Frauen und Sexualität - was tun wenn die Lust nachlässt?

Dr. med. Kirstin Golombeck
Fachärztin Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktion
Ärztekammer Niedersachsen
Rundestr. 10
30161 Hannover

Tel.: 0511 21 55 58 2000
Fax: 0511 21 55 58 2119
 
www.endokrinologikum.com

Schwerpunkte

• Psychotherapie, Pränataldiagnostik DEGUM II
• Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin
• Hormonsprechstunde
• Expertenkreis Sexuelle Gesundheit der Frau (ESEG)
• Interdisziplinäres Hormon- und Stoffwechselzentrum MVZ

PROTOKOLL

Frauen und Sexualität - was tun wenn die Lust nachlässt?

DR. GOLOMBECK: Wir beginnen um 19.00 Uhr.

EVogel : Der Gedanke, dass ich jetzt Sex haben kann, ohne schwanger zu werden, ohne Pille einnehmen zu müssen usw. sollte mich doch befreien. Tut es aber nicht. Ich finde alles langweilig. Frau Dr. Golombeck, was kann ich, was können wir machen?

DR. GOLOMBECK: Liebe EVogel, wie ich Sie richtig verstehe, leiden Sie unter dem Gedanken an Sex und haben auch einen gewissen Leidensdruck, da Sie die sexuelle Aktivität als langweilig empfinden. Da kann durchaus eine sexuelle Störung hinterstecken, es kann aber auch andere Faktoren betreffen. Psychische Faktoren, körperliche Faktoren, Stressfaktoren. Sie sollten anhand einer Liste überprüfen, was Sie stresst, welche körperlichen oder seelischen Erkrankungen zu Grunde liege und dieses notieren, um mit Ihrem Frauenarzt in einen Dialog hierüber einzutreten. Denn vor jeder Diagnose steht der sorgfältige Dialog, welches Problem hier zu Grunde liegt. Das würde ich an Ihrer Stelle als erstes angehen, denn Sexualität muss nicht langweilig sein und muss gelebt werden.

Semerak : Mit den Wechseljahren habe ich so eine Art Hormonbauch bekommen, den die meisten Frauen meines Alters haben. Bin aber sonst schlank. Habe schon überlegt den absaugen zu lassen, aber das geht wohl nicht, da wurde mir von abgeraten. Ich finde mich unattraktiv und vermeide eine neue Partnerschaft. Aber richtig wohl ist mir nicht, mir fehlt was, aber ich kann diese Schwelle nicht überwinden. Gibt es Selbsthilfegruppen im Großraum München?

DR. GOLOMBECK: Liebe Semerak, das ist in der Tat ein häufiges Problem, dass mit den Wechseljahren sich die körperliche Gestalt ändert und viele Frauen mehr Bauch bekommen, das hängt durchaus mit einer Veränderung der Hormone und des Stoffwechsels zusammen. Dieses beeinträchtigt dann das Selbstbild und Sie vermeiden es, Sexualität zu leben und eine neue Partnerschaft aufzunehmen. Hieran sollten Sie arbeiten. An dem Selbstbild. Denn Sexualität ist nicht vom Körperstatus abhängig, sondern beinhaltet Liebe, Intimität und Nähe. Selbsthilfegruppen im Großraum München müssten Sie im Internet nachschauen oder primär Ihren Frauenarzt fragen. Auch können Sie sich informieren auf der Seite www.lustundmenopause.de

anonym : Meine Scheide ist trocken und Sex tut mir weh. Deshalb will ich das auch nicht, aber ich bin auch unglücklich darüber. Woran kann das liegen?

DR. GOLOMBECK: Liebe anonym, das ist ein ganz häufiges Problem. Die Scheidentrockenheit und damit bedingter Schmerz beim Verkehr. Hier kann in der Regel schnell Abhilfe geschaffen werden, denn es gibt feuchtigkeitsspendende Gele und es östrogenhaltige Cremes und Zäpfchen, die die Feuchtigkeit wieder herstellen. Wenn Sie in den Wechseljahren sind, dann kann die Scheidentrockenheit eine Folge der verminderten Östrogenproduktion in den Wechseljahren sein. Lassen Sie es bitte abklären beim Frauenarzt, woher die Trockenheit kommt. Wenn Sie Medikamente nehmen, gibt es auch Medikamente, die dieses als Nebenwirkungen haben.

Jasborg : Wie baut man eine neue Partnerschaft auf, wenn man Ende 60 Jahre ist? Wie kann man den Schritt zu gemeinsamem sexuellen Erleben gehen? Kann ich mir gar nicht mehr vorstellen aufgrund der äußerlichen körperlichen Veränderung. Ist die totale Hemmschwelle für mich.

DR. GOLOMBECK: Liebe Jasborg, ja, das ist auch in der Tat für viele Damen ein Problem. Man selbst hat von sich ein gewisses Bild und aufgrund des biologischen Alterungsprozesses stören einen viele Körpergegebenheiten. Aber, die Studien gerade zu erfüllender Sexualität im Alter zeigen, dass das Körperbild bzw. der Körperumfang unwichtig ist. Die gelebte Nähe, die Intimität, der Austausch mit dem Partner, dem das unter Umständen genauso geht, ist viel wichtiger! Nur wenn eine liebevolle, vertrauensvolle Beziehung und Umgebung besteht, kann eine erfüllende Liebe und Sexualität bis ins hohe Alter gelebt werden.

caroline : Welche Medikamente oder Möglichkeiten gibt es, um meine Lust am Sex als Frau wieder zu steigern? Bin jetzt 42 Jahre und irgendwie nimmt das Verlangen immer mehr ab.

DR. GOLOMBECK: Liebe Caroline, das ist eine sehr gute Frage und zunächst muss geklärt werden, ob eine Störung des sexuellen Verlangens besteht. Dieses anhand eines Fragebogens und eines Gespräches mit dem Frauenfacharzt geklärt werden. Sollte die Diagnose eines verminderten sexuellen Verlanges HSDD bestehen, kann je nach Ursache eine nichthormonelle Therapie, wie eine Sexual- oder Paarberatung helfen, oder auch Hormontherapien, die Östrogentherapie, die sich oftmals nicht direkt auswirkt aber klimakterische Symptome einschließlich Libidostörung verbessern kann. Die Testosterontherapie hat sich bei chirurgisch bedingt menopausalen Frauen, die unter einem vermindertem sexuellen Verlangen leiden, als wirksam erwiesen. Auch bei natürlich menopausalen Frauen gibt es Hinweise aus Studien, dass das Testosteronpflaster das sexuelle Verlangen steigert. Intrensa ist das erste und einzige Testosteronpflaster für Frauen. Sprechen Sie mit Ihrem Frauenarzt, ob er bei Ihnen ein HSDD vorliegt und schließen Sie andere Faktoren, die die Libido beeinflussen aus, wie Medikamente, Stress, körperliche Beeinträchtigungen, Depressionen, Angststörungen.

