Mögliche Folgen dauerhaft erhöhter LDL-Cholesterinwerte

Prof. Dr. med. Gerald Klose
Praxis für Endokrinologie Dres. I. van de Loo & K.W. Spieker
Ehem. Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Klinikum Links der Weser,
Gesundheit Nord Bremen
Innere Medizin, Gastroenterologie, Präventivmedizin
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28277 Bremen

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Schwerpunkte

•Diagnostik und Therapie von Stoffwechselrisiken für
•Herz- und Kreislauferkrankungen
•Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen, fachgebundene
•genetische Beratung
 
 
Lipid-Apherese (Klinikum Links der Weser)
 
Lipidsprechstunde
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PROTOKOLL

Mögliche Folgen dauerhaft erhöhter LDL-Cholesterinwerte

Prof. Dr. Klose: Wir beginnen um 19 Uhr.

Schleiter: Was ist der nächste Schritt bei einem Gesamtcholesterin von 380 und LDL320, Triglyceride 129? Ich habe die Werte im Internet gecheckt und bin fast in Ohnmacht gefallen. Klingt, als wenn das richtig gefährlich sein könnte?

Prof. Dr. Klose: Die Erhöhung von Gesamtcholesterin ist bei Ihnen tatsächlich sehr erheblich. Der nächste Schritt wird eine Untersuchung sein, ob Sie vom Herz-Kreislaufsystem her hoffentlich noch gesund sind, oder ob sich unglücklicherweise schon das stark erhöhte Risiko für eine Artherosklerose-bedingte Erkrankung realisiert hat. Ihr behandelnder Arzt wird Sie auf das mögliche Vorliegen von sogen. Xanthomen untersuchen. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die Kenntnisnahme von Erkrankungen in Ihrer Familie. Es klingt sehr wahrscheinlich, dass bei Angehörigen ersten Grades auch hohe Cholesterinwerte auffielen. Möglicherweise sind in der Verwandtschaft auch vorzeitige, d.h. vor dem 50. Lebensjahr, aufgetretene Herzinfarkte bekannt. Alle diese Merkmale würden die Verdachtsdiagnose einer Familiären Hypercholesterinämie stützen. Idealerweise würde man Ihnen eine genetische Diagnostik anbieten. Durch eine einfache Blutentnahme kann in einem geeigneten Labor die genetische Ursache dieser ausgeprägten Stoffwechselstörung genau geklärt werden. Ganz selten, nur zum Abschluss, kommen für so hohe Cholesterinwerte andere Erkrankungen, z.B. der Leber, der Niere oder der Schilddrüse in Frage. Diese wären Ihnen aber bekannt und Sie hätten sie in Ihrer Frage miterwähnt.

ZDiercks: Es gibt Krankheiten, die lösen zusätzliche Erkrankungen aus. Ist das bei dauerhaft zu hohem LDL-Cholesterin (280) auch so?

Prof. Dr. Klose: Ein dauerhaft erhöhtes LDL-Cholesterin ist meist Ausdruck einer angeborenen Stoffwechselstörung. Die Auswirkung einer solchen Choldesterinerhöhung hängt von ihrer Ursache ab. Hinter dem Befund der von Ihnen genannten LDL-Cholesterinerhöhung können Störungen mit unterschiedlichem Risiko stehen. Es besteht auf der einen Seite tatsächlich die Möglichkeit, dass auch ein so stark erhöhter Cholesterinwert nie zu Herz-Kreislauferkrankungen führt. Leider ist aber die Wahrscheinlichkeit grösser, dass man früher von einem Herzinfarkt betroffen ist, als eine gleichaltrige Person mit nur halb so hohem Wert. Die Unterscheidung, zu welcher Gruppe man evtl. gehört, ist Ihrem behandelnden Arzt anhand von Untersuchungen und Befragungen weitgehend möglich.

