Osteoporose - Eine ernsthafte Erkrankung

OrthopädieZentrum Maschen
Dr. med. Knut Behle
 
Facharzt für Orthopädie
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PROTOKOLL

Osteoporose - Eine ernsthafte Erkrankung

Österreich: Frau 56 Jahre mit zwei Brustwirbel Brüchen,darf man nach drei Jahren Ibandronsäureinfusionen und angestiegener Knochendichte die Therapie beenden?Um abzuwarten und nach einem Jahr die Knochendichte zu kontrollieren und gegebenfalls die Therapie wieder aufzunehmen.

Dr. med. Knut Behle: Das ist eine sehr aktuelle Frage, da gerade in der Diskussion unter den Experten die Frage beleuchtet wird: Darf man eine Osteoporosetherapie überhaupt beenden. In jedem Fall ist bei einer derartigen Situation mit einer grundsätzlich erhöhten Frakturgefährdung zu rechnen. Zur Zeit wird keine Unterbrechung empfohlen, da ohne Therapie die Knochendichte fast immer absinkt und die Frakturneigung dadurch steigt. Dies ist zwar von Medikament zu Medikament unterschiedlich, aber im Moment besteht eine klare Tendenz, die Therapie fortzusetzen.

Jette: Bei meiner Mutter sind zwei Wirbel komplett zusammengebrochen. Ich kann mir so etwas gar nicht vorstellen, das muss doch höllisch wehtun. Aber davon hat sie nie etwas gesagt. Es ging immer nur um Rückenschmerzen. Jetzt die Frage ist wirklich Osteoporose die Ursache ist oder steckt da was anderes hinter?

Dr. med. Knut Behle: Häufig führt eine fortgeschrittene Osteoporose in der Tat zu Wirbelkörperbrüchen, wobei die Wirbelkörper bisweilen in der Tat fast komplett zusammen sinken. Geschieht dies ohne Unfall (was auch das Anheben eines schweren Blumenkübels sein kann) geschieht dieser sogenannte Sinterungsprozess eher langsam. Deswegen bemerkt man manchmal ältere Wirbelkörperfrakturen erst im Röntgenbild. Der langsame Sinterungsprozess ist auch die Ursache dafür, dass eben nicht bei jedem Bruch sofort starke Schmerzen auftreten. Inwiefern ausschließlich eine Osteoporose bei Ihrer Mutter hierfür verantwortlich ist, kann naturgemäß von hier aus nicht gesagt werden. Hier ist eine Leitlinien-gerechte Basisdiagnostik mit Laboruntersuchung sicher sinnvoll.

Janina: Seit fast 10 Jahren lebe ich vegan, davor gut 5 Jahre vegetarisch. Inzwischen bin ich etwas verunsichert und frage mich, ob das ein Problem ist? Baue ich dadurch Defizite in der Versorgung der Knochen schon vor den Wechseljahren auf?

Dr. med. Knut Behle: In der Tat spielt die knochengesunde Ernährung eine erhebliche Rolle für die Prophylaxe einer Osteoporose. Wenn Sie eine ausreichende Kalzium und Vitamin-D Zufuhr gewährleisten und ein entsprechendes körperliches Training ausüben, besteht in der Regel keine erhöhte Osteoporose-Gefahr. Da aber Vitamin-D fettlöslich ist und vorwiegend z.B. im Seefisch vorkommt, ist es häufig etwas schwieriger für einen Veganer eine ausreichende Vitamin-D Zufuhr allein aus der Ernährung zu gewährleisten. Dies kann man aber durch Vitamin-D Präparate problemlos ausgleichen.

Otto-5: Was ist bei einem Score unter 3 – hat meine Frau. Ist es richtig, dass sie jetzt Spritzen bekommt um Osteoporose zu verhindern, oder hat sie die schon? Was können da Spritzen bewirken?

Dr. med. Knut Behle: Ob eine medikamentöse Osteoporose-Therapie angezeigt ist, hängt zum einen von dem T-Score ab, den Sie mit 3 angegeben haben, zum anderen hängt es aber auch vom Alter ab. Ist z.B. Ihre Frau bereits über 65 Jahre alt oder hat noch andere Risikofaktoren, ist eine sog. spezifische Osteoporose-Therapie in jedem Fall sinnvoll. Hier gibt es durchaus Präparate, die in Spritzenform verwendet werden. Die meisten Präparate, die injiziert werden, hemmen den weiteren Knochenabbau. Es gibt nur ein Präparat, welches den Knochen wieder anbaut. Dies ist aber für spezielle Sonderfälle reserviert.

