimmten Zeit die Wirkung?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE:

Die wichtigsten Medikamente gegen erhöhtes Cholesterin sind Statine und der Cholesterinresorptionshemmer Ezetimib.

Die Wirkung dieser Medikamente lässt über die Zeit nicht nach.

Lo_Warnke: Erst waren Butter und Eier die Buhmänner. Dann wurde die Butter rehabilitiert und jetzt die Eier. Was soll man denn noch glauben? Ist das alles von der Industrie gesteuert? Sollen wieder mehr Butter und Eier verbraucht werden? Ich wünsche mir sehr, dass ich verlässliche Informationen dazu von Prof. Klose erhalte.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: In den 50er und 60er Jahren wurden in verschiedenen Bevölkerungen Zusammenhänge zwischen dem Verzehr bestimmter Lebensmittel und der Höhe des Cholesterins im Blut festgestellt. Gleichzeitig fand man eine Beziehung zwischen der Höhe des Cholesterins und dem Risiko für Herzinfarkte. Fette mit einem höheren Anteil an so genannten gesättigten Fettsäuren und Lebensmittel mit einem höheren Gehalt an Cholesterin führen in besonderem Maße zu einer Cholesterinerhöhung. Deshalb wurde über viele Jahre vorgeschlagen, solche Lebensmittel, wie eben Butter und Eier, sparsamer zu sich zu nehmen, um Erhöhungen von Cholesterin zu vermeiden. Eine spätere Analyse der frühen Studien hat zu einer Bewertung geführt, dass diese Beziehung nicht so eng ist, wie man anfangs dachte. Entsprechend sind die Empfehlungen einer diesbezüglich gesunden Ernährung inzwischen abgeschwächt worden. Die Beziehung zwischen solchen Empfehlungen und kommerziellen Interessen ist in den Leitlinien von Wissenschaftlern nicht vorhanden.

Claire: Gibt es kulturelle Unterschiede beim Cholesterin? Gibt es auch in Afrika zu hohe Werte, oder haben wir wieder selber Schuld?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE:
Kulturelle Unterschiede in der Ernährung wirken sich recht deutlich auf die Cholesterinkonzentrationen in verschiedenen Bevölkerungen aus. Hierzu gehören besonders niedrige Cholesterinwerte beispielsweise in Japan oder deutlich höhere Cholesterinwerte beispielsweise in nordeuropäischen Ländern. Die Unterschiede hängen mit einem höheren Verzehr gesättigter Fettsäuren in westlichen Industrienationen zusammen. Inzwischen haben sich durch die Erkenntnisse und durch die entsprechende Aufklärung in vielen Ländern diesbezüglich die Essgewohnheiten so geändert, dass geringere Cholesterinkonzentrationen in den Bevölkerungen resultierten. Am Beispiel Japans sind die kulturell bedingten Ernährungs- und Cholesterinwert-Unterschiede besonders gut ablesbar. Es hat sich nämlich gezeigt, dass Japaner nach Anpassung an westliche Ernährungsgewohnheiten die gleich hohen Cholesterinspiegel aufwiesen, wie die Bevölkerung in Haiti und den Vereinigten Staaten, die Regionen, in die Japaner ausgewandert waren. Die Cholesterinwerte von afrikanischen Bevölkerungen sind mir nicht bekannt. Spontan würde ich niedrige Werte erwarten, die dann leider teilweise auch mit Unterernährung zusammenhängen können.