Asmussen: Wofür ist Cholesterin eigentlich gut? Irgendwie hat ja alles einen Sinn was Körperfunktionen angeht. Von Cholesterin hört man immer nur, was nicht sein darf. Ich habe noch nie irgendwo gelesen wozu das gut ist.

Prof. Dr. Klose: Cholesterin ist eine Fettsubstanz, die in unserem Körper unerlässlich ist. Cholesterin ist Bestandteil von Membranen der Körperzellen und Vorläufer wichtiger biologischer Stoffe, wie von Hormonen und Vitaminen. Unser Organismus reguliert den Cholesterinbedarf sehr streng. Zum Problem können zu starke Konzentrationen von Cholesterin im Blut werden.

Kludu: Wo setzen Statine an und wo neue Medikamente gegen hohes LDL. Da tut sich ja immer mal wieder was.

Prof. Dr. Klose: Statine hemmen das für die zelleigene Cholesterinsynthese geschwindigkeitsbestimmende Enzym. Beim Absinken von Cholesterin in der Zelle werden mehr LDL-Rezeptoren gebildet, die die Aufnahme von LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Leberzelle verstärken. Inzwischen gibt es außer den Statinen weitere Substanzen, die zu einer Vermehrung der LDL-Rezeptoren aus der Leberzelle führen und damit die Konzentration von LDL im Blut senken. Eine dieser Substanzen mit sehr starker Wirkung ist ein Antikörper gegen das Enzym, das zu einem zu schnellen Abbau der Rezeptoren führt. Die Gruppe der Antikörper mit dieser Wirkung nennt man PCSK9-Inhibitoren oder -Hemmstoffe. Sie ermöglichen LDL-Cholesterinsenkungen von mehr als 50%. Antikörper müssen jedoch gespritzt werden. Im Herbst wird eine neue Substanz erwartet, die ähnlich, aber nicht identisch wie die Statine wirkt. Ein anderer Weg, medikamentös Cholesterin zu senken, liegt in der Hemmung der Aufnahme von Cholesterin über den Darm.

Rico-da-Coste: Meine Frage wäre, ob man bei sehr hohen familiär bedingten Cholesterinwerten nach dem Motto verfährt viel hilft viel? Also hohe Medikamentengaben. Davor habe ich Angst. Ist die berechtigt, oder könnte Prof. Klose in diesem Punkt Entwarnung geben?

Prof. Dr. Klose: Mit dem Ausmaß der Cholesterinerhöhung steigt leider in der Regel die Gefahr für Herz-Kreislauferkrankungen. Dieser Gefahr wird mit der Empfehlung zu möglichst niedrigen LDL-Cholesterinwerten am besten begegnet. Die Wirkung von cholesterinsenkenden Medikamenten kann von Mensch zu Mensch deutlich variieren. Bei den erstrebenswerten, vom allgemeinen Risiko abhängigen LDL-Cholesterinzielwerten, müssen bei hohen Ausgangswerten stärkere Substanzen eingesetzt werden. Erleichternderweise ist die Verträglichkeit dieser Therapien im allgemeinen sehr gut.

GBuchain: Seit ich denken kann habe ich einen zu hohen Cholesterinwert. Als junger Erwachsener wollte man da noch nichts gegen unternehmen. Jetzt bin ich 54 und plötzlich soll alles passieren. Es ist mir aber bestens ergangen bisher. Medikamente sind ja nicht nur Therapie, sondern können auch belasten. Das will ich nicht. Möchte weitermachen, wie bisher. Ist das ein Risiko?

Prof. Dr. Klose: Es kann ein Risiko sein. Erhöhtes Cholesterin ist deswegen ein Risikofaktor und nicht automatisch eine Erkrankung, weil es mit einem frühen Herzinfarkt einhergehen kann, aber nicht muss. Leider gibt es keinen Laborparameter für die Unterscheidung einer möglichen Betroffenheit. Deshalb wird die Kontrolle erhöhter Cholesterinwerte meistens vorgeschlagen. In Ihrer Situation käme zum Risiko durch die Stoffwechselanomalie auch das Risiko zunehmenden Lebensalters. Von Bedeutung ist im Übrigen nicht nur eine eventuelle Notwendigkeit medikamentöser Massnahmen. Ein gesunder Lebensstil kann selbst ein genetisches Risiko beträchtlich verringern. Zum gesunden Lebensstil gehören Verzicht auf Zigaretten rauchen, viel Sport und eine Ernährung mit möglichst vielen Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft.

