Prostatakrebs fortgeschritten - Wie geht es weiter, wenn die Hormontherapie nicht mehr wirkt?

Urologisch-onkologischeSchwerpunktpraxis
Carsten Lange
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Schwerpunkte
 
•Systemische Tumortherapie aller fortgeschrittenen urologischen Tumore

•Spezielle Tumortherapie  

PROTOKOLL

Prostatakrebs fortgeschritten - Wie geht es weiter, wenn die Hormontherapie nicht mehr wirkt?

CARSTEN LANGE: Wir beginnen um 19 Uhr.

Micha: Der Erstbehandlung kommt eine entscheidende Rolle zu. Das haben wir erst jetzt begriffen. Mein Vater wurde als erstes von außen bestrahlt. Mit dem Wissen, das wir heute haben fragen wir uns, ob gleich zu Anfang eine radikale OP ihm nicht ganz viele andere Therapieschritte erspart hätte?

CARSTEN LANGE: Bezüglich der Entscheidung für eine Ersttherapie bei der Diagnosestellung eines Prostatakarzinoms kommt es auf verschiedene Faktoren an. Hier spielen das Alter des Patienten, der Gleason-Score (also die Eigenschaften des Tumors) eine wichtige Rolle. Die Standardtherapie ist nach wie vor die radikale Prostataentfernung. Alternativ besteht aber auch die Möglichkeit der Bestrahlung von Außen oder von Innen (Seeds-Behandlung  bei der radioaktive Metallstäbchen in die Prostata eingepflanzt werden). Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit, nur Abzuwarten und nicht zu behandeln, d. h. eine aktive Überwachung. Hierbei müssen aber ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. In einer großen Studie (Prefere) soll derzeit geprüft werden, welche Therapieentscheidung den besten Nutzen für den Patienten hat. Da ich die kompletten Umstände der Erkrankung Ihres Vaters nicht im Detail kenne, kann ich natürlich hier keine eindeutige Therapieempfehlung geben.

Atom: Ist eine antihormonelle Therapie eine Einzeltherapie oder handelt es sich um eine Kombinationstherapie?

CARSTEN LANGE: Wir müssen prinzipiell zwei Arten von Hormontherapie differenzieren. Bestehen Metastasen oder handelt es sich um ein lokal sehr weit fortgeschrittenes Prostatakarzinom, so wird in der Regel mit einem Drei-Monats-Depot-Präparat behandelt. Bisher war es so, dass bei einem Fortschreiten des Tumors unter dieser Therapie ein Antiandrogenmedikament hinzugefügt wird (maximale Androgenblockade). Heute ist der Einsatz von Bicalutamid nicht mehr generell zu empfehlen, da es bisher keine Daten gibt, die einen Überlebensvorteil gezeigt haben. Besteht ein weiteres Voranschreiten des Tumors und / oder der Metastasen, dann kommen verschiedene andere Substanzen zum Einsatz. Diese sind eine Chemotherapie bzw. eine sekundäre Hormontherapie. Die Substanzen zur Chemotherapie Docetaxel und bei Versagen dieser Therapie Cabazitaxel. Die sekundären Hormonmedikamente sind Zytiga bzw. Xtandi. Diese werden als Monotherapie gegeben, wobei bisher empfohlen wird, die Therapie mit der Drei-Monats-Spritze durchgehend fortzusetzen. Erwähnenswert wäre noch der Einsatz Xofigo. Das ist ein radioaktiver Alphastrahler, der in die Blutbahn injiziert wird, sich an die Knochenmetastasen haftet und diese dort zerstört.

Jockel: Die Hormontherapie wirkt ja nur für eine bestimmte Zeit. Wartet man dann, bis der Krebs zurück ist, oder erkennt man das schon vorher?

CARSTEN LANGE: Das ist völlig korrekt. Jede Therapieform des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms wirkt nur eine bestimmte Zeit, da Prostatakrebs ein sehr intelligenter Tumor ist, der sich an jede Therapieform anpassen kann und dann weiter wächst. Deshalb wird derzeit eifrig nach einer passenden Therapieabfolge gesucht, die den maximalen Nutzen für den Patienten bringt. Wann eine Therapie nicht mehr wirkungsvoll erscheint, lässt sich derzeit mit der Bildgebung (Computertomographie, Magnetresonanztherapie oder Positronenimmissionstherapie) bzw. den Tumormarker PSA (prostataspezifisches Antigen) oder indirekte Tumormarker, wie alkalische Phosphatase erkennen.