Siggi Goldammer: Wirksame Medikamente haben andere Nachteile. Weil es bei mir darum geht einem Schlaganfall vorzubeugen (haben fast alle Männer in meiner Vaterfamilie!) bin ich bereit, einiges auf mich zu nehmen. Aber es macht mir schon Angst, dass man damit ein Problem abwenden kann und sich möglicherweise neue einhandelt.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Es ist richtig, die positiven Wirkungen und die unerwünschten Wirkungen von Medikamenten individuell abzuwägen. Zur Schlaganfallprophylaxe gehören eine wirksame Blutdruckkontrolle und - je nach Charakter des Schlaganfallrisikos - auch blutgerinnungswirksame Medikamente und Cholesterinsenker. Diese Medikamente sind den Sie behandelnden Ärzten in ihren Vor- und Nachteilen alle gut bekannt. Die Erkenntnisse zu Nutzen oder Risiko beruhen gerade in den von Ihnen gefragten Anwendungsgebieten auf sehr großen wissenschaftlichen Studien. Entscheidend ist in Ihrem Fall, welche Risiken zu der von Ihnen mitgeteilten familiären Häufung von Schlaganfällen beitrugen. Der am meisten verbreitete Risikofaktor für das Auftreten eines Schlaganfalls ist ein unzureichend eingestellter hoher Blutdruck. Schlaganfälle können aber auch nicht selten ihre Ursache in Thromboembolien haben, was gerinnungswirksame Therapien notwendig macht. Diese können prinzipiell ein wiederum erhöhtes Blutungsrisiko bedeuten. Studien an großen Patientengruppen haben aber eindeutig gezeigt, dass der Nutzen das Risiko weit überwiegt. Der Nutzen einer cholesterinwirksamen Behandlung ist besonders für Patienten nachgewiesen worden, deren Schlaganfall auf einer Arteriosklerose der gehirnzuführenden Arterien beruht.

NielsHeinsohn: Man geht zu einem Routinecheck und kommt „ganz krank“ wieder raus. Müsste ich nicht irgendwas spüren von einem Cholesterinwert von 285? Krankheitsanzeichen??

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Leider macht sich ein hoher Cholesterinwert, der eine Gefahr bedeuten kann, nur selten mit Warnzeichen bemerkbar. Solche Warnzeichen können Ablagerung von Cholesterin an bestimmten Stellen des Körpers sein, die man Xantome nennt. Das ist aber relativ selten und tritt meist erst auf, wenn die Cholesterinwerte noch einmal deutlich höher sind, als die von Ihnen genannte Zahl. Also, bei Cholesterinwerten von 300, 400 oder noch höher. Cholesterinkonzentrationen in dem Ausmaß, das Sie nennen, machen tatsächlich keinerlei Symptome. Das ist einerseits beruhigend, lässt aber andererseits auch eventuell viel zu lange Cholesterin negativ auf die Arterien einwirken. Der medizinische Stellenwert erhöhter Cholesterinkonzentrationen ist so variabel, dass erhöhtes Cholesterin nicht gleich Krankheit ist, sondern ein Risiko bedeutet, das sich keinesfalls immer in Form eines Herzinfarktes realisiert. Wenn aber im individuellen Fall nicht beantwortet werden kann, ob das festgestellte hohe Cholesterin ohne Konsequenzen bleibt oder durch zu einem vorzeitigen Herzinfarkt führt, bleibt eigentlich nur die Entscheidung, sich um eine Normalisierung der Cholesterinwerte zu bemühen.

G.Megel: Was ist denn „Nahrungscholesterin“?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Unter Nahrungscholesterin versteht man das Cholesterin, das man mit der Nahrung zu sich nimmt. Cholesterin findet sich in unterschiedlichem Maße in Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Dies sind in unserem Alltag überwiegend Fleisch und Wurstwaren. Relativ hohe Cholesterinwerte finden sich in Innereien und in bestimmten Meeresfrüchten. Lebensmittel pflanzlicher Herkunft enthalten dagegen kein Cholesterin und sind deshalb ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung.

P:Rutterschmitt: Wie lange sollte man Cholesterinhemmer nehmen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Medikamente zur Senkung des Cholesterins sind so lange erforderlich, wie ein erhöhtes Risiko für artherosklerosebedingte Erkrankungen besteht. Wenn eine Lebenssituation auftritt, in der die Möglichkeit solcher Erkrankungen und ihrer Beeinflussbarkeit gering wird, werden Cholesterinsenker nicht mehr empfohlen. Hierzu gehört beispielsweise eine Betroffenheit von vielen einschneidenden Gesundheitsstörungen in hohem Alter oder das Auftreten von Krankheiten, die mit einer ungünstigen Lebensprognose vergesellschaftet sind, wie viele Krebsarten.