Kampen : Mein Mann will in einen Swingerclub um unser Sexleben wieder anzuschieben. Ich finde das schrecklich und auch lächerlich wir sind über 60. Habe Angst, dass uns das rest gibt anstatt neue Impulse. Bitte Rat der Expertin einholen.

DR. GOLOMBECK: Liebe Kampen, es gilt durchaus zu klären, was die Motivation Ihres Mannes ist: Für sich selbst neue Impulse zu setzen oder für die Paarbeziehung neue Impulse zu setzen. Denn dieses sollte doch vordringlich gelebt werden. Die Paarbeziehung zu intensivieren, zu schauen, welche luststeigernden Komponenten und Bedingungen gemeinsam geschaffen werden können. Wenn Sie eine Abneigung gegen Swingerclubs haben, wird das für die Paarbeziehung nicht förderlich sein. Hier sollten Sie also noch einmal mit Ihrem Mann sprechen und ihm andere Möglichkeiten bieten, die Sexualität wieder anzukurbeln, wie eine Sexual- oder Paarberatung, die sehr effekt sein können. Hier wird offen gelegt, wo die Wünsche und Sehnsüchte des Partners liegen, in einem geschützten Raum. Und so das aufeinander eingehen erleichtert wird.

Junis : Habe keine Eierstöcke mehr und seit zwei Monaten ein Hormonpflaster (Intrinsa). Bisher total klasse. Einzige Sorge ist, dass ich jetzt wieder Hormone erhalte. Ich wollte da eigentlich komplett runter, als ich mit der Pille aufgehört habe. Das stört mich und beunruhigt mich, weil mein Körper ja überhaupt keinen Normalzustand mehr kennt. Ist meine Sorge berechtigt?

DR. GOLOMBECK: Liebe Junis, das Testosteronpflaster ist in Deutschland das erste und einzige Pflaster für Frauen, die nach einer Totaloperation (Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken) unter sexueller Lustlosigkeit leiden. Junge Frauen produzieren etwa 100 bis 400 Mikrogramm Testosteron pro 24 Stunden, mit dem Pflaster lassen sich Testosteronspiegel erreichen, die mit dem Blutspiegel von Frauen vor der chirurgischen Menopause vergleichbar sind. Daher wird dem Körper vergleichbar das zugeführt, was ihm durch die Eierstockentfernung fehlt und was bei Ihnen zu Leidensdruck und Einschränkung des sexuellen Verlangens führt. Von daher ist die individuelle Abwägung von Nutzen (Steigerung des sexuellen Verlangens) und der Risiken (Nebenwirkungen wie Akne oder Haarwachstum) nicht unberechtigt. Auch ist das abschließende Risiko bezüglich Entwicklung von Brustkrebs nicht abschließend geklärt.

Linda : Habe ein ganz anderes Problem, weil ich mehr Lust habe, als mein Mann. Was macht man da?

DR. GOLOMBECK: Liebe Linda, das berichten mir auch viele Frauen und scheint auch ein ernst zu nehmendes Problem zu sein. Fragen Sie Ihren Mann, was für Gründe es gibt. Ist er müde, ist er abgeschlagen, bereitet ihm die Arbeit Sorgen. Dann ist es quasi so, wie es sonst bei Frauen meistens ist. Viele Faktoren beeinflussen die Sexualität: Stress, Sorgen, manchmal einfach nur das Denken an die Steuererklärung. Und dadurch verliert Mann die Lust an Sex. Schauen Sie, ob es Zeiten oder Situationen gibt, in denen Sie gemeinsam ohne Druck, ohne Forderungen, ohne Störung von Außen Sexualität leben können. Sprechen Sie darüber!

Freda Thor : Bei meiner Suche nach Lösungen und wie andere damit umgehen bin ich auf eine für mich abstruse Erklärung gestoßen: Eine Psychologin behauptet doch allen Ernstes in den Wechseljahren kämen lange verdrängte sexuelle Entwicklungsstörungen aus der Pubertät wieder zu Tage. Sind wir Menschen denn wirklich ein lebenslanges Konto auf das ständig auf und abgebucht wird? Kann man denn gar nichts hinter sich lassen?

DR. GOLOMBECK: Liebe Freda Thor, diese Theorie hört sich interessant an und kann weder positiv noch negativ hier beantwortet werden. Es scheint wirklich so zu sein, dass wir viele Dinge wie in einem Rucksack ein Leben lang mit uns herumtragen. Andererseits bestätigen viele erfolgreiche Psychotherapien, dass das Überschreiben "alter Dateien auf der Festplatte" möglich ist. Sie sollten klären, was für Sie wichtig ist und nur das zählt. Es ist ein individuelles Problem. Klären Sie, was Ihnen Spaß macht an der Sexualität, mit wem, in welcher Situation und was Sie hindert, Sorgen, gesundheitliche Probleme oder soziale Probleme und gehen Sie dann in den Dialog mit Ihrem Frauenarzt und besprechen Sie die Diagnose und Therapiemöglichkeiten.

Jassi : Was ist mit Bluthochdruck und einem Hormonpflaster? Kontraindikation oder okay?

DR. GOLOMBECK: Liebe Jassi, Patienten mit Bluthochdruck und kardiovaskulären Risikofaktoren sollten unter Therapie mit Intrinsa, dem Testosteronpflaster für Frauen, sorgfältig überwacht werden. Dabei ist besonders auf Änderungen des Blutdrucks und des Körpergewichts zu achten. Dieses stellt eine besondere Vorsichtsmaßnahme für die Anwendung dar. Eine direkte Gegenanzeige ist dies nicht. Sollte sich allerdings der Blutdruck verschlechtern, müsste die Therapie beendet werden.

Lys : Bin zufrieden mit dem Hormonpflaster, aber jetzt sagt meine Freundin ich sollte das schleunigst absetzen, weil man auch davon vermehrt Brustkrebs bekommen würde. Ich hatte das so verstanden, dass Testosteron dafür nicht verantwortlich ist. Jetzt bin ich unsicher, denn meine Mutter hatte mit 70 Brustkrebs und ist 8 Jahre später an den Folgen gestorben.

