Knochenmetastasen: Wenn die Krankheit nicht mehr heilbar ist

CGG Klinik Mannheim
Prof. Dr. med. Ingo J. Diel
(Mitinhaber und Gesellschafter)
Gynäkologischer Onkologe
Quadrat P7, 16-18
68161 Mannheim

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Fax: 0621/ 12 50 64 29

Schwerpunkte

Knochenmetastasen
Systemische Therapie
Bisphosphonate
Multimodale Therapie

Primäre Therapie des Brustkrebses
Chemotherapie
Endokrine Therapie
Antikörpertherapie
Prognosefaktoren
Neoadjuvante Therapie

Osteoporoseprophylaxe
beim Mammakarzinom
Postmenopausal


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PROTOKOLL

Knochenmetastasen: Wenn die Krankheit nicht mehr heilbar ist

Lilo: Ich hatte Brustkrebs mit OP und Chemo. Alles so weit so gut, alles abgearbeitet. Was bleibt, ist die ständige Angst vor Metastasen. Besonders gewarnt hat man mich vor Metastasen in den Knochen, weil die besonders hartnäckig sein sollen. Was also tun zur Verhinderung? Mein Onkologe sieht das Risiko nicht größer, als für Metastasen in anderen Bereichen. Kann ich mich also zurücklehnen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Das Risiko für eine Metastasierung ist individuell sehr unterschiedlich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob man an Knochen- oder anderen Metastasen wiedererkrankt. Wenn man die Erstbehandlung abgeschlossen hat, ist das Risiko in den meisten Fällen bei maximal 20%, kann aber im Einzelfall weitaus günstiger sein. Um diese Frage endgültig zu beantworten, muss der Arzt das Risikoprofil kennen.

Monja: Welche Metastasen sind aggressiver und schwerer unter Kontrolle zu bekommen in den Organen oder in den Knochen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Metastasen in Leber und Lunge können sehr aggressiv sein und gehen in aller Regel mit einer etwas schlechteren Prognose einher als Knochenmetastasen. Patienten mit Knochenmetastasen allein können u. U. noch viele Jahre bei guter Lebensqualität überleben.

Regensburg: Was bietet die sicherste Diagnostik bei Knochenmetastasen Röntgen, CT oder MRT?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Das MRT ist die sicherste Methode, insbesondere, wenn Röntgen- oder Knochenszintigramm nicht eindeutig sind.  Das CT ist ähnlich gut wie das MRT.

JojoLo: Gibt es eigentlich so etwas wie einen Ganzkörperscanner, um überall Metastasen aufzuspüren?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ja. Man kennt das allseits bekannte PET/CT. Diese Methode ist aber nur dann wirklich sinnvoll, wenn man mit den anderen Untersuchungstechniken nicht zu einem Ergebnis kommt. Die klassischen Untersuchungsmethoden sind Knochenszintigramm, MRT des Oberbauchs und CT Thorax (Brustkorb).

S.Corodaz: Soweit ich das beobachte, gehen Krankheiten in erster Linie in die Schwachstellen eines Organismus. Ich weiß, dass auch bei Brustkrebs die Gefahr besteht, dass da Metastasen in die Knochen gehen. Deshalb die Frage, ob meine Frau vorher was dagegen tun kann, um Ihre Knochen „stark“ macht durch eine hohe Dosis an Kalzium o.ä.?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Das, was die Knochen stark macht, ist zunächst eine knochengesunde Lebensweise. Das bedeutet: Sport und Bewegung (auch Krafttraining) und eine kalziumreiche Ernährung (Käse, Milchprodukte) und ein kalziumreiches Mineralwasser. Dazu sollte ausreichend Vitamin D zugeführt werden (z.B. 1.000IE täglich). Auch Knochenschutzpräparate (z.B. Bisphosphonate oder Denosumab) können vorsorglich eingesetzt werden. Dazu gibt es einige Studien, die den Vorteil aufzeigen.