Lami: Obwohl ich schon mehr als 30 Jahre vegetarisch esse, habe ich ein relativ hohes Gesamtcholesterin von 209mg/dl. Es erklärt sich mir nicht. Wie kann das sein? Ich rauche nicht, ich trinke nicht und finde das beunruhigend.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Cholesterinkonzentration eines Menschen hängt nicht allein vom Ernährungsverhalten ab. Ihr Cholesterinspiegel von 209 mg/dl erscheint mir eher nicht hoch. Hohe Cholesterinwerte trotz gesunder Lebensweise sind genetisch bedingt und können dann besondere therapeutische Maßnahmen erfordern.

Susanne_Stelter: Wie kommt es, dass im Laufe des Lebens unterschiedliche Cholesterinwerte als richtig gelten? Was hat das Alter damit zu tun?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die niedrigsten Cholesterinwerte finden sich bei Neugeborenen. Ein deutlicher Anstieg durchschnittlicher Cholesterinkonzentrationen tritt mit der Pubertät auf. In höherem Lebensalter, d. h. deutlich über 65 Jahre, sinken die Cholesterinwerte in den entsprechenden Bevölkerungsgruppen wieder. Die Unterschiede hängen zum Teil von Umgebungsfaktoren ab, zum Teil sind sie durch unterschiedliche Regulationen des Lipidstoffwechsels bedingt.

Knappes: Kann mir Prof. Klose sagen, warum in der einen Familie sehr hohe Cholesterinwerte ein Dauerthema sind und andere betrifft das nicht? Vielen Dank!

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Ursache für solche Unterschiede sind die unterschiedlichen genetischen Voraussetzungen in verschiedenen Familien.

Peggy: Warum gibt es ein gutes und ein schlechtes Cholesterin? Erscheint mir nicht logisch, weil der Körper eigentlich auf sinnvolle Funktionen ausgelegt ist. Warum ist das LDL „eingebaut“, was soll es bremsen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Unter gutem Cholesterin wird häufig das Cholesterin, der so genannten HDL bezeichnet. HDL bedeutet High density Lipoproteine. In epidemiologischen Untersuchungen wurde beobachtet, dass niedrige HDL-Cholesterin-Konzentrationen ein höheres Risiko für Herzinfarkte bedeuten, während hohe HDL-Cholesterin-Konzentrationen mit einem geringeren Risiko einhergehen. Als Erklärung stellte man sich vor, dass HDL-Cholesterin die Fähigkeit des Körpers zum Cholesterinrücktransport, beispielsweise von den Arterien zurück zur Leber, vermittelt. LDL, low density Lipoproteine, sind die Haupttransportform für Cholesterin im Blut zu peripheren Geweben. LDL-Cholesterin ist tatsächlich keine zwingend erforderliche chemische Verbindung. Es gibt genetisch bedingte Konstellationen, in denen lebenslang LDL-Cholesterin bedingte Konzentrationen unter 30, oder sogar unter 20 mg/dl, nie ein Gesundheitsproblem machen.