DR. GOLOMBECK: Liebe Lys, das ist eine sehr gute Frage! Es kann nicht abschließend geklärt werden, ob durch das Testosteronpflaster möglicherweise auch eine erhöhte Rate von Brustkrebserkrankungen bedingt ist. Es ist eine Studie publiziert worden mit dem Testosteronpflaster und es zeigten sich durchaus positive Wirkungen auf das sexuelle Verlangen. Es traten jedoch auch wenige Fälle von Brustkrebs auf. Ein abschließendes Statement hierzu ist nach dem derzeitigen besten Wissens- und Gewissenstand nicht möglich. Wir wissen aber, dass andere Faktoren maßgeblich das Brustkrebsrisiko erhöhen. Von tausend Frauen erkranken zusätzlich an Brustkrebs durch starkes Übergewicht 45, durch Alkohol (zwei Drinks und mehr pro Tag) 27, durch fehlende Bewegung 27, durch Rauchen 24, durch Hormontherapie 10 Jahre ca. 6 und durch fünfjährige Hormontherapie ca. 2 (Quelle: Frauenarzt 49 (2008). Daher achten Sie bitte auf Ihre indidivuellen Risiken, auf Ihre Lebensumstände und besprechen Sie diese individuelle mit Ihrem verordnenden und betreuenden Frauenarzt.

Hinweis : Weitere Informationen zu verminderter Lust finden Sie unter www.lust-und-menopause.de

Angie_Brod. : Rückblickend habe ich mit Beginn der Wechseljahre viel herumgewirbelt in Haus und Garten usw. Abends war und bin ich immer ziemlich ausgelaugt und schlafe schnell ein. Vielleicht hat auch das dazu geführt, dass unser Eheleben im Bett sich ganz stark reduziert hat. Aber mein Mann beschwert sich nicht. Irgendwie scheinen wir gemeinsam zufrieden zu sein mit dieser Situation. Aber ich bin mir nicht sicher, traue mich aber nicht, an diesem Status Quo zu rütteln. Sollen wir so weitermachen, oder wie kann man as ansprechen? Mein Mann war früher sehr aktiv und ich möchte nicht, dass er sich woanders das sucht, was wir früher gemeinsam hatten. Aber bisher gibt es keine Anzeichen.

DR. GOLOMBECK: Liebe Angie_Brod., das ist eine sehr gute Frage. Sie können es nur gemeinsam klären und gemeinsam eine Lösung finden, wenn es ein Problem gibt. Dazu ist nun einmal der Dialog und das Ansprechen notwendig. Sie können ja Ihren Mann fragen, ob er zufrieden ist mit Ihrer Partnerschaft, mit Ihrem Sexualleben, mit der Beziehung oder ob er Wünsche, Sorgen oder Bedürfnisse hat, die er nicht äußert. Es geht nur im gemeinsamen ruhigen Gespräch. Wenn Sie sich beide einig sind, dass Ihnen nichts fehlt, dann findet Ihre Liebe woanders Ausdruck und eben nicht in der Sexualität und das ist ok so.

Ponza : Stimmt es, dass man mit der Einnahme von Hormonen wieder dauerhaft sexuell aktiver wird?

DR. GOLOMBECK: Liebe Ponza, ja und nein. Es kommt immer darauf an, ob die Hormone ursächlich waren für vermindertes sexuelles Verlangen oder ob durch den Hormonmangel bedingt durch die Wechseljahre die sexuelle Lustlosigkeit aufgetreten ist oder durch eine Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken. Liegt ein Hormonmangel zugrunde, können durchaus Hormone, wie eine Östrogentherapie oder eine Testosterontherapie das Problem beheben. Liegt das Problem im partnerschaftlichen Bereich, bei Medikamenten (wie u. a. der Pille) oder bei gesundheitlichen Problemen, dann werden Hormone eher weniger helfen.

Becker11 : Habe eine ganz trockene Scheide auch, wenn ich erregt bin. Das ist mir peinlich und ich habe Gel gekauft, aber im entscheidenden Moment fehlt mir der Mut zu unterbrechen und meine Scheide mit Gel zu befeuchten. Dann tut es immer weh, häufig blute ich leicht. Ich bin ganz verzweifelt und will das alles nicht mehr. Oder hat Frau Dr. Golombeck einen Tipp?

DR. GOLOMBECK: Liebe Becker11, warum wird das Gel nicht vorher eingeführt, vor dem Verkehr. Oder warum wird nicht dauerhaft behandelt? Es gibt inzwischen gute nicht hormonelle Gele und Vaginalapplikatoren, die hormonfrei sind, auf Basis natürlich Inhaltsstoffe und die Scheidenfeuchtigkeit verbessern. Dieses sollte dann allerdings vor dem Verkehr und ggf. dauerhaft eingesetzt werden. Sprechen Sie mit Ihrem Frauenarzt, lassen Sie sich ein geeignetes Präparat empfehlen und versuchen Sie, das für Sie geeignete Präparat zu finden. Da gibt es sicherlich eine Lösung.

Lilly : Unsere Kinder sind beiden innerhalb von 6 Monaten ausgezogen. Das war ein Schock besonders für mich. Ich bin halbtags berufstätig und habe das Gefühl, keine Daseinsberechtigung mehr zu haben. Meine Aufgabe ist erfüllt, die Kinder haben den entscheidenden Weg ins Erwachsenenleben getan. Das ist jetzt gut vier Monate her Ich finde keinen Weg zu meinem Mann, keinen Weg in erster Linie wieder ein Paar zu sein. Außerdem bin ich in den Wechseljahren und im Bett läuft so gut wie nichts mehr. Momentan habe ich das Gefühl mein Leben ist vorbei, aber ich bin erst 51 Jahre. Wie machen andere das?

DR. GOLOMBECK: Liebe Lilly, Sie können sehr stolz auf sich sein für das, was Sie bisher erreicht haben. Zwei Kinder in das Erwachsenenleben und in die Selbständigkeit zu entlassen, ist eine große Leistung. Zudem sind Sie berufstätig und verheiratet. Also gibt es Ebenen, die Ihnen wichtig sind. Erfolg in der Berufstätigkeit und auch wieder Sinnfindung und Erfüllung in der Paarbeziehung. Denn die Paarbeziehung soll Liebe, Vertrautheit, Nähe und Intimität bieten und nicht nur das Gerüst für das Flügge werden der Kinder sein. Sehen Sie es jetzt als Chance, wieder mehr für sich selbst zu tun, Sexualität und Vertrautheit mit dem Partner wieder aufzubauen. Das geht! Wenden Sie sich hierzu an einen Frauenarzt, Sexualtherapeuten oder Paartherapeuten. Es lohnt sich!

Veve : Wegen einer Zyste, die meine Frauenärztin 2 Jahre beobachtet hat, jetzt aber nicht mehr so ganz gut zu sein scheint, sollen mir die Eierstöcke herausgenommen werden. Auf meine Frage warum beide, denn mir war nicht bekannt, dass auch der Linke nicht in Ordnung ist, bekam ich als Antwort, das machen wir vorsorglich so, damit wir nicht in den nächsten 12 Monaten da noch mal ran müssen. Ist das so? Ist das in Ordnung. Ich hätte gern die Einschätzung von Frau Dr. Golombeck.