Moldau: Es wird ja so viel geforscht. Deshalb frage ich mich, ob es wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse gibt, wann Knochenmetastasen am besten operiert, oder besser bestrahlt werden sollten?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Knochenmetastasen, die schmerzhaft sind, sollten in jedem Fall bestrahlt werden. Zusätzlich sollten Knochenschutzpräparate wie Bisphoshponate oder Denosumab verabreicht werden. Eine Operation ist dann sinnvoll, wenn der Knochen gebrochen ist, oder wenn eine extreme Bruchgefahr besteht. Das ist auch wissenschaftlich untersucht und in Leitlinien festgehalten.

Piet.Rostermann: Wo entstehen mögliche Metastasen nach Blasenkrebs? Gehen als erstes in die Nieren, oder gleich in die nahegelegenen Hüftknochen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Blasenkrebs kann ebenfalls häufig in den Knochen metastasieren, oder auch die Lymphknoten. Das ist allerdings bei allen Krebserkrankungen der Fall. Wenn Metastasen in den Knochen gelangt sind, dann gilt das gleiche Behandlungskonzept, wie ich es in den Fragen oben bereits beantwortet haben, d.h. Strahlentherapie, Knochschutztherapie und Behandlung des Ausgangstumors.

Güliz_Aslan: Meine Mutter hatte Eierstockkrebs. Der Linke wurde entfernt. Man sagte ihr damals vor 2 Jahren, das sei noch am Anfang und alles gut. Aber jetzt hat sie zwei Metastasen an der Beckenschaufel und eine in der Wirbelsäule. Was genau heißt das – keine Chance auf Heilung? Wie geht es weiter?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Knochenmetastasen bei Eierstockkrebs sind nicht häufig. Sollten Sie ausschließlich diese beiden Knochenmetastasen haben, wäre eine Strahlentherapie sinnvoll. Desweiteren muss man auch die Grundkrankheit behandeln, wobei das, falls noch nicht geschehen, eine Chemotherapie bedeutet. In jedem Fall sollte vorher gesichert sein, dass es sich tatsächlich um Metastasen handelt (MRT und Knochenszintigramm, oder eine Gewebsentnahme aus dem Knochen).

Sabine: Wie hoch ist das Risiko nach einer entfernten Knochenmetastase im Brustwirbelbereich? Kann der Knochen sich davon komplett erholen – ich sage extra nicht heilen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Wenn die Metastase völlig entfernt ist und eine zusätzliche Strahlenbehandlung stattgefunden hat, sollte gleichzeitig eine Chemotherapie oder Antihormontherapie folgen. Dann ist die Chance groß, dass die Krankheit zum Stillstand kommt. Eine Heilung ist theoretisch möglich, allerdings schwierig.

Günther-Niekerken: Ich finde, es wird häufig zu unbesorgt mit dem Begriff umgegangen, dass jemand geheilt ist. Diese Frage habe ich meinem Onkologen nach meiner Prostatakrebserkrankung und abgeschlossener Behandlung nicht gestellt. Wenn ich mich im Freundeskreis umgucke, bleibt die Krankheit an sich irgendwie immer im Hintergrund. Muss ich mit der Bedrohung von Metastasen immer leben? Vor Knochenmetastasen habe ich besondere Angst.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Heilungsrate bei Prostatakrebs ist ähnlich gut, wie bei Brustkrebs und liegt zwischen 80 - 85%. D.h. bei diesen Patienten kommt es nicht zu einer Metastasierung und sie sind geheilt. Manchmal kann, insbesondere beim Brustkrebs, die Krankheit auch nach vielen Jahren wiederkommen. Das ist aber tatsächlich selten. Sowohl beim Prostatakarzinom als auch beim Mammakarzinom treten Knochenmetastasen häufig auf, aber eben nur bei 15 - 20% der Patienten.

Westermeier: Was ist der beste Knochenschutz während einer Chemotherapie? Ist ganz neue für mich, dass man da was für die Knochen tun sollte, aber ich wurde bei einem detaillierten zweiten Gespräch darauf hingewiesen, dass das möglicherweise notwendig wird. Ich nutze deshalb sehr gern diese Sprechstunde. Empfohlen wurden mir Bisphophonate. Ist das der optimale Weg?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ein spezieller Knochenschutz unter einer Chemotherapie ist nicht notwendig, sollte aber, wenn die gemessene Knochendichte abfällt, langfristig eingesetzt werden. Dazu eigenen sich insbesondere Bisphosphonate und Denosumab. Auch wenn der Wirkmechanismus dieser beiden Substanzklassen unterschiedlich ist, so ist der Effekt doch der gleiche, da die knochenabbauenden Zellen gehemmt werden.