Hotte: Warum wird eine Operationstechnik mit Roboter intensiv gepriesen, wo doch die Langzeitergebnisse schlechter, als bei der „offenen“ sind! Schlechtere Erektionsfähigkeit und längere bis Dauerinkontinenz. Das ist keinesfalls überzeugend. Warum wird die Methode schöngeredet? Ich habe mich dagegen gewehrt so operiert zu werden. Das hat erst zu Verstimmung geführt. Dann wurde es akzeptiert.

CARSTEN LANGE: Die OP-Technik mit dem Roboter Da Vinci fand zuerst in Amerika eine extreme Verbreitung und wurde  dann auch in Europa und Asien sehr populär. Man erhoffte sich bessere OP-Ergebnisse und weniger Komplikationen. Nach dem heutigen Stand und Auswertungen der behandelten Patienten mit diesem Roboter kann festgestellt werden, dass die Ergebnisse zur herkömmlichen offenen Operation fast identisch sind. Die Lernkurve, d. h. wie viel Patienten ein Operateur behandeln muss, damit er perfekt operieren kann, ist bei dieser Methode extrem lang und dauert zwischen 300 und 500 Patienten. Die Methode ist natürlich auch viel teurer. In der heutigen marktwirtschaftlichen Situation können Prostatakarzinomzentren, die einen solchen Roboter anbieten, natürlich mit dieser modernen Therapie Werbung machen. Ob sich jemand mit dieser Methode operieren lassen möchte, oder lieber die offene Variante wählt, bleibt nach gründlicher Aufklärung des Patienten jedem selbst überlassen.

Schütze: Bin bisher ziemlich erfolgreich in einer Hormonentzugstherapie. Jetzt ist eingetreten, was mir mein Arzt schon vor Beginn gesagt hat, dass nämlich die Behandlung irgendwann nicht mehr wirkt. Angeblich sei das aber kein Problem, weil sich nahtlos eine andere Form der Behandlung anschließen würde. Ist das wirklich so einfach? Welche?

CARSTEN LANGE: Ich gehe davon aus, dass Sie mit Bicalutamid-Tabletten und der Drei-Monats-Spritze behandelt wurden. Bei einem Fortschreiten des Krebses kann man dann das Antiandrogen Bicalutamid wieder absetzen (Antiandrogenentzugssyndrom). Dies hat in einigen Fällen zur Folge, dass der PSA-Wert und der Tumor wieder kleiner wird, hält aber nicht lange an. In der heutigen modernen Therapie wird das Bicalutamid zur Kompletierung der Drei-Monats-Therapie nicht mehr so häufig angewendet. Und auch die Entzugstherapie mit Bicalutamid bringt nicht wirklich eine Verlängerung des Überlebens der Patienten.

Bei einem Fortschreiten des Prostatakrebses sollte dann eine andere Therapieform gewählt, in Abhängigkeit, ob es sich um einen lokal fortgeschrittenen Tumor handelt oder Metastasen bestehen. Wichtig ist auch, ob Symptome (Beschwerden) auftreten oder ein Patient gar keine Beschwerden hat. Bestehen keinerlei Beschwerden, kann mit Xtandi und Zytiga behandelt werden. Wenn man Zytiga einsetzt, dürfen allerdings keine Weichteilmetastasen bekannt sein, weil diese Substanz hier wenig wirkt. Handelt es sich um einen sehr schnell wachsenden Tumor unter Hormontherapie bzw. Weichteilmetastasen und / oder Beschwerden durch den Tumor, sollte der frühzeitige Einsatz der Chemotherapie erfolgen.

Engelmoor: Was sagt der Gleason Score über den Tumor aus?

CARSTEN LANGE: Der Gleason Score beschreibt die Aggressivität des Tumors. Der klinisch relevante Gleason Score beträgt fünf bis zehn. Fünf bedeutet sehr langsam wachsend und zehn bedeutet einen sehr aggressiven schnell wachsenden Tumor. Der Gleason Score setzt sich zusammen aus zwei Zahlen, die addiert werden. Diese Zahlen beschreibt der Pathologe in dem feingeweblichen Befund, in dem er die Aggressivität des Tumors unter dem Mikroskop beurteilt. Dafür gibt es entsprechende Kriterien. Der Gleason Score wird dann z. B. so beschrieben: 3 + 4 = 7 (als Beispiel)