Vögelein: Was passiert biochemisch im Körper damit sich HDL und LDL messbar in gutes und schlechtes Cholesterin anreichern? Ich ernähre meine Familie und mich gut und bewege mich regelmäßig. Ich habe einen LDL-Wert von 215 ! und komme nicht davon runter, egal, was ich mache. Mann und jugendliche Kinder normal. Das wurde getestet, weil unser Hausarzt eine familiäre Disposition erwartet hatte. Statine bekommen mir nicht gut. Was ist zu tun? Momentan macht mich das mehr krank im Kopf, als im Körper.

Prof. Dr. Klose: Die Konzentration von HDL und LDL hängt im Wesentlichen von genetischen Faktoren ab. Äußere Umstände wie Sport und eine gesunde Ernährung können die jeweiligen Konzentrationen günstig beeinflussen. Bestimmte genetische Ursachen für erhöhte LDL-Werte, wie bei Ihnen, können jedoch leider zu geringen Einflussmöglichkeiten des Lebensstils führen. Im Prinzip ist es sinnvoll, dann Medikamente zur Vorbeugung vorzeitig auftretender Herz-Kreislauferkrankungen einzunehmen. Zur Dringlichkeit einer solchen medikamentösen Therapie kann die Kenntnis des familiären Risikos beitragen. Wenn beispielweise bei Verwandten ersten Grades auch höhere LDL-Werte erkannt wurden, und diese bis ins höhere Lebensalter von Herz-Kreislauferkrankungen verschont blieben, kann dies Ihnen Mut machen, auch ohne starke Cholesterinsenkung in nicht zu großer Gefahr zu sein. Wenn allerdings bei Verwandten höhere Cholesterinkonzentrationen und vorzeitige Herz-Kreislauferkrankungen auftraten, ist eine medikamentöse Verbesserung Ihres LDL-Wertes dringlicher.

Liane_Sullig: Mit Statinen habe ich (58 Jahre) vor 3 Jahren angefangen. Bei gleichbleibender Lebensführung steigen jetzt die Werte wieder, besonders das LDL (180). Entweder haben die Statine ihre Wirkung verloren, oder bei mir hat sich was verändert. Gibt es das? Was ist der nächste Schritt? Irgendwie muss das ja wieder unter Kontrolle bevor weitere Krankheiten ausgelöst werden. Davor habe ich nämlich Angst.

Prof. Dr. Klose: Die Wirkung von Statinen schwächt sich im Allgemeinen über die Zeit meist nur geringfügig ab. Auf der anderen Seite geht das zunehmende Lebensalter mit steigenden Cholesterinwerten einher. Vielleicht ist es für Sie möglich, das bis jetzt eingenommene Statin einmal von Ihrem Hausarzt zu Gunsten der Gruppe der stärkeren Statine zu wechseln. Weiterhin kommt in Frage, das Statin mit einem anderen Wirkstoff zu kombinieren, z.B. einem Cholesterin-Resorptionshemmer.

Gürkan_Bal: Ab wann spricht man von einer Fettstoffwechselstörung?

Prof. Dr. Klose: Von einer Fettstoffwechselstörung spricht man bei einer Erhöhung oder Erniedrigung der Lipoprotein-Konzentrationen im Plasma. Die Überschreitung oder Erniedrigung wird an der Abweichung von den Durchschnittswerten in einer gesunden Bevölkerung festgemacht.