R.Broderick: 2017 wurde meine linke Niere entfernt. Es geht mir gut. Nicht zuletzt, weil ich vieles verändert habe. Im Hinterkopf bleibt aber immer die Angst, dass irgendwo noch Metastasen auftauchen. Sterben nomadisierende Krebszellen irgendwann ab und sind unschädlich?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Das Behandlungsziel bei einer Tumorerkrankung ist, dass man auf vielerlei Art die Tumorzellen unschädlich macht. Das gelingt durch Chemotherapie, Antihormontherapie und Strahlentherapie. Sollten Tumorreste zurückbleiben, kann das für ein Wiederauftreten der Erkrankung sprechen. Der Nachweis solcher minimaler Tumorreste ist sehr schwierig, daher ist es ganz wichtig, bei der Erstbehandlung alle therapeutischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Heute können die meisten Tumorerkrankungen, die zu Knochenmetastasen führen, geheilt werden.

Musash: Erst hatte meine Frau vor 6 Jahren Darmkrebs. Vor 4 Wochen bekam ich mit 57 die gleiche Diagnose. OP war schon, jetzt Chemotherapie. Wirkt die bei Männern und Frauen gleich? Lassen sich daraus Ableitungen auf mögliche Knochenmetastasen machen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Patienten mit Darmkrebs haben typischerweise Lebermetastasen, aber seltener Knochenmetastasen. Mit Operation und Chemotherapie können etwa 50% aller Patienten geheilt werden. Wobei diese Therapien bei Frauen und Männern gleich wirken.

Lieni: Obwohl meine Freundin seit ich sie kenne (35 Jahre) keinerlei Alkohol trinkt (migräneauslösend) hat sie Bauspeicheldrüsenkrebs bekommen. Keiner weiß warum. Sie hatte eine große Bauchoperation und hofft, Zeit gewonnen zu haben. Mit Metastasen ist zu rechnen. Wo gehen die zuerst hin, Leber, Rücken, Becken??

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Oft breiten sich die Tumormetastasen im Bauchraum aus oder metastasieren in die Leber. Da verhalten sich Bauchspeicheldrüsenkrebse ähnlich wie Darmkrebse und Eierstockkrebs. Übermässiger Alkoholgenuss ist zwar Risikofaktor, aber bedeutet noch lange, dass man deswegen Bauchspeicheldrüsenkrebs bekommt. Die Ursachen für diese Tumorart sind zum größten Teil nicht bekannt.

Saliminia: Meine Mutter soll Bestrahlung bekommen gegen 3 Knochenmetastasen ziemlich dicht beieinander im Becken. Ich habe herausgefunden, dass es unterschiedliche Bestrahlungen gibt u.a. auch eine Radionuklidtherapie. Wann ist welche Behandlung angesagt? Kann man danach eine schützende Behandlung weiterführen, damit möglichst keine neuen Metastasen im Knochen entstehen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Strahlentherapie von Knochenmetastasen ist die Methode der Wahl bei schmerzhaften Metastasen, oder, wenn nur sehr wenige vorhanden sind. Typischerweise werden die Metastasen von außen bestrahlt mit einem Bestrahlungsgerät, dass sich im Kreise dreht. Dadurch wird die Metastase in den Fokus der rotierenden Strahlung gelegt und erhält die höchste Dosis unter Schonung des Umfeldes. Die Radionuklidtherapie besteht darin, das man radioaktive Substanzen, die an Bisphosphonate gekoppelt sind, über eine Spritze oder Infusion verabreicht. Diese Therapie wird insbesondere bei sehr starken Schmerzen eingesetzt, häufig beim metastasierten Prostatakarzinom, sehr viel seltener bei metastasiertem Brustkrebs.

Carina: Glücklicherweise konnte meine Blase (Blasenkrebs) erhalten bleiben. Ich habe auch keine Chemo danach bekommen. Aber die Angst bleibt. Gehen mögliche Metastasen ins direkte Umfeld, also Becken, Hüfte, Wirbelsäule?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Typischerweise metastasiert das Blasenkarzinom in die umgebenden Lymphknoten und seltener in den Knochen. Eine Metastasierung in die nächst gelegenen Knochen ist möglich, aber nicht unbedingt typisch.