Jan: Alles begann mit einem Harnstau und ich hatte sehr schnell die Diagnose Prostatakrebs. Metastasen wurden nicht festgestellt. Ich erhielt eine Harnleiterschiene. Der Krebst wurde operiert, Chemotherapie, dann Hormontherapie. Nach nur 8 Monaten hatte ich erhebliche Knochen-Schmerzen. Ein MRT steht an. Jetzt habe ich Angst, dass die Hormontherapie bereits versagt und ich vielleicht sogar schon Knochenmetastasen haben. Kann das sein? Gibt es verlässliche Studien dazu, wie lange eine Hormontherapie im Normalfall wirkt? Ich bin total aufgeregt und es fällt mir schwer, mich zu beruhigen.

CARSTEN LANGE: Um diese Frage komplex zu beantworten, fehlen sehr viel Daten. Ich gehe davon aus, dass Sie eine radikale Prostataoperation hatten. Besteht dann der Verdacht auf ein Fortschreiten des Tumors, würde zunächst die Bestrahlung durchgeführt werden, wenn keine Metastasen nachweisbar sind. Bei Versagen dieser Therapieoptionen steht dann erst die Hormontherapie an. Es sei denn, der Prostatakrebs war während der Operation schon so weit fortgeschritten, dass eine unmittelbare Hormontherapie nach der Operation erfolgt. Entscheidend ist auch, ob es zu einem deutlichen PSA-Anstieg gekommen ist. Interessant wäre auch, zu wissen, welche Art von Chemotherapie Sie erhielten. Es ist völlig richtig, dass bei Knochenschmerzen eine entsprechende Diagnostik eingeleitet wird. Sie sollten zunächst den Befund abwarten. Auch eine Knochenszintigraphie wäre hier hilfreich, um Knochenmetastasen auszuschließen. Erst das Ergebnis der Bilder bzw. auch die Kenntnis über die Blutwerte könnten verlässlich bestätigen, ob es sich um Fortschreiten des Tumors handelt. Derzeit gibt es nur vage Erkenntnisse, welche Therapie beim Scheitern der primären Hormontherapie die optimale Sequenz darstellt. Einige Parameter sind der Gleason Score, das Vorhandensein von Weichteilmetastasen, ausschließlich Knochenmetastasen?, der Allgemeinzustand des Patienten sowie die Begleiterkrankungen  des Patienten und die Dauer des Ansprechens auf die primäre Hormontherapie. Bekannt ist, dass die erste Therapieform, die man einsetzt meist auch die wirkungsvollste ist. Alle weiteren Therapieformen in der dritten oder vierten Serie sprechen deutlich schlechter an.

Bernd_Richter: Was bedeutet es, wenn die Prostata entfernt wurde und der PSA-Wert trotzdem oberhalb der Nachweisgrenze ist? Wie kommt das? In welchem Stadium bin ich dann?

CARSTEN LANGE: Nach der radikalen Entfernung der Prostata sollte der PSA-Wert unterhalb der Nachweisgrenze liegen. Ein extrem langsam steigender PSA-Wert könnte durchaus auch für das Vorliegen von versprengten gutartigen Prostatazellen im Rahmen der Operation sprechen. Kommt es allerdings zu einem schneller steigenden PSA, so besteht schon der Verdacht, dass Prostatakarzinomzellen weiter wachsen. Allermeistens handelt es sich um Karzinomzellen im Bereich der ehemaligen Prostata, aber es gibt auch Fernmetastasen, die zu einem PSA-Anstieg nach OP führen können. Bei dem Verdacht auf ein lokales Weiterwachsen des Krebses sollte dann ab einem Wert von 0,2 ng/ml die Bestrahlung von Außen eingeleitet werden. Diese effektive Therapie führt in den meisten Fällen zu einem deutlichen PSA-Abfall. Der Grund, warum der PSA-Wert nach Operation steigt, besteht in der Tatsache, dass entweder noch Tumorzellen im Operationsgebiet zurückbleiben bzw. winzige Mikrometastasen weiter wachsen und dann zu einem entsprechenden weiteren Tumorwachstum führen.

arbitor: Ich bin weit fortgeschritten in der Krankheit Prostata-CA und frage mich natürlich, wann es für mich keine anschließende Behandlung mehr gibt. Bei mir liegen zahlreiche Metastasen vor. Jetzt habe ich von dem Mittel Jevtana gehört, das soll für weit fortgeschrittene Fälle eine recht neue Möglichkeit sein. Was ist das?