Beeth: Stimmt es, dass man mit Sport das gesunde Cholesterin erhöhen kann? Ich muss ehrlich sagen, mit all diesen Tipps, wollte ich sie einhalten, hätte ich keine Zeit mehr zu arbeiten und meine Familie zu versorgen. Das ist alles zu viel! Wie komme ich aus diesem Dilemma heraus?

Prof. Dr. Klose: Es stimmt, dass Sport das gesunde Cholesterin erhöht, wenn Sie das HDL-Cholesterin meinen. Die empfohlene körperliche Aktivität von vielleicht insgesamt 3 Stunden in der Woche, lässt sich meistens neben der Versorgung der Familie und der beruflichen Aktivität realisieren. Manchmal kann es helfen, wenn man so eine gesündere Lebensweise in Gemeinschaften mit Familienmitgliedern oder Freunden umsetzt.

Linda: So lange ich denken kann, hatte meine Oma so kleine Knötchen an den Augenliedern. Das gehörte irgendwie zu ihr. Meine Mutter hatte die auch von 50 aufwärts. Sie hat sich die Dinger beim Augenarzt wegmachen lassen. Kamen aber immer wieder. Jetzt habe ich die auch mit 45 Jahren und erfahre, dass das ein Hinweis auf einen gestörten Cholesterinstoffwechsel ist. Hat man offenbar früher nicht gewusst. Ich lass mir die auch entfernen, aber was muss ich machen, damit diese Knötchen nicht wiederkommen?

Prof. Dr. Klose: Bei den von Ihnen so interessant beschriebenen Veränderungen handelt es sich wahrscheinlich um sogen. Xanthelasmen. Diese Veränderungen kommen tatsächlich auch nach operativer Entfernung wieder, wenn man nichts gegen das häufig zugrunde liegende erhöhte Cholesterin tut. Xanthelasmen können aber auch bei normalem Cholesterin vorliegen. In ganz seltenen Fällen kann dann eine Erhöhung pflanzlicher Moleküle im Blut die Ursache sein. Falls Sie kein erhöhtes Cholesterin haben, das man natürlich senken sollte, könnten Sie Ihren Hausarzt fragen, ob er einmal die Bestimmung von sogen. Sitosterol veranlasst.

Clara: Ich habe gelesen, es gibt Medikamente, die greifen bei der Leber in den Fettstoffwechsel regulierend ein. Ist das ein schwerer Eingriff? Wie verkraftet das der Körper im Gesamtzusammenhang?

Prof. Dr. Klose: Ihre Information, dass die cholesterinsenkenden Medikamente in der Leber wirken, ist zutreffend. Bei der Entwicklung von Medikamenten wird von Anfang an sehr genau die Sicherheit und die Verträglichkeit kontrolliert. Bei den am häufigsten verordneten cholesterinsenkenden Wirkstoffen, den Statinen, liegt die Hauptwirkung in der Leber. Da tatsächlich in Einzelfällen eine Erhöhung von Leberenzymen beobachtet wurde, hat man dies für eine kontrollbedürftige Unverträglichkeit gehalten. Inzwischen weiß man aber, dass diese Wirkstoffe bei vorbestehenden Leberveränderungen keinesfalls zusätzlich schaden, sondern sogar von Vorteil sein können.

Alex-Busche: Gibt es einheitliche Richtlinien ab wann Werte zu hoch sind, oder sind die immer individuell zu bewerten im Verhältnis zu anderen Laborwerten, wie Blut, Nieren, Leber usw.?

Prof. Dr. Klose: Es gibt Grenzwerte, deren Überschreitung als pathologisch aufgefasst werden. Sie haben aber mit Ihrer Vorstellung der individuellen Bewertung sehr Recht. Weiterhin stehen solche Abweichungen gelegentlich tatsächlich in Beziehung zu Funktionsstörungen der Niere oder der Leber. Die heutigen Empfehlungen zur Vorbeugung von Herz-Kreislauferkrankungen durch cholesterinsenkende Maßnahmen orientieren sich an bestimmten Zielwerten für LDL-Cholesterin, nicht am Überschreiten von statistisch definierten Grenzwerten. Diese Zielwerte hängen vom individuellen Risiko einer Person ab. Hierzu gehört, ob bereits eine Herz-Kreislauferkrankung oder ein Diabetes mellitus vorliegt, oder ob noch weitere Risikofaktoren wie hoher Blutdruck vorhanden sind.