Ruth.und.Roger: Gibt es Klarheit über wie häufig Knochenmetastasen die Folge einer Krebserkrankung sind? Wann, wie schnell trotz Chemo, wie häufig?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Knochenmetastasen sind bei Brustkrebs, Prostatakrebs, Lungen-, Schilddrüsen- und Nierenkrebs häufig, bei allen anderen Tumorerkrankungen selten. Knochenmetastasen können zu jedem Zeitraum nach der Primärbehandlung auftreten. Typischerweise in den ersten fünf Jahren danach. Seltener auch nach 10 Jahren und später.

Currier: Kann man als Laie Knochenschmerzen unterscheiden lernen? Ich hatte mit 63 Jahren vor 9 Monaten eine Prostatakrebs Operation. Immer wenn es irgendwo schmerzt denke ich der Krebs ist wieder da, oder es ist eine Metastase. Dabei tun mir einfach ganz normal altersbedingt die Knochen weh. Aber es wäre eine gute Sache zum persönlichen Selbstschutz, wenn ich das unterscheiden könnte.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Unterscheidung, ob es sich um einen Schmerz durch Knochenmetastasen handelt, oder ob der Schmerz von den Gelenken ausgeht im Sinne einer Alterserscheinung, kann sehr schwierig sein. Schmerzen in den Händen und Füßen kommen typischerweise von den Gelenken und nicht vom Knochen. Alle unklaren Schmerzen im Rücken, die neu aufgetreten sind, müssen abgeklärt werden. Metastasenschmerzen sind typischerweise immer vorhanden und werden nicht nach Bewegung besser. Außerdem sind Knochenmetastasen im Liegen und im Sitzen und im Stehen schmerzhaft. Trotzdem empfehle ich bei allen neu aufgetretenen Schmerzen eine Abklärung, um Knochenmetastasen, wenn möglich, früh zu behandeln.

Wirth5: Durch meine Krebserkrankung habe ich sehr viele Medikamente verabreicht bekommen im letzten Jahr. Warum jetzt auch noch Schmerzen in den Knochen dazukommen, weiß ich nicht, denn eigentlich ist soweit alles in Ordnung. Allerdings soll ich noch eine „Knochenstärkung“ erhalten. Da gibt es wohl unterschiedliche Möglichkeiten. Regelmäßig Tabletten, oder Spritzen. Tabletten müsste ich jeden Tag nehmen, Spritzen alle paar Monate. Fände ich besser. Worin unterscheidet sich das sonst noch?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Zunächst mal wäre es wichtig zu wissen, unter welcher Krebserkrankung Sie leiden und ob die Schmerzen auf Metastasen zurückzuführen sind oder nicht. Im zweiten Falle wäre es sinnvoll, wenn Sie Knochenschutzpräparate wie Bisphosphonate oder Denosumab nehmen. Das Gleiche gilt allerdings bei einer Osteoporose, allerdings in einer geringeren Dosierung. Welche Therapie bei Ihnen sinnvoll ist, kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht den Ursprung der Schmerzen kenne.

Essen: Wenn Metastasen vom Darm in einen Knochen wandern, dann passiert doch dort eigentlich das umgekehrte, als beim Darmkrebs, wo zusätzliches Gewebe wuchert. Wenn ich richtig informiert bin, bauen Metastasen den Knochen ab. Wie können ein und dieselben Krebszellen den Knochen abbauen und im Darm zusätzliches Gewebe aufbauen und so etwas konträres auslösen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass es auch Knochenmetastasen gibt, die mit einer Gewebsvermehrung im Knochen selbst einhergehen (sogen. osteoblatische Metastasen). Die Metastasen im Knochen können deshalb nicht im Übermaß wuchern, weil der Knochen ihnen Widerstand entgegen setzt. Wenn die Knochensubstanz durch die Metastasen völlig zerstört ist, können die Metastasen auch in die Umgebung wuchern. Dies kann insbesondere bei Wirbelsäulenmetastasen geschehen. D.h. so groß ist der Unterschied bezüglich des Wachstums im Darm, oder Knochen nicht. 