Li_Rybacki: Meine Tochter ist 14 und leidet seit sie 8 Jahre ist unter Asthma mit Spray und immer wieder Cortison. Gegenwärtig ist sie auf Kur. Es ist ziemlich schrecklich, denn gerade geht es für uns um eine neue Dimension. Kann es sein, dass ihre Knochen schon geschädigt sind und sie deshalb nicht ausreichend wächst?

Dr. med. Knut Behle: Grundsätzlich ist Kortison - vor allem als systemische Therapie, also in Form von Tabletten - ein erheblicher Risikofaktor für das frühzeitige Erleiden einer Osteoporose. Bei den Kortison-Sprays ist die Situation deutlich entspannter. Da verhältnismäßig wenig Kortison im Blut erscheint, halten sich die Wirkungen am Knochen in Grenzen. Lediglich bei langjähriger, hochdosierter Inhalations-Therapie steigt das Frakturrisiko um ca. 27%.

Kutscher: Mit den Hormontabletten ist das so eine Sache. Sollen ja u.a. die Knochen stabil halten. Aber was ist mit Brustkrebs? Besonders gefährlich offenbar die Kombination von Östrogen und Gelbkörperhormon. Allerdings können auch Osteoporose-Medikamente belastend sein für den Körper. Ist das jetzt die Wahl zwischen Pest und Cholera?

Dr. med. Knut Behle: Grundsätzlich hat die Hormonsituation insbesondere bezüglich des Östrogens eine erhebliche Auswirkung auf die Knochendichte. Das Östrogen ist ein ganz wichtiger Knochenschutzfaktor. Hier liegen die Frauen, die relativ früh ihre Menstruation bekommen haben, viele Kinder bekommen haben, diese gestillt haben und spät in die Wechseljahre gekommen sind, besser im Rennen. Da aber, wie Sie richtig schreiben, einige gynäkologische Tumoren hormonabhängig wachsen, ist man von der früher eingesetzten Hormonersatztherapie mit Östrogenen weitgehend abgerückt. Mit dem Raloxifen steht allerdings ein Präparat zur Verfügung, das am Knochen praktisch wie ein Östrogen wirkt und damit den Knochen schützt, aber die entsprechenden Rezeptoren in der Gebärmutter und der weiblichen Brust nicht tangiert. Insofern gibt es also für die von Ihnen skizzierte Situation auch eine gut etablierte Lösung.

Michelle_Gogenholtz: Unser Orthopäde bei dem unsere gesamte Familie in Behandlung ist wegen Osteoporose hat mich gefragt, ob ich an einer Erhebung teilnehmen würde. Ist eine Art Studie, aber nicht im wissenschaftlichen Sinne der Ethikkommission. Er sagt, weil es bei uns durch vier Generationen (Meine Oma ist 99) läuft, möchte er die Daten unserer Familie sichern. Wir haben zugestimmt. Das ist mit zusätzlichen Arztterminen verbunden, Lauferei usw. Nur, was kommt am Ende bei so etwas raus? Sind das dann relevante Daten, die sinnvoll verwendet werden können über unsere Familie hinaus, oder bleibt das in seinem Praxiscomputer stecken? Wie beurteilt Dr. Behle das?

Dr. med. Knut Behle: Diese Frage ist sicherlich wichtig und berechtigt. Aber ohne genauere Kenntnisse des Auftraggebers und des so genannten Studiendesigns ist hier eine verlässliche Aussage nicht möglich. Insgesamt ist aber bekannt, dass die familiäre Häufung auftritt und heute als einer der wichtigen Risikofaktoren gelistet ist.

Erika_Grundi: Welche Behandlung ist nach Wirbelstabilisation richtig, um eine weitere Verschlechterung zu verhindern?

Dr. med. Knut Behle: Grundsätzlich wäre hier zu klären, warum eine Wirbelsäulenstabilisierung durchgeführt worden ist. Ist dies aufgrund einer osteoporotischen Wirbelkörperfraktur geschehen, steht die Behandlung der Osteoporose sowohl medikamentös als auch physiotherapeutisch sicherlich im Vordergrund. Hier kommt neben der medikamentösen Therapie auch der körperlichen Aktivität eine enorme Bedeutung zu. Sollte die Wirbelsäulenstabilisierung wegen degenerativer Veränderungen erfolgt sein, ist in der Regel ein moderates Muskelaufbautraining sinnvoll und ausreichend.