Annika Künzl: Welchen Anteil hat gute oder schlechte Ernährung? Mein Vater ist seit dem Tod meiner Mutter nicht motiviert zu kochen für sich selbst, obwohl er das kann. Hat er nämlich die ganze Zeit gemacht, als er meine Mutter gepflegt hat. Da es ihm finanziell gut geht durch eine zusätzliche Betriebsrente muss er auch nicht auf das Geld gucken. Er bestellt sich jeden Tag bei einem anderen Lieferanten irgendwas und redet sich ein, das was er bestelle sei gesund. Ich sage ihm das ist dummes Zeug. Da ist IMMER zu viel Fett dabei, weil Fett ein Geschmacksträger ist und die Leute wollen, dass er dort wieder bestellt. Wie kann ich meinen Vater überzeugen, ohne ihn zu bevormunden?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Dies ist natürlich eine sehr schwierige Frage. Es ist aber bekannt, dass es weniger hilfreich ist, Risiken zu betonen als auf Chancen zu setzen. Vielleicht beeindruckt es Ihren Vater, wenn Sie ihm Hoffnung machen, dass seine geistige Leistungsfähigkeit sich besser erhält, wenn er eine artherosklerosebegünstigende Lebensweise, wie z. B. das von Ihnen genannte fette Essen, vermindert. Eine Motivation könnte auch sein, dass er vielleicht für seine Enkel lange ein Vorbild sein will. Ein weiteres, ihn eventuell interessierendes, soziales Beispiel ist, dass eine Beziehung zwischen gesunder Lebensweise und sozialer Zugehörigkeit besteht. Unglücklicherweise ist die Lebensweise in ungünstigen sozialen Situationen sehr schlecht, während Angehörige der Bevölkerungsschicht mit gutem Einkommen und guter Bildung durchweg sehr gesundheitsbewusst essen.

Rogaller: Haben Nahrungsergänzungsmittel einen Stellenwert bei der Cholesterin Neutralisierung?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Nahrungsergänzungsmittel mit cholesterinsenkender Wirkung sind pflanzliche Sterine, so genannte Phytosterine. Diese Nahrungsergänzungmittel können in bestimmten Milchprodukten oder Margarinen enthalten sein. Die cholesterinsenkende Wirkung solche Phytosterine liegt bei etwa 10 %. Vom Prinzip her können solche Lebensmittel zur Senkung Cholesterin bedingter Risiken geeignet sein. Die Bewertung einer solchen Perspektive ist wissenschaftlich noch etwas kontrovers, weil der strengste Nutzenbeweis, die Verminderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Zusammenhang mit einer solchen Anwendung schwer zu belegen ist.

Trudi-Streckler: Nicht jeder, der einen besonders hohen Cholesterinwert hat verträgt auch Medikamente mit Statinen. Ich gehöre dazu. Was ein Problem ist, denn in unserer Familie sind nachweislich in meiner Mutterlinie immer zu hohe Chol.-Werte. Da sagt unser Arzt muss nicht sofort handeln, vor dem Hintergrund, dass Statine überhaupt nicht für mich in Frage kommen. Andererseits, wenn es etwas gäbe, das mein Körper möglicherweise toleriert, würde ich es gern ausprobieren. Denn ich mache mir da schon Gedanke. Wie geht Prof. Klose mit Pat. wie mir um in seiner Praxis?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Eine Unverträglichkeit von Statinen ist leider kein ganz seltenes Problem. Häufigste unerwünschte Wirkung nach der Einnahme von Statinen sind Muskelbeschwerden. Diese betreffen vor allem die Muskulatur der Extremitäten und verschwinden, wenn man Statine abgesetzt hat. Die Notwendigkeit einer cholesterinsenkenden Behandlung hängt in erster Linie von einem Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen ab. Wenn in Ihrer Familie die Häufung erhöhter Cholesterinwerte auch mit einer Häufung von Herzinfarkten in jüngerem Lebensalter einhergeht, besteht eine wirklich gefährlichere Situation. Diese kann Ihr behandelnder Arzt auch mit Hilfe einer jetzt möglichen Gendiagnostik abklären. Wenn sich bei Ihnen eine solche besondere Risikokonstellation bestätigt und Sie verschiedene Statine nicht vertragen konnten, und wenn Ihr Hausarzt dies dokumentiert hat, kommt eine neue Behandlungsmöglichkeit mit so genannten PCSK9 Antikörpern in Betracht. Vorher sollte aber versucht werden, ob anstelle der Statine oder in Verbindung mit niedrigdosierten Statinen ein Cholesterinresorptionshemmer eine ausreichende Wirkung hat.

