Tag des Cholesterins: Wie hängen hohe LDL-C Werte und Schlaganfälle zusammen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose 
Praxis für Endokrinologie Dres. I. van de Loo & K.W. Spieker
Ehem. Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Klinikum Links der Weser, 
Gesundheit Nord Bremen
Innere Medizin, Gastroenterologie, Präventivmedizin
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•Diagnostik und Therapie von Stoffwechselrisiken für 
•Herz- und Kreislauferkrankungen
•Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen, fachgebundene 
•genetische Beratung
 
 
Lipid-Apherese (Klinikum Links der Weser)
 
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PROTOKOLL

Tag des Cholesterins: Wie hängen hohe LDL-C Werte und Schlaganfälle zusammen?

Ossiach: Gehört ein zu hohes LDL – liegt zwischen 240-310 – zur Gruppe der Stoffwechselstörungen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: LDL-Cholesterinkonzentrationen zwischen 240-310mg/dl sind Ausdruck einer Störung im Lipidstoffwechsel. Ab 190 mg/dl kann für Ärzte eine Art rote Flagge zu sehen sein, die Anlaß zur diagnostischen Abklärung einer primären, d.h. genetischen Fettstoffwechselstörung sein kann. Es kann sich dann bei der LDL Cholesterinerhöhung um den charakteristischen Befund einer Familiären Hypercholesterinämie handeln. Die Ärzte unterscheiden bei derartigen LDL Cholesterinerhöhungen aber auch Erkrankungen, die zu solchen Abweichungen führen, ohne dass das Ausdruck einer primären Stoffwechselerkrankung ist. Solche Erkrankungen können Lebererkrankungen sein, oder Nierenerkrankungen, oder eine Unterfunktion der Schilddrüse.

JoJo: Es tut mir leid, den Experten mit so einer schlichten Frage zu nerven, aber kann die Ursache von Kopfschmerzen vorn in der Stirn auf zu viel Cholesterin im Blut zurückzuführen sein. Z.B. weil das Blut nicht genug fließen kann?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Leider kann mit dem Hinweis auf eine mögliche Cholesterinstoffwechselstörung das Symptom der Kopfschmerzen nicht erklärt werden. Cholesterinveränderungen im Serum verändern die Flußgeschwindigkeit des Blutes nicht, sondern können krankheitserzeugend durch Ablagerungen in der Gefäßwand sein.

Hektor: Stimmt es, dass eine familiäre Hypercholesterinämie Wegbereiter für Herzinfarkt und/oder Schlaganfall ist? Wie kann oder soll ich das verhindern?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Tatsächlich ist eine familiäre Hypercholesterinämie ein sehr bedeutsamer Wegbereiter für den Herzinfarkt, etwas weniger für einen Schlaganfall. Bei Betroffenheit von einer familiären Hypercholesterinämie sollten unbedingt Maßnahmen zur Senkung des erhöhten LDL Cholesterins angewandt werden. An erster Stelle steht eine gesunde Lebensweise mit dem Vermeiden noch weiterer Risiken wie z.B. dem Zigarettenrauchen. Ebenso erhöht ein unbehandelter Bluthochdruck oder auch ein Diabetes mellitus das Gefäßrisiko durch eine familiäre Hypercholesterinämie noch einmal. Meistens reicht eine gesunde Ernährung nicht ganz aus, um die heute empfohlenen Zielwerte für LDL-Cholesterin bei dieser Stoffwechselstörung zu erreichen. Bei der medikamentösen Therapie stehen die Statine an erster Stelle.

Formann: Gehen zu hoher Blutdruck und zu hohes Cholesterin Hand in Hand?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Nein, hoher Blutdruck und zu hohes Cholesterin treten unabhängig voneinander auf. Ihr gemeinsames Vorkommen beruht auf der Häufigkeit beider Abweichungen.

Frank_Schandelle: Es wird immer so viel von HDL und vor allem dem schädlichen LDL gesprochen. Das habe ich inzwischen verstanden. Aber welche Rolle spielen Triglyceride? Gibt es da auch eine schlechte Vererbungstendenz?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Ihre Frage berührt einen immer noch nur zum Teil verstandenen Aspekt der Lipidstoffwechselstörungen. Triglyceriderhöhungen sind viel häufiger als Cholesterinerhöhungen durch eine ungünstige Lebensweise bedingt. Zu dieser gehört beispielsweise das Zulassen von Übergewicht, oder zu viel und zu häufig Alkohol. Es gibt aber auch ausschließlich genetisch bedingte Triglyceriderhöhungen, also eine schlechte Vererbungstendenz. In vielen Fällen sind erheblich erhöhte Triglyceridwerte Ausdruck einer Kombination eines ungesunden Lebensstils und ungünstiger Genetik. Als ideal gelten Triglyceridwerte unter 150mg/dl. Bis zu Abweichungen um etwa 300mg/dl wird im Allgemeinen zu einem gesünderen Lebensstil geraten und noch nicht medikamentös behandelt. Bei sehr starken Triglyceriderhöhungen, z.B. über 800mg/dl werden die behandlenden Ärzte auf Begleiterkrankungen und Möglichkeiten genetischer Abweichungen achten. In vergleichsweise sehr seltenen Fällen können mit extremen Triglyceriderhöhungen Bauchspeicheldrüsenentzündungen vorkommen.