Kalter: Seit ich 47 Jahre alt bin (jetzt 52) bin ich in den Wechseljahren. Meine Gynäkologin fand das damals ziemlich früh. Jetzt habe ich Osteoporose. Muss von innen kommen, denn ich bin Sportlehrerin und kenne alle diese Zusammenhänge, die in den Wechseljahren entstehen können. Wie ist es trotzdem möglich? Welche Medikamententherapie bietet sich für mich an?

Dr. med. Knut Behle: In der Tat ist das frühzeitige Eintreten in die Wechseljahre ein erheblicher Risikofaktor für das frühzeitige Bekommen einer Osteoporose. Dies hängt mit dem fehlenden Östrogenschutz der Knochen zusammen. In jedem Fall ist eine Basisdiagnostik mit Laboruntersuchung sinnvoll, um so genannte sekundäre Osteoporosen auszuschließen. D.h. man muss sichergehen, dass nicht andere Ursachen für die Osteoporose vorliegen. Vom Ergebnis dieser Untersuchung ist dann die Therapie-Strategie abhängig. Hier kann in der Regel Raloxifen helfen, um den Knochenmasseverlust aufzuhalten. Raloxifen ist allerdings bei dem gleichzeitigen Auftreten von typischen Wechseljahresbeschwerden nicht geeignet, da Raloxifen ausschließlich am Knochen wirkt und keine Einfluss auf z.B. Hitzewallungen o.ä. hat.

Frohsinn: Gibt es eine messbare und damit kontrollierbare Menge an Bewegung, die Osteoporose im Alter verhindert?

Dr. med. Knut Behle: Meines Wissens gibt es keine randomisierte doppelverblindete Studie, die eine Dosierung ermittelt hat. Es gibt heute die Grunderkenntnis "Turne bis zur Urne". Im Gegensatz zu der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, in der man glaubte, dass ein Muskelaufbautraining im fortgeschrittenen Alter unsinnig ist, weiß man heute, dass ein moderates Muskelaufbautraining auch noch jenseits der 70 einen erheblichen Effekt hat.

Jana_Jensen: Habe eine Hüftgelenknekrose und brauche eigentlich ein neues Gelenk. Geht das bei Osteoporose, oder schließt sich das aus? Aber was ist dann? Bitte eine Antwort von Dr. Behle. Vielen Dank.

Dr. med. Knut Behle: Eine Hüftkopfnekrose ist eine Spezialform der Osteoporose. Man spricht hier auch von einer transitorischen oder transienten Osteoporose. Ob das Hüftgelenk als Gelenk zu retten ist, hängt im Wesentlichen von dem Stadium der Hüftkopfnekrose ab. In frühem Stadium kommen manchmal noch Infusionstherapien zur Anwendung. Gelegentlich kann eine Entlastungsbohrung in den Schenkelhals hier den Hüftkopf noch retten. Das hängt wie gesagt vom Fortschreiten der Hüftkopfnekrose ab. Liegt eine höhergradige Deformierung vor und ist das Gelenk nicht zu retten kommt in der Regel nur ein künstliches Gelenk in Betracht. Heute gibt es Verankerungssysteme, die auch bei einer Osteoporose eine ausreichende Stabilität gewährleisten. Ich darf daran erinnern, dass es auch Patienten gibt, die erst ein künstliches Gelenk jenseits der 80 erhalten. Und hier liegt definitiv nicht immer ein gesunder Knochen vor.

GünterFritzsche: Sowohl meine Mutter, als auch Schwiegermutter haben durch Stürze Oberschenkelhalsfraktur bzw. Bruch erlitten. Als man der Sache nachgegangen ist haben wir erfahren, dass beide Osteoporose in unterschiedlichen Stadien hatten. Keiner wusste vorher was davon. Meine Mutter bekommt Kalzium und Vitamin-D, Schwiegermutter bekommt in Abständen von mehreren Monaten eine Spritze, weil bei ihr die Krankheit fortgeschrittener ist. Kann das bei meiner Mutter jetzt auf diesem Level evtl. gehalten werden, oder muss sie auch die nächste Behandlungsstufe bekommen? Woran merken wir, dass es soweit ist?

