Brustkrebs - Bei Chemotherapie auf die Knochen achten

CGG Klinik Mannheim
Prof. Dr. med. Ingo J. Diel
(Mitinhaber und Gesellschafter)
Gynäkologischer Onkologe
Quadrat P7, 16-18
68161 Mannheim
Tel.: 0621/ 12 50 64 20
Fax: 0621/ 12 50 64 29
E-Mail: diel@cgg-mannheim.de
Schwerpunkte
Knochenmetastasen
Systemische Therapie
Bisphosphonate
Multimodale Therapie
Primäre Therapie des Brustkrebses
Chemotherapie
Endokrine Therapie
Antikörpertherapie
Prognosefaktoren
Neoadjuvante Therapie
• Osteoporoseprophylaxe
beim Mammakarzinom
postmenopausal
Anmeldung Sprechstunde
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PROTOKOLL
Brustkrebs - Bei Chemotherapie auf die Knochen achten
PROF. DIEL: Wir beginnen um 19 Uhr.
Nordlicht : Bis zu welcher Grüße Knoten kann die Brust erhalten werden? Wie zuverlässig ist die Einschätzung vom Operateur. Mir hat ein Freund gesagt, der erste Eingriff entscheidet über die Zukunft. Wenn da ein Fehler gemacht wird, dann war?s das.
PROF. DIEL: Entscheidend ist die Größe der Brust, d. h. wenn die Brust sehr groß ist, kann man auch Knoten von 3 oder 4 cm herausschneiden und die Brust erhalten. Umgekehrt kann ein 2 cm großer Tumor auch bei einer kleinen Brust zu groß, um die Brust zu retten. Das ist aber heute fast sekundär, weil man durch eine Chemotherapie vor der Operation den Tumor soweit verkleinern kann, dass man nicht die Brust entfernen muss. Heutzutage wird nur noch bei 15 bis max. 20 % der Fälle die Brust geopfert.
Hehmann : Gibt es Studien, dass der Wirkstoff Denosumab wirklich wirkt?
PROF. DIEL: Es gibt Studien an über 7.000 Patienten mit unterschiedlichen Tumoren, die gezeigt haben, dass der Wirkstoff Denosumab nicht nur wirksam ist, sondern auch effektiver als das mitgetestete Bisphosphonat Zoledronat. Derzeit gibt es keine stärker wirksame Substanz zur Vermeidung oder Verzögerung skeletaler Komplikationen, wie Brüche oder Knochenschmerzen.
HenniMess : Die Metastasen in der Leber haben sich zurückgebildet, aber in den Knochen nicht. Gibt es da eine Möglichkeit? Bedanke mich bei Prof. Diel.
PROF. DIEL: Sehr wahrscheinlich haben sich die Metastasen im Knochen auch zurückgebildet, nur ist das sehr viel schlechter nachweisbar als die Verkleinerung von Lebermetastasen. Die Defekte, die die Knochenmetastasen im Knochen verursacht haben, sind oft im Röntgenbild noch zu sehen, auch wenn die Metastasen kleiner geworden sind. Wichtig ist es, wann immer möglich, auch eine Strahlentherapie der Knochenmetastasen durchzuführen.
Maxi-Kraus : Kann meine Frau längerfristig eine gute Lebensqualität erreichen trotz Brustkrebs und Knochenmetastasen?
PROF. DIEL: Selbstverständlich, das ist das unbedingte Ziel bei einer guten Behandlung von Patienten mit Knochenmetastasen. Das Hauptziel ist, die Lebensqualität zu erhalten, Knochenschmerzen zu vermeiden und selbstverständlich Komplikationen (z. B. Brüche) von vornherein zu vermeiden. Das gelingt mit klugen Therapiemaßnahmen und der Kombination von Medikamenten, Bestrahlungen und ggf. Operationen in den allermeisten Fällen.