Prora: Woran liegt es, dass einige Menschen Statine vertragen und andere nicht? Ich gehöre auch dazu. Was sind die Alternativen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Ursachen für eine Statinunverträglichkeit können viefältig sein. Offenbar liegt eine Unverträglichkeit auch bei Ihnen vor. Die häufigste Unverträglichkeit ist eine Art Muskelkater. Sie wird mit einer Häufigkeit von etwa 5-8% angegeben. Bei einigen Betroffenen können bestimmte genetische Abweichungen bestehen, die die Unverträglichkeit erklären. Gelegentlich führen auch gleichzeitig verordnete Medikamente zu einer Erhöhung der Statinkonzentration im Blut und erklären so das Auftreten von Muskelbeschwerden. Nicht ganz unbedeutend ist die Möglichkeit eines sogen. Nocebo-Effektes. Darunter versteht man die Annahme einer Auslösung von Muskelbeschwerden durch die Kenntnis dieser unerwünschten Wirkung. Die Alternativen hängen davon ab, ob auch bei niedriger Dosis Muskelbeschwerden auftreten. Die Alternativen reichen je nach erforderlicher Intensität der LDL-Cholesterinsenkung von dem Einsatz von Nichtstatinen, wie z.B. dem Cholesterin-Resorptionshemmer Ezetenib bis zu den neuen Antikörpern gegen PCSK9.

Knabe: Wenn die Blutfette so viel Unheil anrichten und Auslöser für große Erkrankungen sein können, wofür sind die dann gut?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Fette im Blut, nämlich in erster Linie Triglyceride und Cholesterin, werden zum Ort ihres Bedarfs im Körper transportiert. Die Triglyceride gelangen z.B. in das Fettgewebe, oder sie sind ein wichtiger Energielieferant. Cholesterin wird überall als Bestandteil von Zellmembranen benötigt und ist Vorstufe für Hormone und bestimmte Vitamine.

Mahler62: Ich hatte schon mal eine sogen. TIA. Das hat mir viel Angst gemacht. Seither nehme ich unterschiedliche Medikamente gegen Bluthochdruck etc. und soll auch ganz dringend meine Cholesterinwerte ins Lot bringen. Gegenwärtig ist das LDL noch bei 210. Wenn es gelingt, dieses schlechte Cholesterin auf 150 runterzukriegen, reduziert sich damit das Schlaganfallrisiko entsprechend?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Der Stellenwert der starken LDL-Cholesterinerhöhung bei Ihnen für die Entstehung der TIA hängt davon ab, ob diese Durchblutungsstörung durch Atherosklerose in den zum Hirn führenden Arterien ausgelöst wurde, oder das Ergebnis einer Embolie z.B. bei Vorhofflimmern ist. Im letzteren Fall würde das Cholesterin keine große Rolle spielen. Die LDL-Cholesterinerhöhung bei Ihnen könnte aber sehr wohl eine Atherosklerose der Halsschlagader verursacht haben und eine Senkung ist von ganz großer Bedeutung. Leider ist die Senkung auf 150mg/dl noch viel zu wenig. Optimal wäre eine Senkung auf deutlich unter 100mg/dl.

Milli: Während der Schwangerschaft stiegen meine Blutfette plötzlich an. Hatte ich vorher nie. Es bestand die Perspektive, dass sich alles wieder normalisiert. Aber 3 Monate nach der Geburt habe ich immer noch stark erhöhtes LDL, liegt um die 290. Wie lange kann ich noch auf eine normale Regulierung hoffen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Um den LDL-Cholesterinwert bei Ihnen ganz genau bewerten zu können, muss Ihr behandelnder Arzt auch ermitteln, ob gleichzeitig eine Triglyceriderhöhung vorliegt, oder wie hoch das HDL-Cholesterin ist. 290mg/dl isoliert ist tatsächlich eine starke Erhöhung. Diese hat mit der Schwangerschaft nichts mehr zu tun, sondern sollte Anlaß dazu geben, eine familiäre Hypercholesterinämie festzustellen oder auszuschließen. Erhebliche Lipidverschiebungen in der Schwangerschaft betreffen im Übrigen meistens die Triglyceride. Deshalb der Rat zu einer genauen Abklärung.

