Darmkrebs – Möglichkeiten bei fortgeschrittenem Darmkrebs

Dr. med. Albrecht Kretzschmar          
Oberarzt
Klinikum St. Georg in Leipzig   
und MVZ Mitte in Leipzig
internistische Onkologie und Hämatologie im  Klinikum St. Georg    
Delitzscher Straße 141
04129 Leipzig
 
Tel.:0341  9092350 - 4934
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und
 
MVZ Mitte; Onkologie und Palliativmedizin
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Schwerpunkte
 
Behandlung von soliden Tumoren
Darmkrebs andere gastrointestinale Tumoren

PROTOKOLL

Darmkrebs – Möglichkeiten bei fortgeschrittenem Darmkrebs

Stellwag: Sind Schmerzen und Blut im Stuhl Anzeichen für Darmkrebs. Hat meine Mutter seit mehr als 6 Wochen und ich bekomme sie nicht zum Arzt. Alles ist gesagt. Was kann ich noch machen?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Ja, tatsächlich könnten diese Symptome auf einen Tumor im Mastdarm schließen lassen. Natürlich kann auch eine gutartige Erkrankung dahinter stecken. In jedem Falle sollte man es untersuchen lassen, da ja auch eine Behandlung mit einer Verbesserung der entsprechenden Symptome in Aussicht steht. Eventuell können Sie Ihre Mutter ja tatsächlich mit dem Hinweis, dass auch eine behandelbare, gutartige Sache dahinter stecken könnte, motivieren.

Leibfritz_J: Was sind Gedächtniszellen im Darm? Ist das Quatsch, oder ist da was dran?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Nun, hiermit kann ich leider tatsächlich nicht viel anfangen. Es gibt Gedächtsniszellen beim Immunsystem. Die haben aber erstmal nichts mit dem Darm zu tun. Möglicherweise ist da ein Teil der Information verloren gegangen.

Bochum2: Übergewicht soll zu Darmkrebs führen. Ich versuche seitdem ich das gehört habe, mein Gewicht zu reduzieren. Bin bei BMI 36. Gehöre ich damit immer noch zur Risikogruppe?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Tatsächlich ist Übergewicht einer von vielen Risikofaktoren, die Darmkrebs begünstigen. Da auch viele andere positive Effekte durch eine Gewichtsabnahme zu erreichen sind, kann man Sie nur ermuntern Ihren BMI weiter zu reduzieren. Man kann leider nicht sagen, dass Sie ab einem bestimmten BMI nicht mehr zur Risikogruppe gehören. Der Einfluss des Übergewichtes auf das Risiko für Darmkrebs sollte aber auch nicht überbewertet werden. Falls Ihr Gesundheitsbewußtsein, wie ich Ihrer Frage entnehme geschärft ist, sollten Sie in jedem Falle auch die Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen.

Zagel: Ich dachte immer dieser einfache Kärtchentest auf verstecktes Blut sei eine gute Maßnahme. Jetzt sagt mir der Proktologe, das sei Augenwischerei. Warum werden die Patienten in dem Glauben gelassen, das sei eine gute Maßnahme und wiegen sich in Sicherheit? Welche Untersuchung gibt Sicherheit?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Die Untersuchung von Stuhl auf verborgenes Blut (Kärtchentest) als Früherkennungsmaßnahme ist auf jeden Fall besser als nichts. Noch besser ist jedoch die Durchführung einer Vorsorgekoloskopie. Wenn Sie eine solche durchführen lassen, haben sie alles getan, was wissenschaftlich erwiesen ist.

Hollert: Ab wann kann man bei Darmkrebs eine verantwortungsvolle - nur begleitende -homöopathische Behandlung beginnen zur Linderung von Angst und Erschöpfung, ohne dass die Chemo negativ beeinflusst wird?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Sie stellen eine Frage zur komplementärmedizinischen Zusatzbehandlung. Konkret fragen Sie nach Homöopathie. Ich hätte keinerlei Bedenken, wenn ein Patient parallel zur Chemotherapie eine homöopatisch unterstützende Behandlung durchführt. Sie beeinflusst die Chemotherapie nicht negativ. Relativ verbreitet in Deutschland ist auch eine Misteltherapie. Diese hat eine Tradition schon seit hundert Jahren. Es ist keine Homöopathie im engeren Sinne. Auch die Durchführung einer Misteltherapie würde ich meinen Patienten erlauben. Ich selber verordne sie allerdings nicht. Manche Onkologen sind diesbezüglich auch kritischer. Weder für Homöopathie noch für Misteltherapie ist wissenschaftlich ein klarer Nutzen oder ein Schaden nachgewiesen. Die meisten der komplementärmedizinischen Verfahren werden nicht auf höherem wissenschaftlichen Niveau untersucht. Es handelt sich um sogen. "Erfahrungsmedizin".