chris26 : Guten Tag, vor 6 Jahren hatte ich ein Mamma-CA mit Lymphbefall und bin das ganze Programm durchgelaufen: 6xTAC- Chemo, OP-brusterhaltend und Bestrahlung, danach 5 Jahre ARIMIDEX. Kontrollen wie Sono, Mammographie wurden regelmäßig durchgeführt. Nach gravierenden Rückenschmerzen begonnen im Mai letzten Jahres wurden multiple Knochenmetastasen überwiegend im Lendenbereich festgestellt. Daraufhin wurde ich mit der Tabletten-Chemo XELODA, Femara, Bestrahlung und seit Dezember mit Xgeva-Spritze behandelt. Die Schmerzen sind weniger geworden und es geht mir besser. Ein erneutes MRT vorletzte Woche zeigte an, dass die Metastasen sich nicht verringert haben, aber auch keine Zunahme. Nur, was mich beunruhigt,der Tumormarker ist stetig angestiegen auf 170. Mein Onkologe ist zufrieden mit meinem Zustand und sagte, dass ich den Tumormarker vergessen solle, da ja alle anderen Werte gut seien. Jetzt wurde XELODA nach 12 Zyklen und Femara abgesetzt und es wurde mir statt Femara die FASLODEX-Spritzen monatlich verordnet und weiterhin monatlich Xgeva. Wie sehen Sie die Medikamenumstellung und den Tumormarker? Vielen Dank und Grüße Chris26
PROF. DIEL: Tumormarker können hilfreich sein, widerspiegeln aber nicht den Krankheitsverlauf. Das heißt, dass auch bei nur einem geringen Voranschreiten der Krankheit der Tumormarker ansteigt, obwohl die Therapie wirksam ist. Die Umstellung Ihrer Medikamente wird von mir begrüßt.
Peiffer : Hier die Diagnose meiner Frau: Multiple pathologisch vergrößerte Lymphknoten links (Level 2 bis 4). Kleinere metastasensuspekte Lymphknottenkonglomerate links periclaviculär. Mittlere weichteildichte Osteolysen linkslateral, Infiltration in Wirbelbogen. Begleitende Weichteilkomponente intraspinal, deutliche Einengung des Neuroforamens. Potenzielle Frakturgefährdung. An Größe und Zahl vermehrte mediastinale LK bis 11 mm. Keine Auffälligkeiten in Pulmo und paranchymatöse Oberbauchorganen. Kann man Knochemetastasen überhaupt noch verhindern mit dieser Diagnose?
PROF. DIEL: So, wie die Krankheit beschrieben haben (Osteolysen) scheinen bereits Knochenmetastasen vorzuliegen. In diesem Fall auch dringend zu einer Strahlentherapie dieser Regionen raten und des Weiteren sollte auch eine Therapie mit Medikamenten erfolgen, die ich aber nicht empfehlen kann, da ich nicht das komplette Krankheitsbild und den Verlauf kenne. Bei massivem Lymphknotenbefall wäre eine Chemotherapie mit einem Medikament, das noch nicht verabreicht wurde sinnvoll.
Hicks : Was ist der Unterschied zwischen Bisphosphonate, RANK-Ligand-Antikörper und einem monoklonalem Antikörper? Andere Wirkweise? Was ist wann sinnvoll im Rahmen einer voranschreitenden Brustkrebserkrankung mit zunächst ? keinem LK-Befall. Ich sage das mal mit aller Einschränkung, ohne deshalb negativ zu sein.
PROF. DIEL: Bisphosphonate sind Substanzen, die den Knochen vor weiterer Zerstörung schützen. Der RANK-Ligand-Antikörper Denosumab wird auch gleichen Gründen eingesetzt und ist sogar noch etwas wirksamer als Bisphosphonate. Beide Substanzen haben eine Zulassung bei Patienten mit Knochenmetastasen. Ob man sie auch bei Krankheitsbeginn zur Vermeidung von Knochenmetastasen einsetzen kann, ist weiterhin unklar. Eine Zulassung dafür gibt es nicht. Zusammenfassend, beide Substanzklassen sind sinnvoll bei Knochenmetastasen aber auch bei Knochenschwund (Osteoporose). RANK-Ligand-Antikörper SIND monoklonale Antikörper.