Holle: Seit ich denken kann, lasse ich meinen Cholesterinspiegel regelmäßig überprüfen, weil alle meine älteren Verwandten damit zu tun haben und ihre Cholesterinwerte auch kontrollieren. Ich gehe davon aus, dass ich zu den Gewinnern gehören werde, weil sich in der Forschung ja immer wieder etwas tut. Mit 44J. hatte ich ein Gesamtcholesterin von 285, davon LDL 195, bevor ich mit Statinen angefangen habe. Damit geht es mal besser mal schlechter. Sicherlich wäre eine vernünftige Dauereinstellung wünschenswert. Wozu rät der Prof. Klose?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Ihre LDL-Cholesterinerhöhung auf 195mg/dl und die familiäre Manifestation der Veränderungen lässt klassisch an eine familiäre Hypercholesterinämie denken. Tatsächlich ist eine Statinbehandlung für eine slche Abweichung in den Leitlinien zur Behandlung festgelegt. Entsprechend rate ich auch zu dieser Maßnahme, wobei ein gesunders Lebensstil vielleicht eine vergleichsweise niedrige Dosis zulässt.

Mattes_Behrendt: Wie schnell wirken CSE-Hemmer in Zusammenhang mit zu hohen Cholesterinwerten und senken das LDL?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: CSE-Hemmer oder Statine führen nach wenigen Tagen zu einer LDL-Cholesterinsenkung. Der volle Effekt liegt meist schon nach einer Woche vor.

Janina-Mumberg: Fange neu mit CSE-Hemmern an. Bin 43 Jahre und weiblich. In unserer Familie ist Hypercholesterinämie. Wie steigern sich die Medikamente und wie schnell geht das bei meinen Vorbelastungen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die von Ihnen beschriebene Situation kann Ausdruck der Betroffenheit von einer familiären Hypercholesterinämie sein. Im engen Sinn wäre das Ausdruck einer Veränderung, die bei Ihnen und den Familienangehörigen durch eine Genmutation ausgelöst ist. Meistens spielen aber Veränderungen mehrerer Gene eine ursächliche Rolle. Cholesterinsenkende Medikamente senken das mit der Cholesterinerhöhung verbundene Risiko für Atherosklerose, in erster Linie einen Herzinfarkt. Die Wirkung der Medikamente bleibt für die Dauer der Anwendung weitgehend gleich. Die Dosis muss im Verlauf deshalb meist nicht gesteigert werden.

Cloe: Ich habe eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (trinke keinen Alkohol!). Mein Hausarzt bringt das mit meinen hohen LDL Wert von 245 in Verbindung. Er hat mir den Zusammenhang versucht zu erklären, aber ich habe es nicht wirklich verstanden. Könnte Prof. Klose diesen möglichen Zusammenhang verständlich erklären? Vielen Dank für Ihre Mühe.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Der Zusammenhang einer Bauchspeicheldrüsenentzündung mit einem hohen LDL-Wert kommt im Prinzip nur dann in Frage, wenn neben der LDL-Erhöhung auch eine erhebliche Vermehrung der Triglyceride vorlag. LDL-Cholesterin allein führt nicht zu einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Als ursächlich für die Auslösung einer Bauspeicheldrüsenentzündung durch erhöhte Triglyceride werden Abbauprodukte der Triglyceride in Betracht gezogen.