CARSTEN LANGE: Ich gehe davon aus, dass Sie bereits eine Chemotherapie mit Docetaxel bekommen haben. Jevtana (Cabazitaxel) ist zugelassen für die Therapie nach dem Versagen der primären Docetaxel-Therapie. Zum Versagen dieser Erst-Linien-Chemotherapie kommt es, weil der Tumor sich an die Chemotsubstanz anpasst und entsprechende Eiweißmoleküle bildet, die die aktive Chemosubstanz aus der Zelle wieder heraustransportiert. Diese Transportproteine führen zur so genannten Docetaxel-Resistenz. Jevtana durchbricht diese Resistenz und kann dadurch effektiv nach Docetaxel wirken. Die bisher vorliegenden Analysen zeigen, dass die besten Ergebnisse nach Docetaxel-Versagen durch den Nachfolgeeinsatz von Cabazitaxel zu finden sind. Auch die unerwünschten Wirkungen unterscheiden sich von beiden Substanzen. Insgesamt wird auch die Nachfolge-Chemotherapie relativ gut vertragen.

keineangst: Wie ist das Sterben an Prostatakrebs? Sagt mir mein Arzt, jetzt gibt es nichts mehr? Was passiert dann mit mir, wie lange dauert es? Wann muß ich ins Hospiz?

CARSTEN LANGE: Das Sterben an Prostatakrebs unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen bösartigen Tumoren. Wir haben derzeit viele sehr gute Substanzen, die das Leben bei guter Lebensqualität deutlich verlängern. Natürlich steht irgendwann einmal der Zeitpunkt vor der Tür, wo es kein effektiv wirkendes Mittel mehr gibt und der Krebs weiter voranschreitet. Man kann mit guten Schmerzmitteln und mit dem Einsatz von Dexametason durchaus die Beschwerden deutlich lindern. Wie lange es dauert, bis dieser Zeitpunkt eintritt, ist bei jedem Patienten völlig unterschiedlich. Wichtig ist, wie das Ansprechen der einzelnen Therapieformen sich gestaltet und welche Art von Metastasen vorhanden sind. Wenn die Beschwerden so stark sind, dass eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreicht, muss ggf. eine stationäre Behandlung (Bluttransfusionen, Schmerzmitteloptimierung) unterstützend durchgeführt werden. Hier gilt es, den Patienten zu stablisieren und wieder nach Hause zu entlassen. Auch die Palliativstationen bzw. ambulanten Palliativdienste haben dieses Ziel. Wenn der Krebs irgendwann die Oberhand gewinnt und eine häusliche Pflege bzw. Sterbebegleitung nicht möglich ist, stehen Hospizeinrichtungen zur Verfügung, die die Patienten in würdevoller Form und mit voller Hingabe in ihren letzten Stunden begleiten können.

Stehlmann: Wann wird was eingesetzt: radikale Entfernung, Bestrahlung, Seeds, Beobachtung?

CARSTEN LANGE: Derzeit gibt es keine eindeutigen Daten, die den Vorteil einer Behandlungsmethode gegenüber den anderen zeigt. Deshalb unterstütze ich auch die Prefere-Studie, die genau das herausfinden soll. Hierbei werden die Patienten in eine der in Ihrer Frage genannten Behandlungsarme eingeschlossen und ausgewertet. Da es noch eine sehr junge Studie ist, liegen noch keine Ergebnisse vor. Die aktive Beobachtung kann nur durchgeführt werden bei einem Gleason Score bis sechs, nur geringem Anteil von Prostatakrebs in den Prostata-Stanzbiopsien und einem niedrigen PSA. Die radikale Entfernung der Prostata ist derzeit immer noch der Goldstandard der Behandlung. Die Vorteile sind eine exakte pathologische Begutachtung des Tumors nach OP sowie die Möglichkeit einer effektiven Strahlentherapie, falls es zu einem PSA-Anstieg kommt und das ist in 30 % der Fall. Die Bestrahlung hat Vorteile bei älteren Patienten, die ein hohes OP-Risiko haben. Auch hier kann es in 30 % zu einem weiteren Fortschreiten des Prostatakrebs kommen. Eine radikale Operation nach Bestrahlung ist mit einer hohen Komplikationsrate verbunden, da das OP-Gebiet stark vernarbt ist. Die Seeds-Behandlung sollte derzeit nur im Rahmen von Studien angewendet werden. Man unterscheidet permanente Seeds (radioaktive Metallstäbchen, die dauerhaft in der Prostata bleiben) und temporäre Seeds (hier werden die Stäbchen nur kurzzeitig in die Prostata positioniert und dann wieder entfernt, diese Stäbchen haben eine viel höhere Energie). Dabei wird die Prostata nicht von Außen, sondern von Innen bestrahlt und somit der Krebs bekämpft. Die Voraussetzungen sind entsprechend ausgesuchte Patienten mit kleiner Prostata und geringer Tumorlast in der Prostata.