Grätz: Kann die Immuntherapie Lymphknoten schützen, um so zu verhindern, dass der Krebs durch den ganzen Körper geht?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Nein, so einfach ist das leider nicht. Die jetzt breit auch in der Laienpresse besprochene Immuntherapie hat etwas mit Lymphozyten zu tun. Bei der Immuntherapie werden Antikörper verabreicht, die hemmende Einflüsse auf das Immunsystem locken, so dass die T-Lymphozyten eher die Krebszellen als böse und fremd erkennen und bekämpfen. Inzwischen sind diese Therapien bei einigen Krebserkrankungen schon zugelassen und werden auch erfolgreich eingesetzt. Bei Darmkrebs konnte man allerdings bisher keine Erfolge erzielen. Abgesehen von einer sehr seltenen Unterform (Mikrosatelliten instabiler Darmkrebs mit Metastasen).

Hannes: Habe aktuell Blut im Stuhl und es kann nicht zugeordnet werden, ob von Hämorrhoiden oder Darm. Wie viel Eile ist geboten? Bin noch 4 Wochen in Liverpool wegen einer Projektbegleitung und das englische Gesundheitswesen überzeugt mich überhaupt nicht.

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Der nächste Schritt der Abklärung von Blut im Stuhl wäre eine Untersuchung mit dem Finger. Wenn man hierdurch nicht sicher auf Hämorrhoiden als Ursache schließen kann, so sollte man eine Mastdarmspiegelung (Rektoskopie) durchführen, oder aber eine komplette Darmspiegelung (Koloskopie). Ich würde davon ausgehen, dass es ausreichend ist, die Untersuchungen auch erst in vier Wochen durchführen zu lassen. Es sei denn, Sie haben sehr ausgeprägte Beschwerden. Vielleicht können Sie ja auch mit Ihrem Hausarzt in Deutschland telefonieren und alles im Detail schildern. Prinzipiell müssen Sie vor dem Gesundheitssystem in England keine Angst haben. Die Ausbildung der Ärzte ist sehr gut.

Bruder: Aufgrund von Biomarker konnten bestimmte Therapie-Verfahren ausgeklammert werden, weil sie wirkungslos wären. Trotzdem bleibt ein schlechtes Gefühl. Der psychologische Effekt ist, dass ich immer im Hinterkopf habe, dass etwas möglicherweise sinnvolles, doch nicht eingesetzt wurde. Wie sicher ist so ein Biomarker-Test, wie werde ich diese Gedanken los?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Aus Ihrer Frage schließe ich, dass Sie Darmkrebs mit Metastasen haben und man festgestellt hat, dass Ihr Tumor eine RAS-Mutation hat. Dies ist ein solcher Biomarker. Er ist sehr zuverlässig. Es gibt zwei sogen. Monoklonale Antkörper die zusammen mit Chemotherapie gegeben bei metastasiertem Darmkrebs die Behandlungsergebnisse deutlich verbessern können. Sie heißen Cetuximab und Panitumumab. Beide Medikamente sind jedoch, wenn eine RAS-Mutation vorliegt, komplett wirkungslos und dürfen nicht eingesetzt werden. Wenn sie noch zweifeln, so sollten Sie sich nicht scheuen, Ihren behandelnden Arzt noch einmal zu bitten, das alles zu erklären.