Bärbel K.: Bin Vegetarierin, kaum Alkohol, keine Zigaretten. Dennoch habe ich deutlich sichtbare Cholesterinablagerungen im Auge, Tendenz der letzten 3 Jahre steigend. Sieht man durch bildgebendes Verfahren, ich glaube ein Augen-CT. Was mache ich falsch?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Ihre Beschreibung lässt daran denken, dass es sich bei den Cholesterinablagerungen im Auge um Xanthelasmen handelt. Diese Veränderung kommt oft durch stark erhöhtes Cholesterin im Blut zustande. In sehr seltenen Fällen kann aber auch eine höhere Konzentration pflanzlicher Sterine im Blut für eine solche Entwicklung verantwortlich sein. Die Tatsache, dass Sie vegetarisch leben, ist im Prinzip durch die niedrigeren Cholesterinwerte schon einmal sinnvoll. Wenig Alkohol ist natürlich auch gesund, hätte aber für die Veränderung bei Ihnen ohnehin keine ursächliche Rolle. Ebenso sollten Sie natürlich bei dem Verzicht auf Zigaretten bleiben. Die Rückbildung der Xanthelasmen ist durch langanhaltende und intensive Therapie der evtl. auslösenden Stoffwechselstörungen möglich. Es gibt aber auch Fälle, in denen keine Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Ruth.Ladiges: Anfang des Jahres war ich zum Schallen der aufsteigenden Halsarterien. Da wurden Ablagerungen festgestellt. Ich bin 64 Jahre und denke, das ist weitgehend normal. Mein Cholesterin war bisher nicht so schlecht (Gesamt239/LDL170) ist aber seit Anfang des Jahres gestiegen. Deshalb soll ich jetzt Medikamente bekommen, nicht zuletzt wegen der Ablagerungen. Ich bin nicht scharf darauf. Gibt es einen anderen Weg?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Leider geht eine Veränderung der Halsschlagadern mit dem Alter einher und ist insofern, wie Sie annehmen, normal. Dennoch ist die Veränderung nicht wünschenswert, weil die Ablagerungen zunehmen können und für die Entwicklung eines Schlaganfalls verantwortlich sein können. Deshalb empfehlen die Leitlinien, an die sich die Ärzte halten, eine Vorbeugung gegen eine weitere Zunahme der Veränderungen in Form in einer Cholesterinsenkung. Eine Beeinflussung des Cholesterins ist die wichtigste Maßnahme gegen atherosklerosebedingte Veränderungen.

Inge: Medikamente oder Ernährungsumstellung, was ist sinnvoll bei zu hohen Triglyceriden?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Im Prinzip ist eine Umstellung der Ernährung immer der beste Beginn bei der Behandlung erhöhter Triglyceride. Die Art der Ernährungsumstellung hängt von Ausmaß und Ursache der Triglyceriderhöhung ab. Nicht selten gehört eine mehr oder minder mäßige Triglyceriderhöhung zu der Erscheinung eines sogen. metabolischen Syndroms. Diese Konstellation ergibt sich aus dem Zusammentreffen von Übergewicht, Bluthochdruck, gestörter Glukosetoleranz und eben erhöhten Triglyceriden. Mit dem Erreichen eines Normalgewichtes sind in vielen Fällen alle Abweichungen wieder normalisiert. Medikamente können in Frage kommen, wenn beispielsweise Durchblutungsstörungen schon vorliegen und die Triglyceriderhöhung erheblich ist, d.h. über etwa 300 - 400mg/dl.

PeterBäcker: Mein Gesamtcholesterin ist mit 215 und angemessener Aufteilung akzeptabel (155/60). Aber wie kommt es, dass die Triglyceride auch kurz über 200 sind. Müssten die nicht in Relation zum Cholesterin sein? Was macht man gegen zu hohe Trigl.? Kann man da überhaupt etwas gegen machen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Unterschiedliche Ursachen führen zu einer Veränderung von Cholesterin oder Triglyceriden im Blut. Ihre Triglyceriderhöhung ist verhältnismäßig diskret. Ob man außer einem gesunden Lebensstil Maßnahmen ergreift, hängt von Ihrer sonstigen Gesundheit ab. Wenn Sie hoffentlich noch nicht von Atherosklerose betroffen sind, brauchen Sie sich um die Veränderung der Triglyceride keine größeren Sorgen zu machen.

Annika_Scharping: Bisher kannte ich es so, dass das Gesamtcholesterin allgemein um die 200 sein sollte. Mein Arzt will aber mein persönliches Risiko bestimmen nach Rauchen, Alkohol und Lifestyle und dann die Höhe des HDL/LDL festlegen und darauf soll ich dann eingestellt werden. Ist das der normale Weg? Bin gegenwärtig bei Gesamtchol. 255.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Für wünschenswerte Cholesterin- bzw. LDL-cholesterinwerte werden heute in Abhängigkeit vom Gesamtrisiko bestimmte Ziele vorgeschlagen. Einen Cholesterinnormalwert oder einen Cholesteringrenzwert unabhängig vom Gesamtrisiko gibt man nicht mehr an. Das Verhältnis von HDL zu LDL wird auch nicht mehr allgemein berücksichtigt. Heute richtet sich der Vorschlag für einen zu erreichenden Cholesterinwert danach, ob man beispielsweise schon von einem Herzinfarkt betroffen war, oder noch keine Komplitationen von Atherosklerose hat. Im ersten Fall gilt heute ein LDL-Cholesterinzielwert von unter 100mg/dl, oder manchmal sogar von unter 70mg/dl. Wenn keine Atherosklerose-Erscheinungen vorliegen, kann der Zielwert zwischen 130-160mg/dl ausreichen.