Dr. med. Knut Behle: Nach Ihren Angaben erhalten sowohl Ihre Mutter als auch Ihre Schwiegermutter bereits eine Basistherpaie mit Kalzium und Vitamin-D. Das ist essentiell um den Knochen mit den nötigen Baustoffen zu versorgen. Bei Ihrer Schwiegermutter kann es so sein, dass sie eine so genannte Halbjahres-Spritze erhält, da sich in der Tat die Krankheit in einem fortgeschritteneren Stadium befindet. In jedem Falle ist die Basisdiagnostik mit einer Laboruntersuchung und auch die Kontrolle der Knochendichte mit einer Dexamessung sinnvoll, um hier eine adäquate Behandlungsstrategie für die nächsten Jahre festzulegen. Leider ist es häufig so, dass eine Osteoporose erst dann diagnostiziert wird, wenn bereits Brüche aufgetreten sind.

Pott: Aufgrund meines Übergewichtes, kriege ich leider nicht weg, kann nur reduzieren und dann steigt es wieder, habe ich häufig Sodbrennen. Deshalb nehme ich regelmäßig Säureblocker (Protonenpumpenhemmer). Jetzt hat mein Hausarzt darauf hingewiesen, dass ich einen Knochenstatus machen lassen soll. Er meinte nämlich, das würde sich auch auf die Knochen auswirken können. Diese Aussage hat mich auf den Plan gebracht und ich werde mich darum kümmern. Vorab die Frage an Dr. Behle, wo da der Zusammenhang besteht?

Dr. med. Knut Behle: In der Tat hat eine Untersuchung für Aufregung gesorgt, dass so genannte Protonenpumpenhemmer eine Osteoporose begünstigen. Nach genaueren Recherchen ist es aber so, dass dies insbesondere für Menschen im höheren Alter zutrifft. Hier stellt sich die Frage nach einer Langzeitstrategie. Dies ist aber dann insbesondere vom Ausmaß Ihres Übergewichtes abhängig. Häufig funktioniert bei Übergewichtigen der Verschlussmechanismus vom Magen in die Speiseröhre nicht mehr, sodass es zum Sodbrennen kommt. Sollte eine ganz langfristige Behandlung mit Protonenpumenhemmern in der Tat geplant sein, kann eine Knochendichtemessung hier zumindest den Knochenstatus ermitteln. Aufgrund dieser Messung kann dann entschieden werden, ob eine spezifische Osteoporose-Therapie erforderlich ist.

Johanna: Was bringen Arzneimittel aus der Reihe der Biologika bei Osteoporose? Was genau ist das? Alles künstlich hergestellt, oder pflanzlich?

Dr. med. Knut Behle: Es gibt eine Vielzahl von Medikamenten und Hausmitteln die bei Osteoporose Anwendung finden können. Bei Vorliegen einer Osteoporose ist es sicherlich sinnvoll, eine gut untersuchte und gut verträgliche Therapieform zu wählen. Eine generelle Therapie mit pflanzlichen Wirkstoffen oder Biologika wird im Moment nicht empfohlen.

PeterMarsolt: Eine Knochendichtemessung hat bei mir einen auffälligen Befund ergeben. Die Zahlen habe ich gerade nicht präsent. Interessanterweise handelt es sich mitnichten um ein Anfangsstadium, so dass jetzt gleich mit Medikamenten vorgelegt werden soll. Das hat mich total schockiert. Kann man nicht erstmal mit Calcium und Vitamin D beginnen? Warum gleich so heftig?

Dr. med. Knut Behle: In der Tat ist das Ergebnis der Knochendichtemenssung in Verbindung mit den vorliegenden Risikofaktoren entscheidend für eine Therapieplanung. Sollte eine so genannte Osteopenie mit einem T-Score von > -2,5 vorliegen, spricht man noch nicht von einer Osteoporose. Hier kann dann in der Tat eine so genannte Basistherapie mit Kalzium und Vitamin-D zunächst ausreichen. Ist das Ergebnis der Knochendichtemessung allerdings schlechter und treten noch andere Risikofaktoren hinzu, kann in der Tat eine so genannte spezifische Osteoporose-Therapie mit hochwirksamen Medikamenten nötig sein. In der Regel verfügen die Osteologen aber über ein ausreichendes Spektrum an vernünftigen Therapie-Alternativen, sodass Ihnen abhängig von der Knochendichtemessung gut geholfen werden kann.

Fagaschewski: Es wird immer darauf hingewiesen, dass es besonders wichtig ist, eine begonnene Therapie auch genauso fortzusetzen, wie besprochen und verschrieben. Ganz ehrlich, ich möchte da doch gern auch noch mein Bauchgefühl berücksichtigen dürfen. Jeder Körper reagiert individuell und Studien, die zur Zulassung eines Medikamentes führen werden sehr allgemein an Patienten und Patientinnen durchgeführt. Niemand kennt meinen Körper so gut, wie ich. Und wenn ich das Gefühl habe, das ist nichts für mich, dann möchte ich das Medikament wechseln dürfen. Was würde dagegen sprechen?