A_Frech: Wie wirken Taxane? Killen die auch Krebszellen die bereits über die Blutbahn unterwegs sind im Körper?

CARSTEN LANGE: Docetaxel wirkt wie alle anderen Chemotherapeutika immer systemisch, d. h. überall im Körper. Die Zellteilung der Prostatakarzinomzelle wird gestoppt durch Eingriff in den Vermehrungsmechanismus der Prostatakarzinomzelle.

LL-Tiedtke: In den letzten 15 Jahren haben sich immer mehr Prostata-Spezialzentren etabliert. Ich weiß, dass es dafür Zertifizierungen gibt. Trotzdem stellt sich mir die Frage in wieweit die Qualität der einzelnen Zentren vergleichbar ist. Woran würde sich ein Vergleich bemessen?

CARSTEN LANGE: Zertifizierungen sind in letzter Zeit sehr populär geworden. So sind auch zahlreiche Prostatakarzinomzentren entstanden. Der Vorteil dieser Zentren ist der, dass diese Krankenhäuser spezielle Auflagen erfüllen müssen, um sich Prostatakarzinomzentrum nennen zu dürfen. Auch werden verschiedene andere Fachbereiche mit einbezogen (Strahlentherapeuten etc.), die dann in speziellen interdiszplinären Tumor-Boards eine allumfassende Beurteilung und Therapieempfehlung für Prostatakrebspatienten geben können. Das sichert eine hohe Behandlungsqualität. Auch verfügen diese Zentren über eine hohe OP-Zahl. Das bedeutet eine große Erfahrung der Operateure. Man sollte sich von seinem Urologen beraten lassen, welche wohnortnahen Kliniken Behandlungen durchführen. Auch als Patient kann man sich in einem Prostatakarzinomzentrum eine Zweitmeinung einholen. Des Weiteren kann man natürlich auch im Internet die Präsenz der Zentren studieren.

D.Zelinsky: Wie kann es sein, dass ich nach einer kompletten Prostata-Entfernung immer noch einen PSA-Wert von 2,9 habe? Verstehe das rein physiologisch nicht. Außerdem macht mich das nervös. Dieser Wert ist ja ein Indikator meiner Krankheit, oder?

CARSTEN LANGE: Nach einer Prostataoperation sollte der PSA-Wert unterhalb der Nachweisgrenze liegen. Tut er das nicht, gibt es verschiedene Gründe. Wie ich schon einmal dargestellt habe, könnte ein ganz langsam steigender PSA durch versprengte gutartige Prostatazellen zu erklären sein. Auch ein PSA-Wert von 2,9, der sich aber kaum verändert, spricht möglicherweise  dafür, dass Teile der Prostata operativ nicht entfernt wurden (Samenblasen?). Ich selbst habe einen Patienten, bei dem nach einer radikalen Prostataentfernung eine gutartige wallnussgroße Prostata nachgewachsen ist. Diese zweite Prostata habe ich punktiert und es hat sich bestätigt, dass es eine gutartige Prostata ist. Auch so etwas gibt es. In Ihrem Fall sollte eine Bildgebung eingeleitet werden, um zu schauen, ob irgendwo der PSA produzierende Primärherd zu finden ist. Bei einem so hohen PSA-Wert von 2,9 wie bei Ihnen unmittelbar nach der Operation, gehe ich aber davon aus, dass die Prostata nicht vollständig entfernt wurde, es sei denn, es handelte sich um einen rasch steigenden PSA-Wert, was dann wieder für ein Krebswachstum spricht.

CARSTEN LANGE: Ich bedanke mich bei allen Teilnehmern dieser Sprechstunde für die rege Teilnahme sowie die vielen interessanten Fragen. Ihnen allen wünsche ich nun einen angenehmen Abend und verabschiede mich von Ihnen.



Ende der Sprechstunde.