M_Jenquel: Ich weiß inzwischen, dass die eigene Produktion des Cholesterins viel entscheidender ist, als das, was man über die Ernährung zu sich nimmt. Wie groß sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen was die Höhe der eigenen Cholesterin-Produktion angeht? Wo setzen Medikamente an?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Tatsächlich ist die Möglichkeit, die Cholesterinkonzentration über die Ernährung zu beeeinflussen, recht begrenzt. Das Ausmaß der Unterschiede bei einzelnen Menschen ist variabel. Die Medikamente, z.B. Statine oder Cholesterin-Resorptionshemmer, wirken letztlich über eine Verbesserung des Abbaus von LDL-Cholesterin.

Klann: Also bei uns hat es immer wieder Schlaganfälle gegeben. Ich habe schon mit Anfang 30 einen viel zu hohen Cholesterinwert gehabt. Unser Hausarzt nennt das eine familiäre Hypercholesterinämie, was für ein Wort! Er kontrolliert regelmäßig meine Werte, damit sie nicht noch höher steigen. Bin gegenwärtig um und bei 280/Gesamt (knapp 200 LDL). Je älter ich werde, jetzt 47 – desto mehr Sorgen mache ich mir. Welche Art Medikamente wären eine Lösung? Möchte das eigentlich eher vermeiden.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Dass Sie die Erhöhung von LDL-Cholerterinämie kritisch verfolgen, und dass Ihr Hausarzt Sie mit der Empfehlung von Maßnahmen unterstützt, ist sehr sinnvoll. Die Zuordnung familiäre Hypercholesterinämie bezieht sich auf die Annahme bestimmter genetischer Veränderungen, die im Prinzip zu Abbaustörungen von LDL-Cholesterin führen. Erstaunlich ist, und das hoffe ich auch für Sie, dass die Höhe des LDL-Cholesterins nicht automatisch eine Riskikoerhöhung im individuellen Fall bedeutet. Leider lässt sich aber noch durch keinen Test feststellen, ob sich im Einzelfall das erhöhte Risiko auch realisiert. Deshalb bleibt nichts anderes übrig, als sich um eine Senkung des LDL-Cholesterins bei einer solchen Stoffwechselstörung zu bemühen. Hierzu sind die Statine sehr geeignet. Sie sind auch in über 90% der Fälle sehr gut verträglich und sicher.

Fjolka: Warum ist LDL gefährlicher, als das HDL?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die LDL sind die Transportform für Cholesterin zu den verschiedenen Geweben im Körper. HDL sind die Transportform für Cholesterin aus der Körperperipherie zurück zur Leber. Eine starke Erhöhung von LDL-Cholesterin geht mit einem erhöhten Atheroskleroserisiko einher. Dagegen ergibt sich ein erhöhtes Atheroskleroserisiko bei niedrigem HDL-Cholesterin. Dennoch hat sich eine therapeutische Erhöhung von HDL-Cholesterin leider nicht als nützlich erwiesen. Es kommt wahrscheinlich nicht auf die Höhe von HDL-Cholesterin an, sondern auf die Funktion der HDL. Insofern ist niedriges HDL-Cholesterin kein eigenständiger Risikofaktor, sondern lediglich ein Risikomarker. In den letzten Jahren führt man dies auf die bisher möglicherweise unterschätzte Rolle gleichzeitig erhöhter Triglyceride zurück.

Lotus: Warum haben so viele Menschen schlechte Cholesterinwerte was zu all den Folgeerkrankungen führt? Mir scheint unser ganzes Nahrungsmittelsystem ist krank! Wo kann man ansetzen, um es zu verändern? Sehr geehrter Herr Prof. Klose, bitte sagen Sie nicht, dass ich politisch aktiv werden soll. Nicht mein Weg.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Es gibt verschiedene Organisationen, die sich mit Gesundheitsfragen und der Nahrungsmittelindustrie kritisch auseinandersetzen. Einen sehr sachlichen Stellenwert hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Sie schlägt vor, welche Ernährung der Gesundheit besonders zuträglich ist. Es wird auch angemahnt, dass die Nahrungsmittelindustrie ungünstige Zubereitungen vermeidet. In letzter Zeit ist besonders ein zu hoher Zuckeranteil in zahlreichen Lebensmitteln problematisiert worden. Eine Forderung ist seit langem, Nahrungsmittel mit einer einer Art Ampelsystem auszuzeichnen, wo grün günstig und rot schädlich bedeutet. Leider ist die Umsetzung offenbar für die Nahrungsmittelindustrie schwierig.



Ende der Sprechstunde.