Dr. med. Knut Behle: In der Tat ist es wichtig eine begonnene Therapie fortzusetzen. Sicherlich wird Ihr behandelnder Arzt das von Ihnen angesprochene Bauchgefühl berücksichtigen. Leider lässt das Bauchgefühl die meisten Menschen bei der Einschätzung ihrer Knochendichte doch häufig im Stich. Viele Menschen, die mit der Diagnose Osteoporose konfrontiert werden, hören davon zum ersten Mal nach einem Bruch. Das ist in der Regel dann eine katastrophale Situation, zumal wenn es sich um einen Wirbelkörper- oder Oberschenkelhalsbruch handelt. Bei allen diesen Menschen, die wir täglich behandeln, hat das Bauchgefühl komplett versagt. Hier ist aber sehr wichtig, Sie in die Therapiestrategie mit einzubinden. Leider weiß man von vielen Therapieabbrechern, die hinterher schlechter dran waren, als vor Beginn der Therapie. Das muss man ganz klar formulieren. Die letztendlich alleinige Entscheidung nach allem Für und Wider können natürlich nur Sie alleine treffen.

Kommet: Ich bin mit meiner Mutter zusammen zur Osteoporose-Sprechstunde gegangen und da war immer die Rede von Sturzprophylaxe. Hört sich gut an, aber wie führt man das bei einer noch alleinlebenden und sich alleinversorgenden Mutter ein? Interessant ja, aber bisher sträubt sie sich und sieht keine Notwendigkeit.

Dr. med. Knut Behle: Der Sturzprophylaxe kommt eine besondere Bedeutung im Alter zu. Häufig ist es so, dass insbesondere auch Alleinstehende über verschiedenste Dinge stolpern. Das kann eine Teppichkante oder ein Telefonkabel sein. Gerade aber wenn die Knochendichte schon herabgesetzt ist und eine Bruchgefährdung vorliegt ist es von überragender Bedeutung, dass man, wenn es irgendwie möglich ist, den Sturz vermeidet. Hier kommt der Sturzprophylaxe eine besondere Bedeutung zu. Man weiß, dass Menschen, die ein spezielles Muskelaufbautraining in Verbindung mit einem Koordinationstraining absolvieren, nicht nur eine verbesserte Knochendichte haben, sondern auch deutlich weniger stürzen. Da der Sturz fast immer das Auftreten eines osteoporotischen Bruches auslöst, kann man die Bedeutung der Sturzprophylaxe nicht hoch genug einschätzen. Vielleicht ist bei Ihrer Mutter die Sturzprophylaxe in einer Gruppe von ähnlich Betroffenen eine sinnvolle Alternative um sie für so eine Maßnahme zu begeistern.

Arndt_Wernicke: Ist mir fast peinlich zu fragen, weil ich nach wie vor der Meinung bin, dass Osteoporose vorrangig eine Frauenkrankheit in fortgeschrittenem Alter ist. Trotzdem die Frage, gibt es ein Alter, in dem man als Mann einen Knochenstatus machen sollte, unabhängig von Beschwerden?

Dr. med. Knut Behle: Ich finde das sehr mutig, dass Sie so eine Frage stellen. Zwar ist der Prozentsatz der Frauen, die eine Osteoporose bekommen, deutlich höher als bei Männern, aber insbesondere das fehlende Bewusstsein, dass diese generalisierte Knochenerkrankung auch Männer betreffen kann, ist nicht so verbreitet, wie es eigentlich sein sollte. Eine allgemeine Empfehlung für einen Knochenstatus gibt es in diesem Sinne nicht. Sollten Sie aber über bestimmte Risikofaktoren verfügen oder Medikamente nehmen, die eine Verminderung der Knochenmasse mit sich bringen können, kann eine Dexa-Messung hier darüber Aufklärung geben, wie hoch Ihre Knochendichte ist. Eine generelle Empfehlung sozusagen als Screening gibt es allerdings nicht.

MinniSt: Die Schmerzen hindern mich daran, mich so konsequent zu bewegen gegen die Osteoporose, wie es notwendig wäre. Schmerzmittel möchte ich so wenig, wie möglich nehmen. Es ist ein Teufelskreis. Wie komme ich da raus? Gibt es eine Lösung?