Henny: Mein Mann isst gern und regelmäßig (immer wenn es geht) Innereien, die leider schädlich sein sollen, weil sie zu hohem Cholesterin führen. Hat er aber nicht! In meinem ganzen Leben habe ich so etwas noch nicht gegessen und werde das auch nie tun. Trotzdem plage ich mich mit zu hohem LDL-Cholesterin herum und einem Gesamtcholesterin von 245. Was taugen diese ganzen Regeln und Wohlverhalten, wenn das Ergebnis am Ende trotzdem unbefriedigend und in unserem speziellen Fall auch noch „umgekehrt ungerecht“ ist?

Prof. Dr. Klose: Ihre Beobachtung bringt zum Ausdruck, dass Anlagen unsere Erscheinung und unsere Funktionen wesentlich bestimmen. Die Wirkung von Innereien auf die Höhe des Cholesterinspiegels ist tatsächlich häufig ungünstig, kann aber auch ausbleiben. Ihr Mann hat diesbezüglich halt Glück. Bei der Bewertung der von Ihnen geschilderten Blutfettwerte müssen Ihre gesamten Gesundheitsdaten berücksichtigt werden. Eine Gesamtcholesterinerhöhung von 245mg/dl muss nicht problematisch sein, wenn keine weiteren Risiken bestehen.

Rocky: So viele Salate kann ich nicht essen, damit sich das gesunde Ölivenöl bei mir körperlich auswirkt. Gehen Verbraucher nicht pausenlos irgendwelchen Trends auf den Leim? Was hilft gegen zu hohes LDL wirklich?

Prof. Dr. Klose: Irgendwelche Trends können tatsächlich irreführend sein. Grundsätzlich ist eine Ernährung mit Lebensmitteln überwiegend pflanzlichen Ursprungs gesünder, als eine Ernährung mit vielen tierischen Fetten. Olivenöl hat in manchen Studien noch einen besonderen Effekt in der Senkung des Risikos für Herz-Kreislauferkrankungen gezeigt. Zu den Ernährungsempfehlungen gehört daher heute eine mediterrane Ausrichtung des Essens.

Orion: Meine LDL-Werte sind am Steigen. Mit den Steoriden ist das so eine Sache. Bekommt mir nicht und wirkt nicht gut bei mir. Deshalb soll ich auf einen ACL-Hemmer umsteigen. Davon hatte ich vorher noch nicht gehört. Soll noch neu sein, das macht mich jetzt unsicher. Empfiehlt Prof. Klose eine solche Therapie?

Prof. Dr. Klose: Steroide ist sicher ein Schreibfehler, und Sie meinen Statine. Was sie mit ACL-Hemmer meinen, ist mir nicht ganz klar. Es gibt ACE-Hemmer zur Senkung des erhöhten Blutdrucks. Diese haben jedoch keine Wirkung im Fettstoffwechsel. Ich empfehle Ihnen eine Therapie, die Ihrem allgemeinen Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen entspricht. Das Risiko setzt sich zusammen aus Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer artherosklerosebedingten Erkrankung, Lebensalter, Lebensgewohnheiten und weiteren Risikofaktoren.

Erhard69: Hier ist ausschließlich die Rede von zu hohen Werten. Ich frage mich, ob es auch zu niedrige gibt. Angeblich habe ich das. Ist das evtl. ein Laborfehler oder gibt es das wirklich mit welchen Konsequenzen?