Ellen_Hartig: Meine Mutter soll Thalidomid gegen Darmkrebs bekommen? Das nimmt einem ja ziemlich den Atem. Gerade die Altersgruppe meiner Mutter (ich bin 42, Mutter 74) hat das ja alles miterlebt. Wie kann ich meiner Mutter klar machen, dass sie es versuchen soll? Ist das schon allgemeine Anwendung, oder nur in speziellen Fällen? Hat das Vorteile in Bezug auf Metastasen z.B. in Knochen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Dass man Thalidomid gegen Darmkrebs einsetzt ist mir neu, aber es ist möglich. Thalidomid hat bei Frauen, die es während der Schwangerschaft eingenommen haben, schwerste Fehlbeildungen bei deren Kinder hervorgerufen. Bei einer Frau im Alter Ihrer Mutter ist diese Gefahr allerdings irrelevant.  Thalidomid ist bei Erwachsenen in dieser Hinsicht ungefährlich.

Desperado: Nach erfolgreicher Bestrahlung von 2 Metastasen an der Beckenschaufel (Brustkrebs mit 62) ist für mich die zentrale Frage, wie weitere Metastasen verhindern?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Diese Frage sollten Sie intensiv mit Ihrem behandelnden Gnyäkologen/Onkologen besprechen. Es bieten sich die Therapieprinzipien Chemotherapie und Antihormonelle Therapie an, was aber vom Tumortyp abhängig ist, den ich bei Ihnen nicht kenne. In jedem Falle muss man Knochenschutzpräparate (Bisphosphonate oder Denosumamb) verabreichen. Das senkt die Gefahr von Knochenschmerzen und Brüchen und auch in geringerem Ausmaß das Auftreten von neuen Knochenmetastasen.

Carsent_V.: Unsere Mutter hatte Brustkrebs in fortgeschrittenem Stadium mit Rückfall, Metastasen und immer wieder von vorn. Jetzt geht es um Knochenmetastasen. Die Betreuung und Begleitung bekommen wir als Familie gut hin, die emotionale Situation dagegen ist schlechter zu handhaben. Wir können sie ja nicht anlügen und sagen, Du wirst wieder gesund. Wie können wir bei Knochenmetastasen argumentieren?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Zunächst mal sollte man der Mutter schon sagen, dass diese Krankheit nicht wieder weggeht. Gleichzeitig muss man ihr vermitteln, dass man mit Knochenmetastasen viele Jahre sehr gut leben kann bei guter Lebensqualität. Wichtig ist ein Therapeut, der sich mit der Behandlung von Knochenmetastasen gut auskennt und jeweils die richtigen therapeutischen Methoden einsetzt (Strahlentherapie, Chemotherapie, Knochenschutztherapie usw.). Anlügen würde ich Ihre Mutter auf keinen Fall. Sie wird schon wissen, wie viel sie tatsächlich erfahren möchte oder nicht. Worte wie unheilbar oder palliativ werden der Sache nicht gerecht. Es ist besser, von einer chronischen Erkrankung zu sprechen, so wie es bei Diabetes und Bluthochdruck auch der Fall ist.

Alberts: Für verschiedene Krebserkrankungen gibt es schon Möglichkeiten, dass man durch Marker vorher weiß, ob bestimmte Therapien wirken oder nicht. Gibt es so etwas auch bei der Behandlung von Metastasen z.B. an der Hüfte und in der Wirbelsäule? Es würde ja eine Menge Leiden ersparen, wenn man nicht wirksame gleich weglassen und nur auf die anderen Möglichkeiten fokussieren könnte.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Wenn eine Gewebsentnahme an einem befallenen Knochen möglich ist, so kann dieser Eingriff sinnvoll sein und bei der Auswahl der künftigen Therapie helfen. Nicht selten hat sich das biologische Erscheinungsbild in der Metastase geändert, im Vergleich zum Primärtumor. Das sollte auch zu einer Änderung der Therapie führen. Allerdings weisen 75 - 80% aller Brustkrebsmetastasen ein identisches Markerprofil wie der Primärtumor auf.