Daniela : Ich habe einen hormonabhängigen Brustkrebs, OP + Chemo. Seither ist mein Hormonsystem komplett durcheinander. Selbst die Schilddrüse ist davon betroffen. Das findet mein Arzt allerdings sehr weitreichend und QUOT1ungewöhnlichQUOT2. Ist das ungewöhnlich oder normal? Regelt sich das von allein wieder?
PROF. DIEL: Wenn Sie noch vor den Wechseljahren sind, dann kann es gut sein, dass durch die Chemotherapie Ihre Eierstöcke ihre Aufgabe eingebüßt haben. Insofern wäre es nicht ungewöhnlich, wenn Sie unter Entzugssymptomen der weiblichen Geschlechtshormone leiden, so wie auch Frauen in und nach den Wechseljahren. Dass die Schilddrüsenhormone durch die bei Ihnen erfolgten Therapiemaßnahmen betroffen sind, ist ungewöhnlich und vielleicht nur zufällig. Beides sollte von Ihrem Hausarzt und / oder Ihrem Onkologen weiter abgeklärt werden.
Malee : Ich wünsche mir nur noch eines: Routine, Routine, Routine. Ich habe Sehnsucht nach meinem alten Leben, dass durch den Brustkrebs aus den Fugen geraten ist. Bin wahnsinnig erschöpft durch die Chemotherapie. Normaler Wach-Schlafrhythmus hilft da nicht. Ich komme ganz schwer auf die Füße und meine Ängste erschöpfen mich zusätzlich. Meine größte Angst neben einem Rückfall ist das Fortschreiten der Krankheit durch Metastasen in den Knochen. Habe gehört, wenn die einmal da sind, wird man sie nicht mehr los. Könnte Prof. Diel mir etwas zur Beruhigung sagen?
PROF. DIEL: Zunächst möchte ich noch einmal betonen, dass 80 bis 85 % aller Patientinnen mit Brustkrebs geheilt werden! Deswegen ist es auch wichtig, dass die Grundbehandlung nach Diagnose ausreichend ist. Dadurch verhindert man das Auftreten von Metastasen in den allermeisten Fällen. Sollten Metastasen auftreten, ist die Krankheit chronisch. Trotzdem gibt es in sehr wenigen Fällen mit nur geringer Metastasierung eine kleine Hoffnung auf Heilung.
Sally : Habe Verkalkungen in den Brustdrüsen. Die sind bereits seit Jahren unter Beobachtung. Weil ich das schon lange habe und das offenbar auch auffällig ist die Frage, ob bereits in diesem noch nicht wirklich akuten Stadium Gefahr für die Knochen besteht?
PROF. DIEL: Verkalkungen in den Brustdrüsen können gutartig sein aber auch auf eine Vorstufe oder ein Mammakarzinom selbst hinweisen. Diese Unterscheidung muss der Radiodiagnostiker treffen. Verdächtiger Mikrokalk muss operativ entfernt werden, nicht verdächtiger Kalk muss nur weiterhin kontrolliert werden. Mit den Knochen hat das in aller Regel nichts zu tun, es sei denn, es ist bereits ein richtiger Brustkrebs vorhanden.
Gesa : Bei der Diagnose wurde mir gesagt, dass Brustkrebs in 4 Klassen eingeteilt wird und ich das Glück habe zur Gruppe 1 zu gehören. Das beruhigt natürlich zunächst mal, aber ich wüsste gern worin mein QUOT1GlückQUOT2 besteht? Ist die Gefahr von Metastasen in Organen und Knochen geringer?
PROF. DIEL: Die Einteilung in vier Klassen ist mir nicht geläufig. Man kann Brustkrebs durch die Gewebeanalysen in unterschiedliche Stadien der Aggressivität einteilen. Wenn der Tumor, den man bei Ihnen gefunden hat, zur weniger aggressiven Klasse zählt, ist die Rückfallgefahr auch gering. Ansonsten empfehle ich, Ihren behandelnden Onkologen um Aufklärung zu bitten.