Gero-Bernhard: In meiner Familie ist Darmkrebs schon häufiger aufgetreten, zuletzt bei meinem Großvater väterlicherseits. Gehöre ich damit zu einer Risikogruppe? Was ist mit meinen Kindern?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Insgesamt sind ca. 10% der Darmkrebsfälle in Deutschland (7.000 von 70.000) auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen. Es gibt zwei erbliche Darmkrebs-Krankheitsbilder. Um den Verdacht zu äußern, dass in einer Familie ein solches vorliegt, müssen drei untereinander erstgradig miteinander verwandte Patienten betroffen sein. Wie genau die Fälle in Ihrer Familie verteilt sind, kann ich mit lediglich Angabe des Großvaters natürlich nicht ahnen. Sie sollten evtl. einmal Ihren Hausarzt hierzu befragen, oder evtl. den Behandler Ihres Großvaters. Auch bei den meisten Familien, in denen es zwei, drei oder gar vier Darmkrebsfälle gibt, liegt am Ende keine erbliche Form vor. Ab einem bestimmten Verdachtsmoment besteht jedoch Anlass für eine sogen. genetische Beratung und ggf. auch Untersuchung.

Master: Nach einer Darmkrebsoperation habe ich Verstopfung. Sehr unangenehm, denn ich habe nur alle 2-3 Tage Stuhlgang. Ist das immer so? Ich ernähre mich gesund mit täglichen Leinsamen usw. Was schlägt der Experte vor?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Die Frage zur Verstopfung nach Darmkrebsoperation ist nicht gut zu beantworten, wenn man nicht die genauen Umstände kennt. Zunächst einmal ist Stuhlgang nur alle zwei Tage nicht grundsätzlich krankhaft. Wenn Sie alle zwei Tage Stuhlgang haben, ohne sich dabei zu quälen, kann man das akzeptieren. Ich würde Ihnen empfehlen die Beschwerden mit einem Gastroenterologen, oder Ihrem Hausarzt zu besprechen. Möglicherweise können die Ihnen auch noch Tipps zur Behandlung geben.

Jens: Wie fließen Neuzulassungen von Medikamenten in die Behandlungsleitlinien ein?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Die Behandlungsleitlinien der Fachgesellschaften werden üblicherweise nur alle zwei bis drei Jahre aktualisiert. D.h., dass tatsächlich neueste Behandlungsmöglichkeiten, welche auch schon zugelassen sind, noch nicht in den Leitlinien erwähnt werden. Allerdings fahren die meisten Onkologen regelmäßig zu Kongressen, oder informieren sich auf anderem Wege über die neuesten Studienergebnisse, so dass sie eigentlich immer auf der Höhe der Zeit sind. Ein guter Behandler sollte nicht auf Leitlinien angewiesen sein, um zu wissen wie er seine Patienten behandeln soll.

Nick_Fechner: Gegen die Übelkeit der Chemo soll mein Vater Ingwerwasser trinken. Er ekelt sich aber vor Ingwer, kann das auch als Würze im Essen nicht ab. Was bleibt dann noch?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Ihr Vater sollte den Vorschlag bzgl. Ingwerwasser und Übelkeit mit seinem behandelndem Arzt besprechen. Es gibt heute sehr potente Medikamente, die man vorbeugend gegen Übelkeit und Erbrechen einsetzen kann. Sicherlich ist Ingwerwasser nicht wirklich nötig.

Klaas: 2. Rückfall innerhalb von 6 Jahren. Soll wieder operiert werden, wieder wird ein Stück Darm entfernt. Dann Antikörper-Therapie. Wo liegt der Vorteil zur Chemo?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Aus diesen Angaben kann ich leider nicht schließen, was jetzt wirklich bei Ihnen vorliegt. Wenn von einer Antikörpertherapie die Rede ist, so muss man eigentlich von einer metastasierten Darmkrebserkrankung ausgehen. Nur hierfür sind die Monoklonalen Antikörper zugelassen. Wenn von einer Operation und im Anschluß der Gabe von Antikörpern die Rede ist, so passt dies nicht für mich zusammen. Sie müssten diesbzgl. denjenigen, der Ihnen die Behandlung vorgeschlagen hat, um Erklärung bitten.