Dr. med. Knut Behle: In der Tat beschreiben Sie einen Teufelskreis, der sich so sehr ungünstig auf die Knochenmasse auswirkt. Eine mangelnde Bewegung in Verbindung mit einer nicht ausreichenden Ernährung begünstigt die Osteoporose. Um der Weiterentwicklung Einhalt zu gebieten, ist eine Bewegungstherapie sicherlich absolut sinnvoll. Und wenn Sie die Bewegungstherapie zunächst für die Übergangszeit nur mit Schmerzmitteln absolvieren können, so ist das sicherlich für einen gewissen Zeitraum tolerierbar. Sich nicht zu bewegen und keine Medikamente zu nehmen ist sicherlich kein vernünftiger Ansatz.

Zaraffa: Wieso hat meine Mutter (78) plötzlich „Knochenschwund“ ohne dass sie krank war? Was passiert da im Körper? Es ist kein Auslöser erkennbar, keine Veränderung im Lifestyle, alles so, wie immer.

Dr. med. Knut Behle: Sicherlich hat Ihre Mutter nicht plötzlich Knochenschwund bekommen. In der Regel steht die Diagnose Osteoporose am Ende eines langen Prozesses. Wann dieser Prozess begonnen hat und wie schnell er fortgeschritten ist, kann man naturgemäß aus der Ferne so nicht ermitteln. In jedem Falle ist es aber wichtig, Ihre Mutter sofort mit einer vernünftigen etablierten Therapie zu versorgen. Ich gehe davon aus, dass eine Dexa-Messung bereits erfolgt ist. Auf dem Boden dieses Ergebnisses und etwaiger Begleiterkrankungen oder der Einnahme anderer Medikamente kann dann eine sinnvolle Strategie vereinbart werden.

O_Ebeloe: Bin im Frühjahr 2017 gestürzt und habe mir einen Lendenwirbel angebrochen. Das nahm mein Orthopäde zum Anlass für eine QCT-Messung. Das Ergebnis war kurz über 4 von irgend einem score. Ein Jahr lang habe ich Bisphosphonat ( Alendron) genommen. Dann folgte ein Arztwechsel, wegen Praxisaufgabe. Ein erneuter Knochencheck mit einer anderen Messmethode ergb, dass ich keine Osteoporose hätte. Alles sei im grünen Bereich. Das möchte ich natürlich gern glauben, aber kann ich das?

Dr. med. Knut Behle: Sie sprechen ein ganz häufig auftretendes Phänomen an. Die QCT-Messung wird deshalb auch nicht als so genannter Gold-Standard empfohlen. Ich gehe davon aus, dass Sie mit der erneuten Knochencheckuntersuchung eine Dexa-Messung meinen. Das Ergebnis der Dexa-Messung ist im Prinzip die einzige sichere Basis für eine Therapieentscheidung. Auch die vergleichsweise große Diskrepanz der Ergebnisse ist aufgrund der technischen Unterschiedlichkeiten relativ häufig. Häufig wird trotzdem von Hausärzten oder bisweilen auch von Orthopäden eine QCT-Messung veranlasst. Häufig führen die deutlich schlechteren Ergebnisse dann zu einer großen Verunsicherung der Patienten. Ich gehe davon aus, dass diese Diskrepanz der Messungen auch bei Ihnen die Ursache für diese verwirrenden Informationen ist. Das Ergebnis der Dexa-Messung ist sicherlich die einzige sinnvolle Grundlage für eine Therapieentscheidung. Nach den Leitlinien werden deshalb auch die Ergebnisse der Dexa-Messungen für Therapieentscheidungen zugrunde gelegt.

CarinaW: Vor 18 Jahren wurde meine Schilddrüse komplett entfernt wegen kalter Knoten und ich substituiere. Die Dosis ist mit den Jahren immer niedriger geworden, weil mein Internist sehr genau darauf aufpasst, dass ich nicht durch eine zu hohe Medikation in Herzprobleme laufe. Ist die Höhe/Menge der Substitution entscheidend, ob die Knochen angegriffen werden, oder ist das ganz unabhängig davon?