Keucken : Meine Mutter hatte links einen hühnereigroßen Tumor. Der wurde operiert. Obwohl 5 Lymphknoten befallen waren schien alles gut zu gehen, aber jetzt drei Jahre später hat meine Mutter drei Metastasen in der Wirbelsäule. Wir hatten gehofft, etwas länger Ruhe zu haben. Die sind noch sehr klein und sollen jetzt bestrahlt werden. Prognose ist wohl gut. Es geht uns darum einen Weg zu finden, dass keine neuen kommen. Was ist zu tun? Wir verstehen diese Krebserkrankung meiner Mutter inzwischen als chronische Erkrankung und denken nicht vorrangig an Tod.
PROF. DIEL: Die Bestrahlung dieser drei Metastasen ist sinnvoll, gleichzeitig sollte auch eine systemische Therapie (z. B. Antihormone) eingesetzt werden. Wenn der Tumor nicht hormonabhängig ist, muss man auch über eine Chemotherapie nachdenken. Leider gibt es keine Garantie, dass die Erkrankung nicht doch wieder kommt (auch im Skelett). Außerdem empfehle ich dringend den Einsatz des RANK-Ligand-Antikörpers Denosumab zusätzlich zur Bestrahlung und systemischen Therapie.
Güstrow : Seit der Diagnose Brustkrebs habe ich große Schlafprobleme. Das ist total anstrengend und dabei geht doch erst alles los. Schlaftabletten dagegen möchte ich nicht nehmen, weil jetzt ohnehin so viele Medikamente auf mich zukommen. Es gelingt aber nicht mit autogenem Training dagegen anzugehen, was ich sonst ganz gut beherrsche. Könnte Prof. Diel einen Vorschlag machen?
PROF. DIEL: Die von Ihnen genannten Schlafprobleme können sowohl psychisch bedingt sein (Krankheitsverarbeitung) als auch hormonell durch den Ausfall der Eierstocksfunktion oder anderem Hormonentzug. Sollten Sie einen Tumor haben, der nicht hormonabhängig ist, kann man auch über eine Östrogentherapie nachdenken. Wenn Sie einen Tumor haben, der hormonabhängig ist, fällt eine Therapie mit Östrogen aus. Es kann durchaus sinnvoll sein, durch die Einnahme von Schlaftabletten sich ein oder zwei Nächte in der Woche zu behelfen. Das führt in jedem Fall dazu, dass Ihre Lebensqualität sich bessert. Wenn es mehr durch die Psyche bedingt ist, empfehle ich einen Psychoonkologen zu Rate zu ziehen. Schlaftabletten, die nicht chronisch eingegnommen werden, können durchaus sinnvoll sein. Sie sollten aber in jedem Falle von einem Arzt (z. B. Hausarzt) überwacht werden.
Narang : Man kann sich ja Statistiken mit Überlebensraten und Rezidiven nicht entziehen, wenn die Diagnose erst einmal steht. Ich habe zu meiner Frau aber gesagt, wir wollen uns davon nicht verrückt machen lassen, denn ich habe vermehrt den Eindruck, Statistik-Werte können erwünscht Ergebnisse erzeugen. Wenn ich mir angucke, wie neue Medikamente getestet werden und in der Hauptgruppe nicht so erfolgreich sind, wie erhofft, dann geht man schnell auf alle möglichen Untergruppen, um dennoch zu angestrebten Ergebnissen zu kommen. Die sind dann häufig in einem kaum messbaren Bereich. Ich will sagen, wir machen uns frei davon. Mein bester Freund sagt, das sei auch nicht besser, weil man sich damit Realitäten verschliesst. Wie soll man aber dann vernünftig mit so einer Diagnose umgehen?
PROF. DIEL: Das, was Ihnen fehlt, ist ein erfahrener Onkologe, der Ihnen hilft, Studien und Wahrscheinlichkeitsrechnungen richtig zu interpretieren. Natürlich gibt es Studien, die keine wirklich guten Ergebnisse zeigen, sondern nur in Untergruppen. Aber auch das kann nützlich sein bei weiteren Untersuchungen. Für Laien (Patienten) ist es außerordentlich schwer, hinter den Zahlen die Aussagen zu erkennen. Das kann nur jemand, der sich tagtäglich mit solchen Dingen beschäftigt. Wie bereits gesagt, suchen Sie sich einen erfahrenen Onkologen und besprechen Sie das Problem direkt.