JakobFaber: Nach einer Brustkrebstherapie hat meine Frau (58J.) regelmäßig Schmerzen in den Knochen, aber bisher soll alles ok sein. Was sagen die Schmerzen jetzt aus? Dass sich da was entwickelt? Möglicherweise Metastasen? Wie verhalten wir uns richtig?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Häufig sind Gelenkbeschwerden eine typisch unerwünschte Wirkung einer Antihormontherapie und können Knochenschmerzen imitieren. Im Zweifelsfall ist es klug, eine Abklärung herbeizuführen. Oft hilft ein normales Rötgenbild bei der Unterscheidung Kochenmetastasen oder Gelenkbeschwerden.

Omid: Meine Freundin und ich leben seit über 25 Jahren in getrennten Wohnungen, das hat sich sehr gut bewährt. Allerdings ist sie jetzt ernsthaft an Nierenkrebs erkrankt und die getrennten Wohnungen machen die Versorgung viel komplizierter. Wir trauen uns aber nicht, das zu verändern gerade in dieser besonderen Phase. Ich würde sie sehr gern eng begleiten und unterstützen, denn ich habe große Angst vor einem Rückfall, oder ein Fortschreiten ihrer Erkrankung durch Metastasen. Wie hoch ist die Rückfallquote mit 4 befallenen Lymphknoten. Bilden Knochenmetastasen eine besondere Gefahr?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Bei Nierenkrebs ist Auftreten von Knochenmetastasen nicht ungewöhnlich, wenn aber keine Erkrankung durch Metastasen vorliegt, hat Ihre Freundin eine gute Prognose, auch in Hinblick auf eine Heilung. Solange sie sich selbst versorgen kann, muss keine Änderung der jetzigen Situation erfolgen. Wenn dieser Fall eintritt, müssen Sie sich mit Ihrer Freundin besprechen, ob es nicht sinnvoller ist, hauptsächlich in einer Wohnung zu leben. Mit der anderen Wohnung im Hintergrund.

Osnabrück: Nach einer Darmkrebs-OP und der Entfernung von knapp 30cm Darm und entsprechender Chemotherapie bin ich jetzt dem Leben näher, als dem Tod. Ab welcher Zeitdistanz kann ich mich zurücklehnen und davon ausgehen, dass ich es geschafft habe und wieder gesund bin?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Diese Frage ist schwer zu beantworten. Eines ist allerdings sicher: Je länger der Zeitabstand ist zur Erstbehandlung des Tumors, umso größer ist die Aussicht auf Heilung. Wenn nach fünf bis sieben Jahren kein Rückfall aufgetreten ist, sind die meisten Patienten geheilt.

Franka_Boysen: Ich habe an einer Patientenveranstaltung teilgenommen mit einem Vortrag über Brustkrebs, Da wurde berichtet, wie viel besser die Überlebenschancen mit Tamoxifen sind, wenn man das doppelt so lange nimmt, also anstatt 5 lieber 10 Jahre. Woher kommen solche Ergebnisse. Das verunsichert mich mehr, als dass es mir nützt. Ich schaffe die 5 Jahre kaum, weil mir das Zeug nicht bekommt. Aber natürlich möchte ich lange leben. Ist diese Verlängerung auf 10 Jahre jetzt ein Trick der Pharmafirma für mehr Umsatz, oder ist das eindeutig durch eine echte (!) Studie – nicht nur „Anwendungsbeobachtung“ – belegt?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Zu dieser Fragestellung gibt es einige gute Studien, die prospektiv angelegt sind. Allerdings muss man wissen, dass der Überlebensvorteil von der Anfangsprognose abhängig ist. D.h. Patientinnen mit einem hohen Rückfallrisiko profitieren von einer 10-Jahrestherapie, Patientinnen mit guten Prognosefaktoren, tun das nicht. Zu welcher Gruppe Sie persönlich zählen, kann ich ohne weitere Informationen nicht beantworten. Die "böse" Pharmaindustrie steckt nicht dahinter, denn Tamoxifen ist längst aus dem Patent und damit ausgesprochen preisgünstig. Mein Ratschlag ist, Sie sollten mit Ihrem Onkologen eine Risikoanalyse machen. Wenn Ihre Rückfallquote gering ist, kann ich keine 10-Jahrestherapie empfehlen. 



Ende der Sprechstunde.