Buse: So viele Ernährungstipps widersprechen sich. Nüsse soll ich essen, Seefisch wie Lachs, Avocado, alles fettreiche hochkalorische Lebensmittel, die Polster auf Hüften und Bauch schaffen. Es gibt viele Ratschläge von Experten in Sachen Lifestyle, die, wollte man sie alle befolgen komplett kontraproduktiv sind. Wie soll man damit umgehen? Sich nur das aussuchen, was einem gefällt?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Sie haben Recht, dass die Kalorien manchmal die Befolgung von Ernährungsratschlägen schwer machen. Eine mögliche Antwort auf dieses Dilemma liegt in der Menge der zu sich genommenen Nährstoffe. Die Menge der Nahrungsmittel, die zur Vermeidung ungünstiger Fette zugeführt wird, sollte natürlich nicht hyperkalorisch sein. Die in Fetten von Fischen enthaltenen Fettsäuren, Omega-3-Fettsäuren, sind in der Tat eine günstige Lebensmittelauswahl.

Mucki: Das kam jetzt ziemlich überraschend, aber ich gehöre jetzt zur Gruppe der Hoch-Cholesterinwerter. Bin beunruhigt, auch wenn das zu tun hat einer familiären Vorbelastung. Trotzdem muss es auch an mir liegen, denn natürlich weiß nicht, dass nicht jede Vorbelastung zum zwangsläuft zum tragen kommt. Folglich habe ich meinen Anteil daran. Habe gerade eine erste Spritze bekommen und finde es angenehm, dass ich nicht jeden Tag eine Tablette nehmen muss. Jetzt die Frage: Wie schnell komme ich aus der gefährlichen Zone heraus? Wie schnell wirkt sich das aus?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Vermutlich haben Sie einen Antikörper gegen das den Cholesterinwert regulierende Enzym erhalten, das als PCSK9 abgekürzt wird. Die Wirkung dieser Therapie setzt sehr schnell ein und hält bei den meisten Betroffenen über vierzehn Tage an. Von der deutlichen Senkung verspricht man sich eine hochwirksame Vorbeugung artherosklerosebedingter Erkrankungen. Diese Wirkung wird derzeit in großen wissenschaftlichen Studien geprüft. Ergebnisse sind ab nächstem Frühjahr zu erwarten.

Niko_Fehder: Wie schnell ist Handlungsbedarf bei einem Cholesterinwert, der zwischen 250 und 300 pendelt? Ich würde gern eine zweite Meinung einholen.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Der Handlungsbedarf hängt vom Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ab. Das ausgeprägteste Risiko besteht, wenn man bereits von einem Herzinfarkt oder sogar einer Bypass-Operation betroffen war. Dann wäre eine umgehende medikamentöse Therapie bei den von Ihnen genannten Werten erforderlich. Als ähnlich dringend gilt der Handlungsbedarf bei Diabetes Mellitus, insbesondere wenn diese Stoffwechselstörung schon länger besteht und sogar schon zu so genannten Endorgangschäden, wie Eiweißausscheidung im Urin, geführt hat. Der Handlungsbedarf sinkt, wenn eine arteriosklerosebedingte Erkrankung nicht besteht und wenn keine weiteren Risikofaktoren vorhanden sind. D. h., Sie sind Nichtraucher, der Blutdruck ist normal, in der Familie liegt kein vorzeitiges Risiko für vorzeitige Herz- und Gefäßerkrankungen vor und Sie haben keine Zuckerkrankheit.

P_Braun: Älter werden taugt nix. Bin jetzt 63 und allen Ecken und Enden ist „Handlungsbedarf“. Ist das normal? Nach beginnender Osteoporose und Blutchochdruck geht es jetzt um meinen Cholesterinwert, den ich versucht habe über Ernährungsumstellung auf 200 zu bekommen, was aber offenbar nicht geht. Ich weiß nicht was ich noch ändern soll, um von 235 runterzukommen. Welche Medikamente sind da geeignet?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Wieder hängt der Handlungsbedarf von Risikofaktoren ab. Ziel zur Vorbeugung von Artherosklerose-Komplikationen ist eine LDL-Cholesterinsenkung in Abhängigkeit von weiteren Risiken. Sie nennen Blutdruckerhöhung, der leider ein wichtiger Risikofaktor sein kann. Medikamente der ersten Wahl, um beispielsweise sein LDL-Cholesterin wenigstens nicht höher als 120 oder 130 mg/dl einzustellen, sind Statine. Die Indikation für diese Therapie kennt Ihr Hausarzt, der auch genau weiß, welcher Zielwert in Ihrer besonderen Situation empfehlenswert ist.