DR. GOLOMBECK: Liebe Veve, das müsste in der Tat geklärt werden, was ist die medizinische Begründung. Wenn eine Bösartigkeit oder eine Vorstufe von Bösartigkeit vorliegt oder eine auch gutartige Veränderung, die später bösartig oder unkontrollierbar werden kann, dann kann es durchaus sinnvoll sein, beide Eierstöcke zu entfernen um größeren Schaden abzuwenden, aber das muss klar sein vor der OP. Das darf nicht einfach nur gemacht, damit man in 12 Monaten da nicht nochmal ran muss. Das ist medizinisch, psychologisch und gesundheitlich unverständlich. Holen Sie sich eine zweite Meinung ein. Lassen Sie sich individuell beraten. Nehmen Sie die Laborbefunde, die Ultraschallbilder und die Diagnose mit zu dem begutachtenden Facharzt. Holen Sie sich so viele Informationen wie nötig vor der OP, damit Sie Klarheit haben.

Bally_Bickel : Auch Männer haben ja eine hormonelle Umstellung, die aber wohl keinen Nahme hat, jedenfalls habe ich nichts darüber gefunden, vielleicht liegt das aber auch daran, dass Männer diese Umstellung nicht wahrhaben wollen und sie deshalb auch sprachlich nicht einordnen wollen. Mich interessiert jetzt ob es darüber Erkenntnisse gibt, bei wem die Lust auf Sex mehr nachlässt nach den Wechseljahren. Bei Frauen oder bei Männern?

DR. GOLOMBECK: Liebe Bally_Bickel, gute Frage. Aber Männer und Frauen sind sehr unterschiedlich. Wie Mars und Venus. Und damit nicht direkt zu vergleichen. Der Mann macht in der Tat hormonelle Veränderungen durch. Auch die Testosteronspiegel fallen beim Mann und dieser verspürt auch häufiger sexuelle Unlust und Störungen der Erektionsfähigkeit durch das biologische Altern. Die Frau wird durch die Menopause durch einen Zustand geschickt, in dem dieses sehr konzentriert in der Lebensmitte stattfindet. Viele Frauen erleben aber nach der Menopause wieder eine sehr gute Sexualität, so dass man nicht immer sagen kann, es sind die Wechseljahre oder es ist das biologische Altern. Im Gegenteil, es gibt eine Studie, die folgendes gezeigt hat: War die Sexualität mit dem Partner schon vor den Wechseljahren gut, waren die Chancen gut, dass dies auch so blieb. Gab es schon vorher sexuelle Probleme, könnte es gut sein, dass sich diese Probleme in und nach den Wechseljahren noch weiter verschärften.

Farina : Ich habe dunkelblonde Haare und einen Oberlippenflaum hatte ich nie. Dass ich den jetzt ausgerechnet nach den Wechseljahren bekommen habe ist nahezu lächerlich. Weil meine haare hell sind, fällt das nicht so auf, aber mein Mann hänselt mich schon. Ich finde das total peinlich und ich will dieses Hormonpflaster (hatte Eierstock-OP und danach das Pflaster empfohlen bekommen) am liebsten wieder absetzen. Andererseits hilft das wirklich und unser Sexualleben ist fast wieder in Ordnung. Nicht ganz, aber das liegt an meinem Mann, der Erektionsstörungen hat.

DR. GOLOMBECK: Liebe Farina, es kann sein, dass Sie auch ohne Testosteronpflaster einen leichten Oberlippenflaum bekommen hätten, weil die Östrogene mit den Wechseljahren bzw. bei Ihnen durch die Eierstock-OP abfallen. In der Tat ist es aber so, dass es auch eine leichte Nebenwirkung des Testosteronpflasters sein kann. Sie müssen abwägen die positive Wirkung des Pflasters mit Zunahme des sexuellen Verlangens und der sexuellen Aktivität oder die Nebenwirkung. Außerdem gibt es Cremes, die man lokal auftragen kann und die das Haarwachstum im Oberlippenbereich bei der Frau stoppen.

Ut. Hämer : Was heißt an der Beziehung und am Sexleben arbeiten, wenn man über 30 Jahre verheiratet ist? Wo soll man da ansetzen mit roter Spitzenunterwäsche?

DR. GOLOMBECK: Liebe Ut. Hämer, sicher nicht. Spitzenunterwäsche ist etwas, was uns von außen aus der Werbung und von Topmodels suggeriert wird und rein gar nichts mit erfülltem Sexualleben, Intimität und Nähe zu tun hat. Klären Sie, was Ihnen in der Sexualität wichtig ist: Kuscheln, Nähe, Körperkontakt, was tut Ihnen gut und sprechen Sie mit Ihrem Partner in Ruhe darüber. Was hat er für Wünsche, Sorgen, Bedürfnisse. Nur wenn Sie gemeinsam Ihre Wünsche kennen und das kein Tabuthema ist, können Sie gemeinsam eine Strategie entwickeln. Der eine braucht mehr Raum, der andere ist zufrieden, wenn man sich im Bett im Arm hält, die Nähe spürt und den anderen um sich weiß. Wichtig ist, die eigenen Wünsche zu kenne, die Angst zu nehmen und sich mit dem Partner auszutauschen.

Han-Klahn : Durch nahezu lebenslange TypI Diabetes-Erkrankung ist mein Mann inkontinent. Nicht viel, nur so Tröpfechen. Er ist ein ganz lieber Mann, aber ich ekele mich davor und kann nicht mehr mit ihm schlagen. Helfen Sie mir und helfen Sie unserer Ehe Frau Dr. Golombeck.

DR. GOLOMBECK: Liebe Han-Klahn, das ist ein sehr ernstes und wichtiges Thema. Denn Sie lieben Ihren Mann, sie wollen Sexualität leben. Ihr Mann hat ein medizinisches Problem und macht es sozusagen nicht mit Absicht, kann es nicht kontrollieren. Aber Sie empfinden einen natürlichen Ekel und keinem von beiden ist geholfen. Ihr Mann sollte nochmals klären, ob es dagegen eine medikamentöse Therapie gibt. Er sollte alle Optionen nutzen, um die Situation medizinisch zu verbessern. Ist das nicht möglich, müssen Sie am besten mit Hilfe eines Paar- oder Sexualtherapeuten klären, ob es andere Wege gibt, eine erfüllte Sexualität zu leben. Aber Sie sollten nicht darauf verzichten. Es kann ein langer und intensiver Weg sein, aber es lohnt sich, wenn die Liebe und das Vertrauen zum Partner da ist.