Cornelia_Ideh : Vor 6 Wochen bin ich operiert worden und habe dabei eine Brust verloren. Ich finde das so entsetzlich, ich kann das niemandem beschreiben. Es waren auch 4 Lymphknoten befallen. Ich habe mein Leben umgestellt und lebe sehr kontrolliert, in der Hoffnung, dass das hilft. Wie hoch schätzt Prof. Diel den psychischen Anteil an der Krankheit ein?
PROF. DIEL: Der psychische Anteil an der Entstehung von Brustkrebs ist nicht nachweisbar. Für den weiteren Verlauf der Erkrankung ist es sinnvoll, möglichst Stress zu vermeiden und sein Leben in ruhige Bahnen zu bringen. Das kann schwierig und langwierig sein. Neben Entspannungsübungen, das wissen wir aber auch inzwischen, sollte Sport betrieben werden. Das trägt ebenfalls zu einer verbesserten Heilung bei. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie therapeutisch richtig behandelt sind. Die Entfernung der Brust ist eine zutiefst verletztende Prozedur. Allerdings muss man wissen, dass es zahlreiche Methoden zum Wiederaufbau durch einen plastischen Chirurgen gibt. In diesem Punkt würde ich mich schon jetzt beraten lassen.
Krischi : Bei mir ist rechts Brustkrebs festgestellt worden. Ganz klein. Ich wurde nicht operiert stattdessen Bestrahlung evtl. noch Chomtherapie. Die beiden kleinen Tumoren sind unterhalb der Nachweisgrenze. Eigentlich alles bestens, aber ich habe trotzdem Angst, weil andere um mich herum immer operiert worden sind. Außerdem habe ich besonders viel Angst vor Metastasen. Wenn die erst mal da sind, wird man die Krankheit ja überhaupt nicht mehr los. Ich wüsste gern, ob Brustkrebs häufig ohne Operation behandelt wird und wie hoch die Gefahr ist, dann Knochenmetastasen zu bekommen?
PROF. DIEL: Jeder Brustkrebs muss zunächst operiert werden, auch wenn er klein ist. Des Weiteren sollte der Wächterlymphknoten entfernt werden. Trotzdem muss man oft noch eine Bestrahlung und eine Chemotherapie anschließen. Das kann theoretisch auch zur Heilung führen. Insofern möchte ich Sie nicht völlig verunsichern. Alle Therapien zu Beginn der Erkrankung (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie und Antihormontherapie) müssen durchgeführt werden, um eine mögliche Metastasierung zu verhindern, dann ist die Heilungschance sehr hoch.
MODERATOR: Der Experte macht eine kurze Pause. Wir setzen die Beantwortung Ihrer Fragen in wenigen Minuten fort.
Kaless : Ich bin erst 32 Jahre, habe Brustkrebs (hormonabhängig, Op, Chemotherapie, 2 LK befallen) mit Knochenmetastasen im Becken. Gibt es überhaupt noch eine Chance auf Heilung für mich?
PROF. DIEL: Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Ich würde dringend dazu raten, dass diese Metastasen im Becken bestrahlt werden. Zusätzlich sollte auch eine antihormonelle Therapie erfolgen. In seltenen Fällen kann mit einer solchen Therapie ein Stillstand erreicht werden.
Sibel : Ich hatte vor 2 Jahren Brustkrebs auf beiden Seiten. Damals war ich 34 Jahre. Ich habe zwei Kinder 8 und 10 und bin alleinerziehend. Nach der total OP bekam ich Chemotherapie und Bestrahlung an der Hüfte, weil es dort eine Metastase gibt. Ich fühle mich wieder gut, aber meinen Job hatte ich verloren. Bin auch teilverrentet. Es gibt aber keinen vernünftigen Grund warum ich nicht wieder arbeiten und uns selbst versorgen kann. Bei Bewerbungen werde ich immer gefragt nach einem Rückfall. Was ist eher zu erwarten ein Rückfall des Krebs oder ein voranschreiten von Metastasen in den Knochen? Wie soll ich argumentieren bei einem Vorstellungsgespräch?