Dr. med. Knut Behle: Vielen Dank für die sehr hilfreiche und schlaue Frage. In der Tat ist eine Erhöhung der Schilddrüsenhormone im Blut - z.B. durch eine Überfunktion der Schilddrüse - ein erheblicher Risikofaktor für das Entstehen einer Osteoporose. Die Tatsache, dass das Schilddrüsenhormon substitutiert wird, ist sicherlich ganz wichtig. Eine Überdosierung fällt häufig durch Herzrasen auf. Bei einer adäquaten Dosierung des Schilddrüsenhormons laufen Sie keine Gefahr, eine Osteoporose aus diesem Grund zu bekommen.

Gas: Das neue Feindbild ist ja wohl, dass Rauchen zu Osteoporose führt. Mein Vater raucht seit ich denken kann. Ich nicht. Was ist mit mitrauchen? Damit bin ich aufgewachsen, auch im Auto. Ich habe das als Kinde immer gehasst. Bin ich ab den Wechseljahren mehr gefährdet als normal?

Dr. med. Knut Behle: Sicherlich gibt es Erkrankungen oder Lebensgewohnheiten die mit einem noch höheren Risiko für das Entstehen einer Osteoporose verantwortlich gemacht werden können, als das Rauchen. In der Tat ist aber das Rauchen aus vielen anderen Gründen ungesund. Bei dem Rauchen ist wie beim Mitrauchen die Zeitspanne zwischen dem Aufhören des Rauchens/Mitrauchens bis zum heutigen Tage entscheidend. Sollten zwischen dem Ende des Rauchens bis heute mehr als 7 Jahre vergangen sein, wird eine ganz wesentliche Auswirkung hier nicht mehr zu verzeichnen sein. Hier spielen die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren sicherlich eine größere Rolle.

Tucka: Was ist eine sekundäre Osteoporose? Klingt es wenn es die Folge von was ist. Kriegt man das wieder weg?

Dr. med. Knut Behle: Wieder eine ganz ganz wichtige Frage. Es ist im Prinzip genauso, wie Sie es umrissen haben. Eine sekundäre Osteoporose liegt insbesondere dann vor, wenn bestimmte Erkrankungen z.B. für das Auftreten des Knochenmasseverlustes verantwortlich gemacht werden können. Hier sind insbesondere einige Bluterkrankungen sowie Hyperthyreose sowie eine Langzeit-Kortisoneinnahme entscheidend. Hier ist deswegen auch der Therapieansatz etwas anders. Hier sollte zunächst natürlich die ursächliche Erkrankung behandelt werden, die zur sekundären Osteoporose geführt hat.

Hanne: Bin 54 Jahre und habe seit 2005 keine Gebärmutter mehr. Nehme seit 12 Jahren Östrogene wegen der Osteoporosegefahr. Dafür steigt das Brustkrebsrisiko. Gibt es auch eine wirkungsvolle Vorsorge gegen Osteoporose, ohne meinen Körper damit zusätzlich groß zu belasten? Besten Dank.

Dr. med. Knut Behle: Der Verlust der Gebärmutter ist eigentlich kein wesentlicher Risikofaktor. Sollten allerdings die Eierstöcke mit entfernt worden sein, fehlen Ihnen wichtige Östrogene zum Knochenschutz. Die Hormonersatztherapie mit Östrogenen steigert in der Tat das Brustkrebsrisiko für die sogenannten hormonabhängig wachsenden Tumoren. Hier steht mit dem Raloxifen allerdings ein gut verträgliches Medikament zur Verfügung, das am Knochen wie ein Östrogen wirkt. Wegen der fehlenden echten Östrogenwirkung an der Brust ist allerdings das Brustkrebsrisiko nicht erhöht. Insofern gibt es für Ihre spezielle Situation eine durchaus gut verträgliche wirksame Lösung.

IngeBuhrmann: Woran liegt es, dass nicht alle Frauen nach den Wechseljahren Osteoporose bekommen? Was ist bei denen anders? An vermehrter Bewegung kann es kaum liegen. Ich kenne nur Frauen, die immer weniger Lust auf Aktionismus haben. Aber längst nicht alle haben Problem mit den Knochen.

Dr. med. Knut Behle: Eine wesentliche Bedeutung kommt der so genannten peak bone mass zu. Das bedeutet, dass die maximal erreichbare Knochenmasse um das ca. 30. bis 35. Lebensjahr besonders hoch sein sollte. Das hängt also im Wesentlichen von Faktoren ab, die bis Mitte 30 Bedeutung haben. Hier ist insbesondere zu nennen der frühzeitige Eintritt der ersten Regelblutung, das Stillen möglichst vieler Kinder und eine knochengesunde Ernährung. Ab ca. dem 40. Lebensjahr reduziert sich ganz langsam die Knochenmasse. Sollten Sie schon auf einem niedrigen Niveau sein wenn dieser Prozess beginnt, kommen Sie natürlich schneller in einen osteoporotischen Bereich. Im Verlauf der Wechseljahre sinkt die Knochendichte noch mal etwas schneller ab. Hier ist es dann zusätzlich entscheidend, ob Sie die letzte Regelblutung schon z.B. mit Mitte oder Ende 40 haben oder deutlich später. Solange die Östrogenproduktion noch etwas Östrogen zur Verfügung stellt, besteht auch noch etwas Knochenschutz.