Mareike_Pets : Irgendwie ist hat sich das alles langsam, aber unaufhaltsam aus unserer Ehe geschlichen. Dann war es weg. Wir sind zärtlich, aber mehr auch nicht. Alle paar Monate denke ich daran, dass es schön wäre mit meinem Mann zu schlafen. Aber ich denke, da wecke ich dann wieder etwas auf. Wir sind 65 und71 Jahre und ich finde das eigentlich ganz natürlich. Zweifel habe ich nur, weil man in den Medien immer vom erfüllten Sex im Alter hört. Fallen wir das aus dem Rahmen?

DR. GOLOMBECK: Liebe Mareiek_Pets, mit Sex im Alter ist vieles gemeint. Auf vielen Ebenen. Viele Menschen genießen das sexuelle Verlangen, die sexuelle Erregung oder den sexuellen Orgasmus. Manche auch nur Kuscheln, Nähe und Vertrautheit. Alles ist Sexualität: Küssen, eng umschlungen liegen. Klären Sie, was Ihnen wichtig ist und fragen Sie ruhig Ihren Mann in Ruhe, ob er zufrieden ist. Ob er sich etwas anderes wünscht oder ob es für Ihn so in Ordnung ist. Wenn Sie beide keinen Leidensdruck verspüren, müssen Sie nichts ändern.

LRS : Wo beginnt Asexualität? Wenn ich kein Verlangen habe, oder wenn ich keinen Partner habe und das auch nicht vermisse?

DR. GOLOMBECK: Liebe LRS, gute Frage. Es gibt einen Mangel oder Verlust an sexuellem Verlangen. Ebenso gibt es einen Mangel oder Verlust an Erregung. Es gibt Probleme mit dem Orgasmus und es gibt Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Das sind die großen Gruppen. Wenn Sie keinen Leidensdruck haben und keine Sexualität leben möchten, dann ist das ein individuelles Thema. Dann ist es eventuell Ihre Besonderheit aufgrund sozialer, gesundheitlicher oder psychische Vorstellungen. Wenn Sie allerdings etwas vermissen, sich einen Partner und Sexualität wünschen, dann sollten Sie mit Ihrem Frauenarzt in Dialog treten und klären, auf welcher Ebene das Problem liegt, im Verlangen, in der Erregung, im Orgasmus, in der Aversion. Das lässt sich klären.

Nesrin : Uns wurde geraten, dass wir beide Sport machen sollten, das würde uns wieder anregen. Seither laufe ich ca. 2-3 die Woche aber nur mit Überwindung. Freude kann ich weder dabei noch vermehrt beim Sex spüren. Was kann ich noch tun?

DR. GOLOMBECK: Liebe Nesrin, Sport ist sehr gut, um ein gutes Selbstwertgefühl und ein gutes Körpergefühl und ein gutes Selbstbild zu bekommen und gesundheitlich natürlich fit zu sein. Wenn die Probleme mit der Lust auf einer anderen Ebene liegen, wie einem Hormonmangel, einer gesundheitlichen Störung (z. B. der Schilddrüse), dann sollten Sie dieses beim Frauenarzt abklären lassen. Sie sollten sich gynäkologisch untersuchen lassen, die Blutwerte testen und einen Hormonmangel als Ursache der sexuellen Unlust ausschließen lassen.

Hinweis : Weitere Informationen zu verminderter Lust finden Sie unter www.lust-und-menopause.de

MODERATOR: Die Expertin macht eine kurze Pause. Wir setzen die Beantwortung Ihrer Fragen in wenigen Minuten fort.

Nane : Wieso brauchen Frauen Testosteron?

DR. GOLOMBECK: Liebe Nane, das ist eine sehr sehr gute Frage. Testosteron ist sehr wichtig für den weiblichen Körper. Denn dieser produziert weit mehr Androgene (männliche Hormone) als Östrogene. Im fortpflanzungsfähigen Alter sogar 3-4 Mal mehr. Dies Androgene sind wichtig für Muskelkraft, Muskelmasse, für die Vitalität, für die "Lebenslust", das Wohlbefinden und u. U. auch für die Sexualität.

RionAlerson : Bin Typ II Diabetikerin mit Tabletten. Das geht alles gut, aber ich merke doch, dass ich mich verändere. Nur kann ich nicht genau sagen was zuerst da war bzw. was Auslöser und was Folge sind. Auffällig ist, dass ich nur noch ganz selten Lust darauf habe mit meinem Mann zu schlafen. Eigentlich geht die Initiative immer von ihm aus. Worüber er sich beschwert, weil er sich als Bittsteller empfindet. Aber ich kann nichts dagegen machen. Woran kann das liegen?

DR. GOLOMBECK: Liebe RionAlerson, das ist ein ganz wichtiges Thema, denn es gibt durchaus gesundheitliche Probleme, die sich negativ auf die Sexualität auswirken. Diabetes Mellitus ist eine Erkrankung, die häufiger mit sexueller Unlust und Störung der Sexualfunktion einhergeht. Klären Sie, ob Ihr Diabetes gut eingestellt ist, schließen Sie andere belastende Faktoren, wie Stress, Depression, negative Faktoren, die Störungen des Selbstbildes oder Selbstwertes aus. Sollten Sie sich zusätzlich Ihr Sexualleben schwer machen, müssten man dieses gezielt behandeln. Ansonsten kann ich nur raten, mit einem Sexual- oder Paartherapeuten Kontakt aufzunehmen und das Problem anzusprechen. Denn die Grunderkrankung besteht ja und es wäre schade, wenn es keinen Weg gibt - und den gibt es sicher - mehr Intimität, mehr Lust auf Sex und für beide mehr erfüllte Sexualität zu leben aber ggf. nur unter Anleitung zunächst, um zu erkennen, was für Sie Lust bedeutet und wo Sie sich sozusagen die Energie und die Lust holen können. Sprechen Sie auch offen mit Ihrem Partner darüber, dass es durchaus an der Diabeteserkrankung liegen und dass dieses Sie belastet. Vielleicht fällt schon im Gespräch der Druck von Ihnen ab und Sie können schon gemeinsam - ohne fremde Hilfe - Lösungsstrategien entwickeln.

Gohar : Kurz nach Ostern habe ich ein Intrinsa-Hormonpflaster bekommen, aber bei mir ist keine Wirkung spürbar. Sollte nach 4 Wochen kommen. Wirkt das immer, oder kann es sein, dass das bei mir nicht wirkt?