PROF. DIEL: Zunächst einmal wäre es gut zu wissen, ob es sich tatsächlich um eine Knochenmetastase gehandelt hat. Wenn dies der Fall ist, steht zu befürchten, dass die Krankheit wiederkommen kann. Es gibt aber nicht den geringsten Grund, nicht mehr zu arbeiten. Wenn Sie sich arbeitsfähig fühlen, sollten Sie eine Arbeit wieder aufnehmen. Die Krebserkrankung selbst ist nicht das Problem, es sind durchaus die Knochenmetastasen. Deswegen nochmals meine Aufforderung, dass die Metastasierung weiter abgeklärt und entsprechend behandelt wird. Sollten in den letzten zwei Jahren keine weiteren Knochenmetastasen aufgetreten sein, ist das ein sehr gutes Zeichen.
Haina : Ich fühle mich nicht schlecht, obwohl bei mir mehrere Lymphknoten in der rechten Achsel und das Knochenmark befallen sind. Kann man eine weitere Ausbreitung noch verhindern, diesen Zustand fast völliger Beschwerdefreiheit irgendwie prolongieren?
PROF. DIEL: Auch mit mehreren befallenen Lymphknoten ist die Chance auf Heilung gut, wenn die entsprechenden Therapien eingeleitet werden. Die Aussage, dass das Knochenmark befallen ist, ist für mich nicht eindeutig. Hat man dort nur Tumorzellen nachgewiesen oder sind es nachweislich Knochenmetastasen? Von der Beantwortung dieser Frage hängt die weitere Therapie ab.
Rosa : Ich nehme Femara 100 und mein Tumormarker steigt trotzdem. Zwar habe ich keine Beschwerden, aber jetzt gibt es Überlegungen auf Aromasin umzusteigen. Die zentrale Frage für mich ist, ob dadurch das Risiko für Knochenmetastasen steigen würde?
PROF. DIEL: Wenn Ihr Tumormarker signifikant ansteigt, muss man dringend die Ursache dafür abklären. Sind Knochenmetastasen vorhanden, kann man in der Tat von Femara auf Aromasin umsteigen. Des Weiteren empfehle ich den Einsatz von Denosumab zum Knochenschutz. Aber vor der Therapie muss die Diagnose stehen.
Musioli : Guten Abend, im Dezember 2012 hatte ich eine brusterhaltende OP, weil der Wächter L.-kn. Keine Metastasen zeigte. Jetzt wurden im rechten Lungenflügeln, in 3 Lymphknoten und im Brustkorb Metastasen diagnostiziert. Wie ist das möglich? Ich dachte die Feststellung eines gesunden WächterLymkn. böte Sicherheit. Die ganze Familie ist entsetzt. Warum kann man sich darauf nicht verlassen?
PROF. DIEL: Bedauerlicherweise können auch kleine Tumoren sehr aggressiv sein und unter Umgehung der Lymphwege zu Metastasen führen. Ob das bei Ihnen der Fall ist, kann ich anhand der wenigen Informationen nicht sagen. Von entscheidender Bedeutung ist, die Metastasen in der Lunge oder in den Lymphknoten 100 %ig zu beweisen. Unter Umständen würde eine Gewebsentnahme sinnvoll sein. Ist eine Metastasierung bewiesen, sollte eine systemische Therapie (Chemo- oder endokrine Therapie) erfolgen.
Niklas : Welche Art der Vermehrung steuern Krebsstammzellen, das Wachstum des Tumors oder die Verbreitung von Metastasen?
PROF. DIEL: Brustkrebsstammzellen werden derzeit als heiße Kandidaten für eine Metastasierung gehandelt. Es ist derzeit aber noch vieles offen und man hofft, durch Chemotherapie oder endokrine Therapie diese Brustkrebsstammzellen am Wachsen zu hindern. Häufig gelingt dies, in manchen Fällen aber nicht. Dann verhalten sich diese Zellen wie metastatische Zellen.