Lea_Bernoski: Meine Tochter hatte als Jugendliche Magersucht über 7 Jahre. Sie ist immer sehr schlank geblieben BMI zwischen 20-21. Sie kommt sicherlich bald in die Wechseljahre und ich mache mir große Sorgen, dass sich diese Vorgeschichte und das geringe Gewicht nachteilig auf ihre Knochen ausgewirkt haben. Ihr Gynäkologe hat das schon mal angedeutet. Was muss sie zu Beginn der Wechseljahre unternehmen?

Dr. med. Knut Behle: Ein niedriger BMI von z.B. unter 20 ist ein wichtiger Risikofaktor für das Entstehen einer Osteoporose. Dies hängt auch mit dem mangelnden Fettgewebe zusammen, welches in der Lage ist, noch immer etwas Östrogen zu produzieren, welches für den Knochenschutz wichtig ist. Wenn der Eintritt in die Wechseljahre besonders frühzeitig erfolgt, kann sich das zusätzlich mit dem BMI auf den Knochenstoffwechsel auswirken. Bei Eintritt der Wechseljahre ist sicherlich eine Untersuchung des Knochenstoffwechsels durch eine Blutabnahme und eine Dexa-Messung sinnvoll, um rechtzeitig gegebenenfalls gegensteuern zu können.

Carlheinz: Je älter ich werde, desto mehr begreife ich, dass der menschliche Körper eigentlich ein Chemiewerk auf Beinen ist. Das Alter scheint ein empfindlicher Störfaktor für die Balance zu sein. Wenn die im Bereich des Knochenstoffwechsels gestört ist, bekommt man das dann überhaupt wieder hin? Ich (53J, männl.) sehe sportlich aus, kaum Übergewicht und bekomme die Diagnose fortgeschrittene Osteoporose. Recht angenehm ist, dass ich nur 2 Mal im Jahr eine Spritze bekommen soll, aber reicht das für jeweils 6 Monate? Habe mir den nächsten Termin in mein Outook eingetraen, damit es ja nicht vergesse. Warum nicht öfter?

Dr. med. Knut Behle: Hier ist besonders interessant zu ermitteln, warum Sie wohl offensichtlich ohne große Risikofaktoren im Alter von 53 als Mann bereits eine fortgeschrittene Osteoporose haben. Ich gehe davon aus, dass Sie eine Dexa-Messung haben machen lassen und keine QCT-Messung. Bei dieser Konstellation ist auf jeden Fall eine Laboruntersuchung sinnvoll, um eine so genannte sekundäre Osteoporose auszuschließen. Das von Ihnen angegebene Medikament ist in der Tat so wirksam, dass es nur alle 6 Monate verabreicht werden muss. Zusätzlich ist es von allen zur Verfügung stehenden Medikamenten mit am besten verträglich.

Claudine: Was für eine Aussagekraft hat ein Knochen Score? Was wird da gemessen, was sagt das dem Arzt? Mir erklärt da leider keiner was. Als Antwort bekomme ich zwei beschwichtigende Sätze wie: wir haben das jetzt alles im Griff u.ä. und ich stehe wieder vor der Tür.

Dr. med. Knut Behle: Grundsätzlich sollte man natürlich den Patienten mit genauen Informationen ausstatten, damit man mit einer vernünftigen Absprache seine Therapie einleiten kann. Es gibt unterschiedliche Einteilungen bei der Osteoporose, die zum Teil historisch gewachsen sind. Die wichtigste Grundlage für eine Therapieentscheidung ist sicherlich der so genannte T-Score, da sich alle Therapieentscheidungen- bzw. Empfehlungen darauf beziehen. Es gibt noch einige andere hilfreiche Tools wie z.B. den TBS. Dieser kann bei schwierigen Einzelentscheidungen mit in die Therapiefindung einmünden. In der Regel kommt man mit dem T-Score aber aus.



Ende der Sprechstunde.