Koch5: Wenn man erblich belastet ist, bekommt man dann immer zu tun mit diesen extremen Cholesterinwerten? Oder habe ich nur die Anlage und wenn ich mich richtig verhalte, kann ich dagegen das tun, es vielleicht sogar verhindern durch besonders kontrollierte Ernährung?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Das Ausmaß einer Cholesterinerhöhung bei erblicher Belastung schwankt in der Tat in Abhängigkeit von einem gesunden Lebensstil. Auch die Auswirkung der erblichen Belastung ist erheblich unterschiedlich, und es kann durchaus sein, dass Sie mit einer besonders kontrollierten Ernährung genug für Ihre Gesundheit tun.

Petra-Dohm: Seit mir unser neuer Hausarzt gesagt hat, dass mein Cholesterinwert so gar nicht geht, prasseln gut gemeinte Ratschläge auf mich ein von allen Seiten. Ich bin jetzt hin- und hergerissen, ob unser alter Hausarzt aufgrund der langjährigen Erfahrung davon ausgegangen ist, bei mir sei das so ok, oder ob der junge neue Kollege nur besonders eifrig ist und nichts falsch machen will. Wie soll ich mich verhalten?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Es ist interessant, wie unterschiedlich die Wahrnehmung des mit Cholesterinerhöhungen verbundenen Risikos ist. Tatsächlich kann die Einstellung zu präventiven Maßnahmen bei Ärzten  bei gleicher Datenlage ganz unterschiedlich sein. Dies ist in einer gewissen Weise vergleichbar mit der unterschiedlichen Wahrnehmung des Risikos einer Klimaänderung. So, wie es Menschen gibt, die dieses Risiko nicht kümmert, variiert auch das Engagement, sich um das von Cholesterinerhöhungen ausgehende Risiko zu kümmern. Die Einschätzung des von einer Cholesterinerhöhung ausgehenden Risikos kann auch dadurch erschwert sein, dass im individuellen Fall oft nur unzureichende Sicherheit besteht, dieses Risiko zu bewerten. Im Zweifelsfall macht man mit Maßnahmen zur Erreichung von Cholesterinwerten mit geringem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nichts falsch.

Karl_Scheffler: Bei uns läuft zu viel Cholesterin im Blut in der Familie. Wir wissen das alle, tun was dagegen, sind aber nicht erfolgreich. Warum steigt der Wert dann auch noch wenn man älter wird? Welche Medikamente sind am wenigsten belastend?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Tatsächlich steigen die durchschnittlichen Cholesterinwerte im Laufe des Lebens etwas an. Leider sprechen die Menschen auf cholesterinwirksame Maßnahmen nicht gleich gut an. Am wenigsten belastend sind Statine und Cholesterinresorptionshemmer. Die unterschiedlichen Effekte von Statinen können manchmal davon beeinflusst sein, dass ein Organismus die Höhe seiner Cholesterinkonzentrationen durch eine stärkere Synthese von Cholesterin im Körper erreicht. Bei anderen Menschen kann eine stärkere Resorption von Cholesterin ursächlich für höhere Konzentrationen sein. Diese Gruppe würde einen besseren Behandlungseffekt durch einen Cholesterinresorptionshemmer haben. Ihr behandelnder Arzt wird diese Möglichkeiten sicher kennen und kann durch einen Vergleich der Wirkung der verschiedenen Mittel zur Cholesterinsenkung herausfinden, was bei Ihnen zutrifft.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest, bedanke mich für die rege Teilnahme und die vielen interessanten Fragen und wünsche Ihnen viel Gesundheit.



Ende der Sprechstunde.