DR. GOLOMBECK: Liebe Gohar, das Intrinsa ist in Deutschland das erste und einzige Testosteronpflaster für Frauen, die nach einer Totaloperation an sexueller Lustlosigkeit leiden und eine begleitende Östrogentherapie erhalten. Hierzu gibt es sehr gute Studien, die gezeigt haben, dass Intrinsa das sexuelle Verlangen steigert und die Häufigkeit befriedigender sexueller Aktivitäten steigert. Außerdem vermindert es die seelische Belastung aufgrund des verminderten sexuellen Verlangens und es ist gut verträglich mit gutem Sicherheitsprofil. Auch gibt es inzwischen vielversprechende Daten, dass es auch bei natürlicher Menopause und gesichertem vermindertem sexuellen Verlangen (HSDD) günstig wirkt. Prüfen Sie kritisch, ob bei Ihnen wirklich ein HSDD vorliegt oder eine ganz andere Problematik, die mit der Sexualität und dem Sexualleben interferiert,d. h. diese negativ beeinflusst. Dann hilft Ihnen das Pflaster nicht, dann müssen Sie die so genannten Stressoren beseitigen. Sprechen Sie mit Ihrem Frauenarzt darüber.

Stine : Nachdem ich gut 30 Jahre die Pille genommen habe, soll ich jetzt schon wieder Hormone nehmen. Wieso eigentlich? Warum sind Frauen ein Leben Lang für die Verhütung zuständig und wenn das vorbei ist sind wieder Frauen dafür zuständig, dass die Lust im Ehebett bleibt, damit alle glücklich sind. Sind die denn alle wahnsinnig geworden. Sind wir Frauen die Entertainer der Nation? Hier stimmt was nicht in der Verteilung.

DR. GOLOMBECK: Liebe Stine, ein sehr guter Kommentar zu einem gesellschaftlichen Phänomen, was aber gar nicht so wichtig ist. Wichtig ist immer die individuelle Lage und Perspektive. Wie sieht es aus mit meiner Sexualität, was will ich erreichen? Wie steht es in meiner Paarbeziehung, gibt es einer erfüllende Sexualität oder haben wir Probleme in der Paarbeziehung? Kann ich Sexualität alleine leben oder eventuell bin ich besser mit einem anderen Partner aufgestellt. Das lässt sich nur klären, wenn man prüft, was gut für einen ist, was wichtig ist, wo die Prioritäten liegen für einen selbst. Wenn man weiß, was man will, kann man in den Dialog mit dem Partner gehen und klären, ob es gemeinsame Bedürfnisse nach Sexualität gibt. Ob sich die Wünsche ergänzen. Hieran gilt es zu arbeiten. Nur, wenn nachweislich ein HSDD (vermindertes sexuelles Verlangen) vorliegt, welches Leidensdruck macht und ein Hormonmangel, z. B. durch eine Totaloperation, besteht. Dann kann nachgewiesener Maßen das Testosteronpflaster sehr sehr sehr effektiv sein, aber eben nur mit der richtigen Begründung, bei der richtigen Problematik. Nicht generell für jeden.

Neubüser : Vor 3 Jahren ist mir die Schilddrüse entfernt worden und zwar komplett, so dass ich jetzt eine volle Substitution mache mit Euthyrox. Das war zu Beginn des Klimakteriums. Ist da ein Zusammenhang, dass ich immer weniger Lust darauf habe mit meinem Freund zu schlafen?

DR. GOLOMBECK: Liebe Neubüser, es können verschiedene Faktoren zusammenkommen. Das biologische Alter, das Klimakterium und eine Schilddrüsenerkrankung führen häufig zu einem verminderten sexuellen Verlangen und zu einer Abnahme des sexuellen Bedürfnisses. Wenn Sie und Ihren Freund das nicht stört, muss man nichts machen. Wenn Sie unter dem verminderten sexuellen Verlangen leiden, dann sollten Sie mit Ihrem Frauenarzt in Dialog treten, um zu klären, ob die Schilddrüsendysfunktion gut eingestellt ist. Sie sollten einen Hormonmangel ausschließen und eventuell andere beziehungsbelastende Faktoren (Sorgen, wirtschaftliche Probleme, Stress) beseitigen. Klären Sie auch, was Ihnen gemeinsam wichtig ist in der Paarbeziehung, was Ihnen Spaß macht, wo Ihre Bedürfnisse liegen.

PSteinberger : Weil meine Scheide sehr trocken ist tut das weh. Wir haben schon versucht den Penis meines Mannes gleitfähig zu machen durch Bepanthen Salbe, das ging auch ist aber ziemlicher Schmierkram. Ich weiß, dass es Gel gibt, das würde ich mir im Internet bestellen, traue mich aber nicht auf solche Portale. Welches Portal wäre seriös?

DR. GOLOMBECK: Liebe PSteinberger, gute Frage. Ich würde direkt meinen Frauenarzt befragen. Denn dieser kennt das Problem, kennt die handelsüblichen Gele, ihre Vor- und Nachteile, Kosten und Wirkung. Damit wären Sie gut beraten und zwar persönlich. Trauen Sie sich das. Das ist kein Tabuthema. Sehr wichtig, denn sehr viele Frauen leiden unter Scheidentrockenheit und hier kann man sehr gut Abhilfe schaffen. Nicht im Internet bestellen, nur nach persönlicher Klärung und Beratung mit dem Frauenarzt, der wirklich abschätzen, was Ihnen gut tut. Das sollte zumindestens so sein.

Mele : Habe meine Gynärztin angesprochen, ob ich Sexualhormone nehmen kann, damit ich wieder mehr Lust habe, aber sie sagt nein, dann bekomme ich eine dunklere Stimme und Damenbart, weil ich männliche Hormone nehmen müsste. Da steh ich total drauf! Spaß beiseite, gibt es einen anderen Weg?

DR. GOLOMBECK: Liebe Mele, erst einmal ist es sehr sehr gut, dass Sie Ihre Frauenärztin angesprochen haben und mit Ihr in Dialog getreten sind. Hormone bzw. Hormontherapien lösen nicht immer Probleme in der Sexualität, sondern sind nur sinnvoll bei Hormonmangel. Klären Sie für sich, ob es Faktoren gibt, die Ihre Sexualität negativ beeinflussen, wie Probleme, Sorgen, Probleme in der Paarbeziehung, ein Ungleichgewicht Ihrer oder der Bedürfnisse Ihres Partners. Auch sollten Sie ausschließen, ob Angst oder Depressionen bestehen. Das wäre vordringlich zu behandeln, sonst helfen Ihnen die Hormone wirklich nicht und Ihre Frauenärztin hat Recht, sie hätten nur die Nebenwirkungen und nicht die Wirkung. Wenden Sie sich an einen sexualmedizinisch versierten Psycho- oder Paartherapeuten. Das ist kein Tabuthema. Sprechen Sie über Ihre Bedürfnisse und Sorgen. Denn nur dann, wenn alles abgeklärt ist, Körper, Psyche, soziale Faktoren, Paarbeziehung kann eine für Sie effektive Lösung gefunden werden.

klanck : Vor 3 Monaten habe ich nach längerem Singledasein -5 Jahre - einen sehr netten Mann Anfang 60 kennen gelernt. Es macht mir Freude, mit ihm Zeit zu verbringen mit Unternehmungen verschiedenster Art. Auch unsere Gespräche machen mir Freude. Er möchte mehr, aber ich darauf keine Lust mehr, obwohl ich erst 58 bin. Ich will das Ganze überhaupt nicht mehr, habe aber durchaus ein Bedürfnis nach Zärtlichkeit. Was ist normal, was ist unnormal?