Karl : Ich bin immer für meine Frau da. Wir sind seit 35 Jahren verheiratet und führen eine sehr gute Ehe, wir stehen füreinander ein und jetzt bin ich dran, meine Frau zu stärken. Das fällt mir aber immer schwerer, weil sie so unglaublich kraftlos ist. Die Erschöpfung nimmt in einer Form zu, die ich so bei anderen Krebserkrankungen im Bekanntenkreis nicht erlebt habe. Ich habe darüber auch schon mit dem behandelnden Frauenarzt gesprochen. Aber der sagt nur, das würde zur Behandlung gehören und das gibt sich wieder. Ich kann das nicht glauben, denn es gibt doch für so viele Dinge gesonderte Hilfen. Wie kann ich meiner Frau helfen, wieder zu Kräften zu kommen?
PROF. DIEL: Diese Frage ist komplex und kann mit den wenigen Informationen, die mir vorliegen, kaum beantwortet werden. Falls Ihre Frau derzeit noch unter einer Chemo- oder antihormonellen Therapie ist, ist die Kraftlosigkeit durchaus verständlich. In diesem Fall kann man hoffen, dass nach der Therapie die Kraftlosigkeit nachlässt. Sollte derzeit keine Therapie mehr laufen, wäre es sinnvoll, wenn Ihre Frau alle möglichen Ursachen für die Kraftlosigkeit abklären lässt (z. B. auch erniedrigte Zahl von roten Blutkörperchen). Die oben genannten Therapieformen werden von den Patienten sehr unterschiedlich vertragen. So gibt es Frauen, die kaum Nebenwirkungen verspüren, andere leiden sehr. Sollten auch psychische Probleme vorhanden sein, empfehle ich die Vorstellung bei einem Psychoonkologen. Auch wenn es paradox erscheint, hilft vielen Frauen mit Erschöpfungssyndrom die regelmäßige Ausübung von Sport.
Linca : Ich muss jetzt noch 2 mal Cydophosphamit aushalten. Die Pausen sind ziemlich kurz und ich frage mich, ob es nicht mal möglich wäre länger als 14 Tage Ruhe zu haben, oder schmälert das den Erfolg der Behandlung nachhaltig?
PROF. DIEL: Wenn möglich, sollten die vorgegebenen Infusionszeiten und Dosierungen eingehalten werden. Wenn die Lebensqualität allzusehr leidet, kann man durchaus die Intervalle verlängern oder die Dosis reduzieren.
Josephine : Sehr geehrter Prof. Diel, im November 2008 hatte ich einen invasiv Tumor in den Milchgängen der linken Brust. Meine Brust konnte aber erhalten werden und nach der Entfernung brauchte ich nur Bestrahlung. War anstrengend genug! Trotzdem ist es immer bei mir im Hinterkopf. Mit ein bißchen Glück schaffe ich dieses Jahr die 5 Jahres-Hürde. Wie groß ist die Gefahr von späten Knochenmetastasen? Gerade hatte ich wieder so einen Fall in meinem Freundeskreis und dann bin ich jedes Mal voll in Alarm.
PROF. DIEL: Auch, wenn ich mich wiederhole, möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass die Heilungsrate bei ca. 85 % liegt. Wenn Sie fünf Jahre ohne Rückfall überlebt haben, ist die Chance, geheilt zu sein, sehr groß. Leider kann man keine 100 %ige Entwarnung geben.
Saki : Meine Nachbarin, 4 Kinder 6-15 Jahre, hat nach der Amputation eine Chemo bekommen, die sehr belastend war. Bei mir ist noch nicht klar, ob die Brust abgenommen werden muß, aber von Chemo ist bisher nicht die Rede. Wie passt das zueinander?
PROF. DIEL: Das hat etwas mit der unterschiedlichen Biologie der Tumore zu tun. Es kann gut sein, dass die Aggressivität der Tumoren unterschiedlich ist. Davon wird der Einsatz einer Chemotherapie abhängig gemacht.