Prof. Dr. Klose: Niedrige Cholesterinwerte können Folge von Erkrankungen sein, wie z.B. chronischen Entzündungen im Magen-Darmtrakt. Niedrige Cholesterinwerte können auch genetische Ursachen haben und sind meist vollkommen ungefährlich. Die Bedeutung muss im Einzelfall genau abgeklärt werden. Wenn Sie insgesamt gesund sind, ist die Wahrscheinlichkeit einer gefährlichen Störung sicher niedrig. Ihr Hausarzt könnte prüfen, ob ein bei Ihnen sehr niedriger Wert, das ist LDL-Cholesterin unter 50mg/dl, mit Veränderungen der Leberfunktion einhergeht.

Feuerhake: Gibt es Lebensmittel, die LDL linear-direkt senken?

Prof. Dr. Klose: Einzelne Lebensmittel mit dieser Wirkung sind mir nicht bekannt. Eine grundsätzlich vegetarische Ernährung geht mit niedrigeren LDL-Werten einher. Ihre schöne Frage, ob dies linear möglich ist, lässt sich nicht positiv beantworten. Wenn ich Sie richtig verstehe, müsste dann ja die doppelte Menge vegetarischer Kost, zu einer doppelten LDL-Senkung führen. Dies ist aber sicher nicht der Fall. Im Gegenteil könnte man bei der Erhöhung in einen hyperkalorischen Bereich kommen, der zu Gewichtszunahme führt und wieder ungünstige Fettwerte mit sich bringt.

Leila_Soberza: In den Niederlanden gibt es ein Screening und bei jungen Menschen mit einem LDL von 190 mg-dl muss die komplette Familie zum Test. Wäre das auch denkbar bei uns – ohne Freiwilligkeit? Ich stehe unter dem Eindruck, dass die Vorsorge-„Angebote“ der Kassen bei uns nur unzureichend angenommen werden. Dann macht das alles keinen Sinn und wir laufen sehenden Auges in immer größere gesundheitliche Probleme, trotz bester medizinischer Möglichkeiten. Warum handelt keiner? Verblöden wir gerade als Gesellschaft?

Prof. Dr. Klose: Das Untersuchungsprogramm in den Niederlanden auf das Vorliegen einer familiären Hypercholsterinämie ist sehr positiv. Damit ist in den Niederlanden eine bessere und frühzeitigere Behandlung gelungen, die viele Betroffene vor dem vorzeitigen Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen bewahrt hat. In Deutschland ist ein Register angelegt worden, in das Ärzte ihre Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten bei deren Einverständnis einschließen können. Dieses Register heisst CareHigh. Von diesem Register werden Daten erhofft, die man als Empfehlungen zur Verbesserung der Gesundheit in dieser Risikokonstellation zugrunde legen kann. Selbstverständlich bin ich für Freiwilligkeit.

Mällner: Bisher habe ich Atorvastatin 40mg genommen. Wirkt jetzt aber nicht mehr so richtig. Gibt es sowas, dass der Effekt nachlässt? Eine Erhöhung der Dosis auf 80mg soll ich nicht machen, sondern weg von den Statinen, hin zu etwas, das anders wirkt. Bin überhaupt nicht scharf auf eine Umstellung. Was spricht gegen die Erhöhung auf 80mg?

Prof. Dr. Klose: Das Nachlassen einer Statinwirkung, also Atorvastatin 40mg, ist meist nicht sehr ausgeprägt. Eine Dosiserhöhung auf 80mg wird in internationalen Leitlinien bei einem von der Cholesterinerhöhung ausgehenden Risiko mitempfohlen. Die Verdoppelung der Atorvastatindosis bringt aber leider keine Verdoppelung der Wirkung, sondern nur eine Zunahme der Senkung um etwa 6%. Deshalb ist der offensichtliche Rat, einen anderen Wirkstoff einzusetzen oder zusätzlich zu geben, gut begründet. Gegen die Erhöhung auf 80mg spricht die relative geringe Zunahme der Wirkung, aber eine Erhöhung des Risikos für unerwünschte Wirkungen, z.B. von Muskelschmerzen. 



Ende der Sprechstunde.