DR. GOLOMBECK: Liebe klanck, hier gibt es kein normal oder unnormal. Es gibt Ihre Bedürfnisse und die Bedürfnisse des Partners. Sprechen Sie gemeinsam darüber, was Ihnen wichtig ist. Es kann sein, dass nach einem längeren Singledasein und einer neuen Beziehung erst einmal Vertrauen, Nähe und Intimität aufgebaut werden muss. Das braucht seine Zeit und ist völlig verständlich. Für Frauen hängt die Lust eben von viel mehr Faktoren ab als beim Mann. Bei der Frau müssen körperliche, emotionale und umgebungsbedingte Faktoren im Einklang sein, bis sie Lust hat, sexuell aktiv zu werden. Das ist beim Mann anders, er kann schneller durch sexuelle Reize in einen Zustand der Erregung versetzt werden. Sprechen Sie das ruhig an mit ihm, dass Sie Verständnis haben für seine Bedürfnisse, Sie aber noch Zeit brauchen. Wenn sich keine Lust auf Sexualität einstellt trotz optimaler Bedingungen und Vertrauen, dann sprechen Sie mit Ihrem Frauenarzt, ob eine Hormonstörung oder eine organische Störung zugrunde liegt.

Hinweis : Weitere Informationen zu verminderter Lust finden Sie unter www.lust-und-menopause.de

Safari : Bei mir musste leider alles weggenommen werden. Keiner hat mir vorher gesagt, dass ich damit auch die Lust verliere. Ist nix mehr. Ich bin deprimiert, habe Probleme in meiner Partnerschaft, weil mein Mann es nicht versteht. Wir sind gemeinsam zu meinem Frauenarzt, der hat ihm das erklärt. Das wars. Es hilft mir auch nicht erotische Filme zu gucken. Das ist mir nur peinlich. Man spürt die Spannung bei uns zu hause in der Luft. Warum hat man mich nicht vorgewarnt? Fühle mich total schlecht beraten. Ich habe das Gefühl dem Operateur ist das ganz egal, was das für mich bedeutet. Das muss doch auch anders gehen, oder ist mein Anspruch zu hoch?

DR. GOLOMBECK: Liebe Safari, nein, Ihr Anspruch ist total in Ordnung und es ist in der Tat so, wenn man nicht weiß, dass nach der Totaloperation man nicht nur körperlich eine Umstellung durchmacht, sondern auch seelisch, hormonelle und dieses häufig zur Verminderung des sexuellen Verlangens und der Lust führt. Dann ist man sehr enttäuscht und irritiert, wenn dieses eintritt. Wenn Sie das gewusst hätten, dass die OP für Sie lebensnotwendig ist und die Sexualität aber auf anderen Wegen wiederkommen kann. Nun müssen Sie erst einmal mit der Frustration und der Umstellung klar kommen, das ist nicht einfach. Wenn der Frauenarzt nicht mehr Hilfe bieten kann, dann sollten Sie einen Sexualtherapeuten oder eine gute Psychotherapeutin aufsuchen, auch wenn Sie psychisch gesund sind, kann diese die Störung des sexuellen Verlangens und der Lust nachvollziehen und Ihnen Wege aufzeigen, den Druck aus der Situation zu nehmen, wieder mehr Qualität und Erfüllung in der Paarbeziehung zu leben und es ist auch möglich, nach einer Totaloperation wieder eine erfüllende Sexualität zu leben, aber es ist ein therapeutischer Prozess und passiert nicht von heute auf morgen, sondern es ist ein Weg, der sich lohnt.

Kakrus : Das zentrale Problem ist doch schwindende oder verlorene Attraktivität, die dazu führt, dass auch das Bedürfnis nach Geschlechtsverkehr sinkt. Manchmal sehne ich mich danach, dann wieder bin ich froh, wenn ich meine Ruhe habe. Schleicht sich Sexualität auf diese Weise aus dem Leben heraus?

DR. GOLOMBECK: Liebe Kakrus, das ist sehr individuell. Bei manchen steigt die Lust mit dem Alter und auch die Qualität und Quantität der sexuellen Aktivitäten steigt. Bei manchen durch das biologische Altern, Wechseljahre, Veränderung des Körpergefühls, Veränderung des Selbstbildes sinkt die Lust. Wichtig ist zu klären, ob Sie unter vermindertem sexuellem Verlangen leiden, ob hier eine sexuelle Störung und nicht nur ein gelegentliches, quasi ein Variieren gefühlsmäßiger Impulse vorliegt. Es gibt durchaus Tage, da hat man keine Lust auf Sex und wieder Tage, da ist man sehr bereit zu sexuellen Aktivitäten, hat Fantasien oder Tagträume. Notieren Sie, wie oft und in welchen Situationen Sie leiden, wie die letzten sexuellen Aktivitäten zustande kamen und wie Sie sich gefühlt haben und gehen Sie diese Liste mit Ihrem Frauenarzt durch. Gehen Sie in Dialog.

AEZ : Seit meiner Gebärmutter Entfernung hatte ich keinen Orgasmus mehr. Besteht da ein Zusammenhang? Mein Freund fühlt sich verunsichert, fragt immer was er falsch macht. Aber alles ist wie immer, daran kann es nicht liegen. Ich liebe ihn auch nach wie vor, aber es ist für mich nicht wichtig, ob wir miteinander schlafen. Komische Situation, die mir auch Angst macht. Regelt sich das wieder von allein?

DR. GOLOMBECK: Liebe AEZ, es kann durchaus sein, dass Sie vorher mehr Orgasmen von der Gebärmutter oder von der Scheide aus hatten und dieses nun beeinträchtigt ist. Manche Frauen kennen so etwas gar nicht und haben immer eher einen klitoralen Orgasmus. Sie müssen eher schauen, warum es Ihnen nicht wichtig ist, miteinander zu schlafen. Gibt es andere Wege, was Sie sich in der Sexualität wünschen. Ist Ihnen die Nähe, die Intimität, die Zärtlichkeit wichtiger. Sprechen Sie mit Ihrem Partner, das ist mir wichtig, dass Du das oder das machst. Auch nach Gebärmutterentfernung gibt es viele Wege. Manchmal kommt man nur durch Experimentieren und partnerschaftlichen Austausch auf neue Wege. Prüfen Sie für sich, was Ihnen Lust bereitet. Was ist Ihnen wichtig. In der Sexualität und in der Partnerschaft. Oder bestehen partnerschaftliche Probleme, die die Sexualität beeinträchtigen? Dann klären Sie diese.