Torben: Gibt’s irgendwann mal einen Impfstoff gegen Krebs? Kommt man mit dem Gedanken weiter in der Forschung?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Tatsächlich wurden schon vor Jahrzehnten erstmals Versuche unternommen, Impfstrategien auch gegen Krebs anzuwenden. Eine Impfung gegen den Krebs selber hat bisher nicht funktioniert. Es gibt jedoch einige Krebserkrankungen, für welche Viruserkrankungen ein erheblicher Risikofaktor sein können. Dies gilt für das HP-Virus und Analkarzinom, Gebärmutterhalskrebs und weitere Plattenepithelkarzinome des Genitaltraktes, sowie auch im Kopf- Halsbereich. Impfungen, die sehr potent vor einigen HP-Virusinfektionen schützen können, sind inzwischen zugelassen und für Jugendliche vor dem ersten Geschlechtsverkehr werden sie empfohlen. Letztlich bekam der Deutsche Krebsforscher Harald zur Hausen für seine Forschung zum Thema HP-Viren und Krebs, in deren Folge die Impfungen entwickelt wurden, vor einigen Jahren den Nobelpreis. Ein weiteres Beispiel ist Hepatitis-B (Infektiöse Gelbsucht) und Leberzellkrebs. Auch gegen Hepatitis-B kann man impfen und damit die Virusinfektion, gefolgt von Komplikationen, die schließlich zu Leberkrebs führen können, verhindern.

Henrik Müller: Unsere Familie vor einer schweren Entscheidung, weil bei unserer Mutter Darmkrebs diagnostiziert wurde. Sie ist 85 Jahre alt und leicht dement, aber wenig und dabei ganz liebenswürdig. Wie geht man damit um, also ich meine mit einer Therapieentscheidung?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Dies ist eine sehr schwierige Entscheidung für Sie als Familie. Sie müssen unbedingt sehr gut von den behandelnden Ärzten, die alle Umstände der Erkrankung kennen, beraten werden. Wenn es sich um ein Stadium handelt, das durch eine Operation geheilt werden kann, so ist die entsprechende Behandlung durchaus bei einer 85-jährigen, leicht dementen Patienten angemessen. Voraussetzung wäre, dass keine zusätzlichen, relevanten weiteren Erkrankungen vorliegen. Falls eine metastasierte Erkrankung vorliegt und man über eine Chemotherapie nachdenkt, so würde ich als Behandler wahrscheinlich eher den Verzicht auf dieselbe empfehlen. In keinem Falle kann man hier wirklich einen guten Rat abgeben, ohne die genauen Details zu kennen.

Fleet: Was ist ein Checkpoint-Inhibitor?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Die Checkpoint-Ihibitoren gehören zu der aktuell viel besprochenen Immuntherapie. Bei der Immuntherapie werden Medikamente eingesetzt, die dem körpereigenen Immunsystem auf die Sprünge helfen, die Krebszellen als fremd und böse zu erkennen und zu bekämpfen. Im Immunsystem, welches sehr ausgeklügelt ist, gibt es mehrere hemmende Strukturen, die eine überschiessende Immunantwort verhindern sollen. eine solche überschiessenden Immunantwort ist die Ursache für sogen. Autoimmunerkrankungen. Beispiele sind Rheuma, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, oder bestimmte Formen der Schilddrüsenüber- und -unterfunktion. Die Krebszellen haben auf ihrer Oberfläche häufig Signalstrukturen, die zu einer Hemmung der Immunfunktion der T-Lymphozyten führen. Medikamente (es handelt sich um Monoklonale Antikörper), die hier eingreifen, nennt man Checkpoint-Inhibitoren. Se heißen PD1-Hemmer oder PD-L1-Hemmer. Mehrere dieser Medikamente sind zur Behandlung von Lungenkrebs, Melanomen und Nierenkrebs bereits zugelassen und wirksam. Bei anderen Krebserkrankungen (Darmkrebs, Brustkrebs, Prostatakrebs) ist die Entwicklung noch nicht so weit.