Lina : Unsere Großmutter kämpft bereits seit gut 10 Jahren gegen Brustkrebs mit wiederkehrenden Rückfällen. Das kostet sie sehr viel Kraft und wir merken alle, dass ihre Kraft schwindet, sich dagegen aufzulehnen. Aber sie ist noch so jung, erst 73 Jahre. Das muss doch irgendwie weitergehen. Als neuestes hat sie eine Metastase im Becken und eine an der Brustwirbelsäule. Gibt es konkrete Therapien gegen Knochenmetastasen, oder sind die in der allgemeinen Behandlung gegen den Brustkrebs enthalten und haben einfach versagt?
PROF. DIEL: Wenn Ihre Großmutter Knochenmetastasen hat, dann sollte selbstverständlich die allgemeine Behandlung gegen Brustkrebs weitergehen. Andererseits sollte auch eine Bestrahlung durchgeführt werden und eine Knochenschutztherapie (z. B. mit Denosumab).
Urquidi : Meine Mutter hatte vor 7 Jahren hormonabhängigen Brustkrebs. Die linke Brust wurde abgenommen. Wir fühlten uns alle sehr sicher. Aber dann bekam sie hinter dem ehemaligen OP-Feld einen neuen Tumor, wobei ich nicht weiß, ob das ein Rückfall war oder eine Metastase. Sie erhielt Bestrahlung, obwohl wieder kein Lymphknoten befallen war. Dann fand man eine Metastase in der Wirbelsäule. Die entscheidende Frage für die Behandlung ist ja wohl, ob sie weiterhin Medikamente bekommen soll, die sie vor weiteren hormonabhängigen Tumoren schützen soll. Macht das noch Sinn?
PROF. DIEL: Bei hormonabhängigen Tumoren schöpft man typischerweise alle Möglichkeiten der antihormonellen Therapie aus. Wenn dies nicht zum Erfolg führt oder alle Möglichkeiten erschöpft sind, bleibt nur eine Chemotherapie übrig. Knochenmetastasen sollten, wie eben schon beschrieben, zusätzlich bestrahlt und mit Knochenschutzpräparaten behandelt werden.
Polar : Dass der Mensch unterschiedliche Zellen mit unterschiedlicher Bedeutung hat ist klar. Die Stammzellen spielen dabei eine wichtige Rolle. Weiß ich alles. Wie lange ist denn aber schon bekannt, dass auch Krebstumore Stammzellen haben? Kann man davon ausgehen, wenn man alle Stammzellen in einem Tumor vernichtet, dann kann er nicht mehr weiter wachsen? Was für eine unglaubliche Vorstellung.
PROF. DIEL: Zum Thema Stammzellen ist es derzeit schwer, sichere Aussagen zu treffen. Insofern möchte ich mich auch nicht auf Spekulationen einlassen. Das Ziel einer postoperativen Therapie ist es, die schon metastasierungsfähigen Zellen, ob Stammzellen oder nicht, zu vernichten. In sehr vielen Fällen gelingt das auch.
Yvuz : Wohin geht die Entwicklung bei der Behandlung von Brustkrebs gegenwärtig? Kann man eine noch präzisere Diagnostik und damit zielgerichtete Therapie mittelfristig erwarten? Wie lange, was ist in der Vorbereitung, ab wann kann man damit rechnen? Es geht mir darum, was evtl. möglich sein wird, falls meine Frau einen Rückfall bekommt.
PROF. DIEL: Derzeit gibt es bei der Primärdiagnostik auch so genannte molekulare Untersuchungen, die eine Aussage über die Gefahr eines Rückfalls zulassen. Diese Methoden sind aber noch nicht völlig ausgetestet. Wenn es zu einem Rückfall kommt, müssen entsprechend therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden, die den Krankheitsverlauf verzögern oder verhindern. Einen Rückfall kann man nicht 100 %ig verhindern. Sollte eine Metastasierung aufgetreten sein, muss neu entschieden werden.
PROF. DIEL: Ich danke Ihnen für die zahlreichen interessanten Fragen und die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde und wünsche Ihnen allen einen schönen Abend!
Ende der Sprechstunde.