Regilied : Es ist mir widerlich, dass mein Mann Viagra nimmt und bekomme es nicht aus dem Kopf heraus, wenn wir miteinander schlafen. Seither macht mir Sex keinen Spaß mehr. Wie kann ich es meinem Mann sagen, ich traue mich nicht, will ihn nicht verletzen.

DR. GOLOMBECK: Liebe Regilied, Sie können ihn ja fragen, warum er Viagra nimmt. Ob er das Gefühl hat, er steht unter Druck, etwas leisten zu müssen. Und sagen Sie ihm ruhig, dass er keineswegs unter Druck steht, Ihnen irgendetwas beweisen zu müssen. Vielleicht kann er ja versuchen, ein oder zweimal kein Viagra zu nehmen. Und schauen Sie dann, wie es um Ihre Sexualität bestellt ist. Ist es dann aus Ihrem Kopf heraus? Wenn nicht, klären Sie diese gedanklichen Faktoren und besprechen Sie diese mit Ihrem Frauenarzt oder mit einem Sexual- oder Psychotherapeuten. Es wäre schade, wenn die Sexualität nicht für beide ohne Druck und ggf. ohne Medikamente erfüllt lebbar wäre.

Davishali : Wie ist das nur schön!! Meine Gynäkologin, die auch eine psychotherapeutische Ausbildung gemacht vor 5 Jahren, hat mir erklärt, dass hohe emotionale Intelligenz zu einem zufriedenen Sexleben führt. Da fühle ich mich doch gleich entscheidend besser. Ich bin also zusätzlich eine Psycho-Krüppel. Was denken sich solche Leute eigentlich, wenn sie einem solche Erklärungen vorladen?

DR. GOLOMBECK: Liebe Davishali, das ist ja interessant. Was meint die Gynäkologin denn damit? Für mich sagt das erst mal gar nichts aus. Was ist Ihre Frage an sie? Möchten Sie eine sexuelle Minderung des Verlangens mit ihr klären oder mit ihr Strategien finden, das Sexualleben zufriedener zu gestalten? Ich denke grundlegend wichtig ist, dass Sie sich nicht als Psychokrüppel sehen, denn das hat gar nichts mit befriedigender Sexualität zu tun. Das sind ganz unterschiedliche Ebenen. Klären Sie, was Ihnen individuell sexuell wichtig ist, wo Ihre Bedürfnisse liegen, was Ihnen Spaß macht, was Sie sich in Ihrer Sexualität wünschen und fassen Sie das schriftlich zusammen. Andererseits können natürlich Angststörungen, Depressionen, Traumata, schreckliche seelische Ereignisse die Sexualität, ja das ganze Leben komplett beeinträchtigen. Dann ist natürlich eine Psychotherapie wichtig, um wieder den Fokus zu verändern und für ein gesundheitliches, emotionales und stabiles Niveau zu sorgen.

AlixOhlsen : Gibt es einen Schalter an dem man knipsen kann und die Lust kommt wieder?

DR. GOLOMBECK: Liebe AlixOhlsen, das wäre toll! Leider gibt es diesen Schalter nicht wirklich. Denn die Sexualität ist von körperlichen, emotionalen und sozialen Faktoren bestimmt und nur, wenn diese im Einklang sind, stellt sich bei der Frau häufig erst die Lust ein, sexuell aktiv zu werden. Klären Sie für sich, wo Sie am ehesten Ihr Problem sehen und suchen Sie sich geeignete Hilfe beim Frauenarzt, beim Sexualtherapeuten oder Psychotherapeuten, um die verschiedenen Ebenen zu klären.

Viranda : Vergangenes Jahr wurde mir die Gebärmutter entfernt. Seither hatte ich keinen Orgasmus mehr und immer weniger Lust auf Sex. Ist da ein Zusammenhang oder ist das zufällig? Weil mir das kaum was bringt, fühle ich mich benutzt durch meinen Partner. Eine verfahrene Situation

DR. GOLOMBECK: Liebe Viranda, es gibt gute Studien und Daten, die zeigen, dass nach Gebärmutterentfernung die sexuelle Lust bei der Frau sinkt, besonders, wenn auch die Eierstöcke entfernt worden sind. Sprechen Sie hierzu Ihren Frauenarzt an, ggf. profitieren Sie von einer Hormontherapie oder eine Testosterontherapie. Andererseits ist zu klären, was Ihnen sexuelle Erfüllung bieten könnte. Ist Ihnen Zärtlichkeit wichtig, Nähe, Körperkontakt. Dann kommunizieren Sie das mit Ihrem Partner, dass Ihnen das im Moment wichtiger ist, damit Sie sich nicht benutzt fühlen. Sprechen Sie mit Ihrem Partner, er kann nur auf Sie eingehen, wenn Sie ihm in Ruhe mitteilen, was Sie sich wünschen und was Sie nicht möchten. Klären Sie mit dem Frauenarzt hormonelle und körperliche Belastungsfaktoren ab.

XZülke : Mein Mann hat Erektionsstörungen wegen Diabetes und Durchblutungsstörungen. Das ist jetzt so stark ausgeprägt, dass eigentlich keine Erektion mehr möglich ist. Jetzt überlegt er so eine Penispumpe einbauen zu lassen. Ich finde den Gedanken total schrecklich. Allein der Gedanke daran macht mich unfähig etwas zu empfinden. Kann man das überwinden?

DR. GOLOMBECK: Liebe XZülke, warum will er das? Möchte er Ihnen was Gutes tun, möchte er wieder für Sie mit Hilfsmittel ein vollwertiger Sexualpartner sein? Wenn das für Sie nicht in Frage kommt, dann nehmen Sie ihm diesen Druck und sagen Sie, dass Sie diese Form von Sexualität nicht brauchen und nicht wollen. Gibt es andere Formen von Sexualität, die Sie leben können? Manche Menschen und Paare genießen das Küssen, den Körperkontakt, den Austausch von Liebe auf vielfältigen Wegen. Sprechen Sie mit Ihrem Partner und klären Sie für sich, was Ihnen wichtig ist, was Sie sich zutrauen und was nicht. Erst dann können Sie nach Hilfsmitteln medizinische Art oder ggf. auch paartherapeutischer Art zurückgreifen.

DR. GOLOMBECK: Ich bedanke mich bei allen Teilnehmern dieser Sprechstunde für die rege Teilnahme und die vielen interessanten Fragen. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend.



Ende der Sprechstunde.