Lisa-Zeh: Was bringt eine Leberembolisation mit TACE als Folge von Darmkrebs? Wie lange bleibt der Erfolg. Kann man das wiederholen? Wie oft? Andere Möglichkeiten?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Sie sprechen die TACE an. Die Abkürzung steht für Transarterielle Chemoembolisation. Dabei wird ein Katheter über die Leistenschlagader bis in die Leberschlagader vorgeschoben und dann wird ein Gemisch von Chemotherapie und kleinen Verstopfungskügelchen gegeben. Dieses Verfahren ist gut etabliert und wirksam bei primärem Leberkrebs (HCC) und besonders bei Metastasen von sogen. neuroendokrinen Karzinomen. Bei Metastasen von normalem Darmkrebs ist die TACE weniger wirksam und ich wende sie niemals an. Es gibt noch eine spezielle Spielart, bei der nicht Chemotherapie, sondern kleine Kügelchen, die mit einem sogen. Betta-Strahler beladen sind, zum Einsatz kommen. Dieses Verfahren wird SIRT genannt. SIRT wird auch bei Metastasen von Darmkrebs angewandt. Auch dieses Verfahren würde ich jedoch nur zum Einsatz bringen, wenn normale Chemotherapie über die Vene nicht mehr funktioniert. Sie sollten die Behandlungsmöglichkeiten am besten mit dem behandelnden Onkologen besprechen. Wenn man im Internet sucht, so wird man sicherlich jemanden finden, der TACE auch für Darmkrebsmetastasen anbietet. Als gut etabliertes, wirksames Verfahren ist es jedoch nicht akzeptiert. Die Wirkungsdauer ist meist nur recht kurz.

Möllers: Sind Darmkrebs-Krebsmedikamente jeweils für unterschiedliche Krebs-Stufen konzipiert? Was kommt wann in Frage?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Ich vermute, dass Sie mit Krebsstufen Krankheitsstadien meinen. Stadium I ist ein sehr frühes Stadium, wo nur operiert wird. Im Stadium II wird gelegentlich und im Stadium III (Lymphknoten waren befallen) meist eine sogen. adjuvante Chemotherapie empfohlen. Hierfür kommen nur ganz wenige und gut bewährte Medikamente in Frage. Einige Chemotherapiemedikamente, insbesonder die Antikörper werden ausschließlich im Stadium mit Metastasen (Stadium IV) eingesetzt. Für einige Medikamente gibt es sogen. prädiktive Marker. D.h. der Pathologe überprüft an einer Probe der Krebserkrankung (vom Tumor im Darm, oder von einer Metastase), ob bestimmte Faktoren vorliegen, die dazu führen, dass bestimmte Medikamente nicht wirksam sind.

Joschi: Meine Mutti hatte 2012 eine Darmkrebs-OP mit Entfernung eines Teilstückes vom Dickdarm, Chemo und jetzt ein Rezidiv mit 2 Lebermetastasen. Alles wieder von vorn. Kann es trotzdem noch in Richtung Heilung gehen, oder geht es um „Erhaltung“?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Wenn tatsächlich jetzt nur zwei Metastasen nachweisbar sind und diese 5 Jahre nach Erstdiagnose festgestellt wurden, so bestehen tatsächlich recht gute Chancen, dass man die Erkrankung heilen kann. Dies ist natürlich von der Größe und der Lage der Metastasen abhängig. Üblicherweise wird im Rahmen eines sogen. Tumorboards (Expertengremium mit Chirurgen, Rötgenspezialisten und Onkologen) festgelegt, welches der beste Weg für den Patienten ist. Manchmal ist es sinnvoll, zunächst eine Chemotherapie, ggf. kombiniert mit Antikörpern durchzuführen, um die Metastasen vor einer Operation zu verkleinern.

Appeal: In welchen Abständen darf oder sollte man eine Darmspiegelung wiederholen?

Dr. med. Albrecht Kretzschmar: Wenn eine Vorsorgekoloskopie durchgeführt wurde und keinerlei Polypen oder sonstige Darmkrebsvorstufen entdeckt wurden, so geht man davon aus, dass eine Kontrolluntersuchung nach 10 Jahren ausreichend ist. Wenn hingegen Polypen entfernt wurden, so wird man eine Kontrolle nach einigen Jahren empfehlen. Das Intervall ist immer auch vom Lebensalter, von der Größe der Polypen und auch vom Grad der Entartung abhängig. Wenn Darmkrebs operiert wurde, so wird eine Kontrolldarmspiegelung nach einem halben Jahr und dann nach zwei Jahren empfohlen. Bei dem sehr seltenen, erblichen Darmkrebskrankheitsbild (HNPCC), kann sogar eine regelmäßige Darmspiegelung im Jahresintervall angemessen sein.



Ende der Sprechstunde.